Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. Juli 2014, 17:41 
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@anniebae

Zitat:
Lisa, Du bist ne intelligente Frau. Dir ist klar, dass Du Freisein von Selbstbetrug per definitionem nicht selbst diagnostizieren kannst?

"… denn wenn nicht, ... – was denk‘ ich dann wohl über deine Intelligenz, Lisa?"
Lass das rhetorische Manipulieren.
Gewisse Saufnix-Diven* müssen in dieselbe Schule gegangen sein. Begründen Sie, sagt der Mathelehrer. Bringschuld.
Wiki hat geschrieben:
Der Begriff Bestätigungsfehler (confirmation bias) bezeichnet in der Kognitionspsychologie die Neigung, Informationen so auszuwählen, zu suchen und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen. Unbewusst ausgeblendet werden dabei Informationen, die eigene Erwartungen widerlegen (disconfirming evidence). Die betreffende Person unterliegt dann einer Selbsttäuschung oder einem Selbstbetrug.

Etwas pointiert lautet die Prämisse, für die du selbst selektiv Infos interpretierst, damit sie nicht in Frage gestellt wird:
Alkoholkonsum bedeutet für den Alki Rückfall und dieser beinhaltet stets überdauernden, für das Individuum unaufdeckbaren Selbstbetrug.

Ich persönlich finde das Quatsch, mit Verlaub. Denn was du weglässt und der Überprüfung entziehst, ist die Frage, die a priori mit JA oder NEIN beantworten werden sollte: Ist überhaupt Selbstbetrug im Spiel?

Du stellst die Frage nicht. Er ist es, sagst du: (Selbst-)betrug ist Teil der Krankheit. Ferndiagnose. Das kann der Alkoholiker allerhöchstens durch Abstinenz sicherstellen. In Bezug auf seine persönliche Lernfähigkeit muss der Alki ein lernbehinderter Sonderfall bleiben, um die Selbstbetrug- & Kontrollverlust-Theorie bei Konsum zu bestätigen.

:D Ich kann Rückfall ganz wunderbar gänzlich frei von Selbstbetrug. Was danach geschieht, ist eine andere Geschichte. Dass es einem nicht-abhängigen Hirn schwer zugänglich ist, dass ich drohende Konsequenzen riskiere, mag als mildernder Umstand geltend gemacht werden, rechtfertigt aber nicht das fortgesetzte Aufdrängen der Interpretation Selbstbetrug! oder Nasses Denken!*

Was spricht eigentlich dagegen, konkret zu fragen: "Was sagt deine Erfahrung, Lisa: Unterlagst du einem Selbstbetrug, als du dir das letzte Mal Bier für deinen dämlichen Test kauftest?"

Ich fürchte, diese Leseart: Betrug ist auch Teil der Krankheit. Der Klient kann leider nur sehr schwer vertrauenswürdig werden - sie wissen ja, der Selbstbetrug...

lg
Lisa

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Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert. Paul Watzlawick

Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird. Heinz von Foerster


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. Juli 2014, 18:25 
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Gründer †
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Selbstbetrug oder nicht? Was ist besser? Sich selbst zu betrügen oder
sich von anderen betrügen lassen?


Es gibt ein entlarvendes Kapitel im Buch des verstorbenen Olivier Ameisen zu diesem
leidigen Thema. Im Buch ab Seite 60. Man sollte es eigentlich öfter und immer wieder mal
lesen. Viele zeitraubende Diskussionen wären obsolet, wenn dieses Buch von den Diskutanten
vorab gelesen worden wäre. Hast Du es gelesen Annie?

Olivier Ameisen hat geschrieben:
Ich war gerade eine Woche zum zweiten Mal in Clear Spring, als eines Morgens ein Arzt
zu mir kam. Sehr ernst sagte er: »Sie müssen diesmal länger hierbleiben. Ihr erster Aufenthalt
war zu kurz, deshalb hatten Sie einen Rückfall. Damit Sie gesund werden, müssen Sie min-
destens zwei Monate bleiben.«

»Das erscheint mir sehr lang.«

»Bezogen auf Ihr ganzes Leben, wenn man davon ausgeht, dass Sie eine normale
Lebenserwartung haben, ist es wenig. Und ich empfehle das nur, weil Sie extrem schwer
abhängig sind und es für Sie lebenswichtig ist, dass die Abhängigkeit mit aller erforderlichen
Sorgfalt behandelt wird. Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass es bei Ihnen um
Leben oder Tod geht.«

»Wie meinen Sie das? Werde ich sterben, wenn ich nicht mindestens zwei Monate bleibe?«

Er schaute mich tief besorgt an und sagte: »Denken Sie daran, in was für einem Zustand Sie
waren, als Sie vor ein paar Tagen hier ankamen. « Und mit einem ermutigenden Lächeln fuhr
er fort: »Ich werde Sie nicht länger bedrängen. Machen Sie mit dem heutigen Tagesprogramm
weiter, und morgen reden wir noch einmal darüber.«

Später am Morgen zogen Wolken auf und Dauerregen setzte ein.
Zu Mittag kam der Arzt noch einmal zu mir.

»Es gibt da ein Problem«, sagte er.

»Was für ein Problem?«

»Ihre Versicherung bezahlt den Aufenthalt hier nicht mehr. «

»Warum denn das? Das letzte Mal haben sie doch auch bezahlt.«

»Wir haben es mehrfach überprüft. Sie haben die Höchstsumme ausgeschöpft,
die die Versicherung für die Behandlung einer Sucht bezahlt. Wären Sie bereit,
die Behandlungskosten selbst zu tragen?«

»Um welche Summe geht es?«

Er druckste ein bisschen herum, schaute sich um, ob andere Patienten in Hörweite waren,
und sagte dann beinahe flüsternd: »Ihre gegenwärtige Form der Unterbringung und Behandlung kostet knapp über 500 Dollar am Tag.«

Der Betrag schockierte mich. »Ich weiß nicht, ob ich mir das leisten kann.«
Ich fragte mich, wie viel wohl die Promis und die Reichen in den Privatbungalows bezahlten.

»Dann müssen Sie gehen.«

»Wann?«

»Sofort, heute noch. Die Versicherung bezahlt nur bis heute Morgen.«

»Aber ist das zu verantworten?
Sie sagten, bei meiner Behandlung gehe es um Leben oder Tod.«

»Nein, nein, so habe ich das nicht ausgedrückt. Sie dürfen nicht dramatisieren.
Bei diesen Dingen gibt es nicht nur schwarz und weiß.«

»Aber Sie sagten, wenn ich nicht bliebe, hätte das sehr schlimme Folgen für mich.«

»Nun wollen wir nicht übertreiben.«

»Und wie soll ich nach New York zurückkommen?
Ich weiß nicht, ob ich jemanden erreichen kann, der mich hier abholt.«

»Ganz in der Nähe ist ein Bahnhof.
Sie können zu Fuß hingehen und mit dem Zug in die Stadt fahren.«

Ich zitterte vor Angst, deutete aus dem Fenster und sagte:
»Bei dem Wolkenbruch? Kann ich nicht heute noch bleiben und alles für eine
Abreise morgen regeln? Eine Nacht kann ich selbst bezahlen.«

Der Arzt stand auf, strich seinen weißen Kittel glatt und sagte:
»Das hier ist eine Klinik, kein Hotel. Ich bin sicher, Sie schaffen das.«

Dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.



LG Federico

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„Es gibt keine Alternative zum Optimismus,
Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. Juli 2014, 20:18 
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So isses!!!

Herzlicher Gruss
jivaro

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"In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst."
Marcus Aurelius


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. Juli 2014, 21:32 
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Beiträge: 417
Wohnort: Münsterland/Tecklenburger Land
geehrte Annie !

leider werde ich das Gefühl nicht los, das Deine Arbeit - on the Road - mitunter auch in eine Art - Selbstbetrug - hineinschliddert ... :-??

Du schreibst :
Zitat:
Ich brauche keinen beschissenen Paradigmenwandel, ich brauch Baclofen für meine Sorgenkinder.

Zitat:
Damit meine Kundschaft Baclofen nehmen kann, muss sie es erstmal kriegen!
Und wenn sie dann in drei Jahren, wenn der FC mal wieder aufgestiegen ist, einen Abend feiern gehn, ich habs nicht gesehen
Aber kriegen müssen sie es erstmal!!!!!!


jetzt mal ernsthaft : will deine Kundschaft / Sorgenkinder / Vladi .... wollen die eigentlich " Deine" Baclofen - Therapie ??? :-?

leider ist das, worauf Federico und insbesondere auch Jivaro hingewiesen haben, ein wenig untergegangen ... - nämlich :

Jivaro hat geschrieben :
Für mich bleibt der Weg aus der Alkoholerkrankung individuell, Zwangsbeglückung -auch mit Baclofen- halte ich für kontraproduktiv. Den Erfolg der konservativen Therapie sehe ich jeden Tag; Atempause für Leber und Hirn sag ich mir dann, aber mehr is nich....

Aus der Alkoholnachsorge des internationalen Bundes weiss ich wie schwer es ist, wenn Menschen trocken werden mit Baclofen, aber dann ihr soziales Umfeld verlieren: Uwe zB fand trocken-sein richtig klasse, auch mit der Beziehung lief alles richtig, richtig gut. Am "Büdchen" lachten die anderen ihn aus, Uwe war komplett allein, an Kaffee konnte er sich nicht gewöhnen, nach einer Stunde fand er das Gelaber der Trinkenden unaushaltbar.


meine Uwe´s und Vladi´s :
... - bedingt durch meine Drehtür - Karriere habe ich unzählig viele kennengelernt, die mal eine kleine "Pause" brauchten .... - Physisch ...
... - denen brauchst du nicht mit, - etwa sowas kommen : wie wäre es, : willst Du dein Leben nicht mal überdenken , - mal einen anderen Lebenswandel probieren ? geschweige denn : hast Du überlegt : was Du machst , - ist Selbstbetrug ... :-

die schauen confused und antworten : ich kriege das schon wieder hin ...

Ich möchte mich hier wiederholen und nur direkt auf diese Frage mal eine Antwort :
Zitat:
jetzt mal ernsthaft : will deine Kundschaft / Sorgenkinder / Vladi .... wollen die eigentlich " Deine" Baclofen - Therapie ??? :-?


lieben Gruß, Ralf.


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Freitag 18. Juli 2014, 09:08 
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Geschätzte anniebae,

Auch hier wollte ich mich nicht in eine never ending Story einklinken..

Wir hatten schon mal Kontakt..

Jetzt unplugged meine Meinung..

NICHTSÜCHTIGE.. betrachten alles auf der Methaebene.. Sie haben keine Ahnung, was, warum. und wieso (klar – keine Erfahrung)

Auch wenn Du es gut meinst.. mea culpa.. du kannst Dich nicht in Lage der Betroffenen versetzen. PUNKT

Dein Engagement in allen Ehren.. ABER!! Rede nicht über Dinge, von denen Du keine Ahnung hast..

Baclofen wird nicht dadurch ein Erfolg, weil alle den Grundsatz der Abstinenz unterschreiben – das wäre zu einfach..

Trotzdem wünsche ich Dir viel Erfolg bei Deiner täglichen Arbeit – ich könnte es nicht…

Liebe Grüße Volker

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„Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.“
George Bernard Shaw


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Freitag 18. Juli 2014, 09:38 
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Hallo anniebae!

Danke, dass Du auf meine Anfrage eingegangen bist, beantwortet hast Du sie aber nicht wirklich.
Nordlicht hat geschrieben:
Da Du die Abstinenz hier so vehement auch in Verbindung mit Baclofen einforderst, bitte sei so freundlich und gib mir doch mal eine Reaktion auf diesen hier schon öfter eingestellten Satz: "Nimm meine saubere Therapie oder krepier!"

anniebae hat geschrieben:
Das geht in keinster Weise darum, was ich denke oder nicht denke. Das geht darum, dass politische Entscheidungen getroffen werden müssen, und die trifft man nach den gegebenheiten, und nicht nach den Bauplänen von irgendeinem Wolkenkuckucksheim
Doch, mich hätte Deine persönliche Meinung schon interessiert. Wie ist es denn, Annie, mal ganz ehrlich, wenn jemand nicht auf die Standardtherapie anspricht und mehr und mehr untergeht? Fragst Du dich da nicht auch, ob es vielleicht auch grundsätzlich andere Wege gegeben hätte? Gibt?

Ich finde, dass aus Deinen Postings einige Überheblichkeit gegenüber (per se allen) Alkoholikern/Suchtkranken spricht, das gefällt mir nicht, sag ich ganz offen. Es wundert mich nicht, dass Du auf der Suche nach wirksamer Hilfe nun bei Baclofen gelandet bist. Auch Du greifst vermutlich nach jedem Strohhalm, weil die "Erfolgsquoten" der klassischen Suchttherapie kaum noch mit dem eigenen Gewissen vertretbar sein können.

Tatsächlich fällt es nicht schwer, Deine eingeschränkte Sichtweise nachzuvollziehen. Sie ist stringent, wenn man nicht bemerkt, dass sie auf falschen Prämissen beruht, erscheint sie logisch. Und auf jeden Stammtisch wirste mit Sicherheit mehr Zustimmung erhaschen als die, die versuchen das Thema differenzierter zu betrachten. Nur so einfach ist das alles nicht…:
anniebae hat geschrieben:
Prima, dann sind wir uns ja einig. Aus Sicht von 99% der Ärzte, Psychologen und Therpeuten hat jeder Abhängige hinreichend oft unter Beweis gestellt, dass kontrollierter Konsum bei ihm nicht klappt.
Mit oder ohne Baclofen? Und wenn mit Baclofen, dann mit oder ohne entsprechende therapeutische bzw. ärztliche Begleitung?

Nochmal: kontrollierter Konsum mit oder ohne Baclofen? Bitte – das ist ganz wichtig – hier differenzieren, sonst kommen wir nicht wirklich weiter.
anniebae hat geschrieben:
Und ich negiere überhaupt nichts. Mir ist schon klar, dass 2 Millionen Abhängiger auch 2 Millionen Individuen sind.
Mit grundsätzlich unterschiedlichen Charakteren, Bildungsniveaus, gesundheitlichen Einschränkungen, Sozialisationen, etc. Du bist dabei in einem ziemlich klar definierten Bereich unterwegs, der wohl nicht den Großteil aller Alkoholabhängigen darstellt. Daher andere Meinungen von BETROFFENEN bitte erstmal respektieren, analysieren und Dir dann ein Urteil bilden. Geht aber nur, wenn Du an einem Dialog interessiert bist und dann auch auf Fragen oder Argumente eingehst. Tust Du ja, das finde ich gut!

anniebae hat geschrieben:
Selbst Lundbeck hat mit all dem ganzen Zirkus, der Vorankündigungen, der Schmierereien Deiner Berufskollegen und dem ganzen Apparat zuwege gebracht, dass der Mist für drei Monate von Fachärzten verschrieben werden darf, solange der Patient auf einen Therapieplatz im Trockendock wartet. Geile Leistung, oder?
Nun, evtl. lag es daran, dass Selincro schlicht nicht das halten konnte, was es mit großen Tamtam versprochen hat? Unter diesen Umständen ist es sogar besser, dass der GBA entschieden hat, wie er hat.
anniebae hat geschrieben:
Ich brauche keinen beschissenen Paradigmenwandel, ich brauch Baclofen für meine Sorgenkinder.
Und viele andere wollen und brauchen einen Paradigmenwandel und benötigen Baclofen ebenfalls, aber unter anderen Voraussetzungen.
anniebae hat geschrieben:
Dieser Thread besteht nach meinem Auftritt auch schon wieder aus Verteidigungsreden des Alkoholkonsums.
Nein, es geht nicht um Verteidigungsreden des Alkoholkonsums, es geht um einen vernünftigen, langfristigen Umgang mit einem sehr komplexen Thema, dem man bisher mit der jahrzehntelang erprobten Abstinenzausrichtung nicht wirklich beigekommen ist.
anniebae hat geschrieben:
Es gibt eine persönliche und eine politische Dimension bei Fragen wie die nach der Verfügbarkeit von Baclofen.
Persönlich ist "Was mache ICH mit Baclofen?"
Politisch ist "Was kann ich tun, damit möglichst viele Menschen möglichst schnell Baclofen ausprobieren dürfen?"
Die Trennung zwischen persönlich und politisch greift nicht wirklich. Mich z.B. hat die bisherige politische Entscheidung pro Abstinenzzwang persönlich getroffen – und hat nicht nachhaltig positiv was bewirkt. Jetzt klappt es auf einmal. Wahrscheinlich hätte es bei mir schon vor drei Jahren klappen können, wenn ich nicht selbst das Haar in der Suppe gesucht hätte und mir vor allem von klassischer Suchttherapie-Seite aus dazu geraten wurde, das Experiment Baclofen einzustellen und lieber auf eine richtige Therapie zu setzen.

Und ich bin da ja wohl nicht der Einzige.

Du hast weiter oben geschrieben, dass man...
anniebae hat geschrieben:
Im Gegensatz zu Krankheiten wie Krebs kann der Alkoholabhängige den Verlauf seiner Krankheit sehr wohl willentlich beeinflussen. Es ist asozial und wird auch so wahrgenommen, damit zu experimentieren.
Und daher fordere ich den Willen zur Abstinenz ein, von jedem stofflich Abhängigen. Im Sinn einer Verantwortungsübernahme aber auch im Sinn der Solidargemeinschaft. "
...Sucht willentlich beeinflussen kann.

Es ist gerade so, dass man in weiten Phasen der Sucht, die Sucht eben nicht willentlich beeinflussen kann. Immer wieder mal, ja das geht. Man kann vieles versuchen, kann auch lange davon überzeugt sein, dass man es diesmal schafft, aber dann irgendwann greift der Wille nicht mehr und das, liebe Annie, liegt dann weniger an mangelnder Bereitschaft oder Willenskraft, sondern an der Biochemie unseres Gehirns, das bei langjähriger Sucht entsprechende Veränderungen --> hin zum Konsum aufweist.

Dagegen gibt es jetzt ein Medikament: Baclofen – das bei ca. 75% aller Patienten helfen kann (im Idealfall – und das sage ich Dir als jemand, der Baclofen unter ärztlicher Begleitung nimmt) mit einer dazugehörigen Therapie/Begleitung.
Zitat:
Baclofen - endlich zufrieden abstinent!

Fällt Euch bei dem Slogan ein Zacken aus der Krone?
Tut das weh?
Nein, anniebae, das tut nicht weh. Ich lebe zur Zeit Abstinent vom Alkohol. Ich brauche nichts, habe kein Verlangen, hin und wieder mal Gedanken, die sich handhaben lassen. Sehr erleichtert auch, das Schreckgespenst der lebenslangen Abstinenz hinter mir gelassen zu haben.

Aber dass ein Vorfall nicht gleich „das Ende“ bedeutet, dass es nicht großherzig „als zum Krankheitsbild dazuhörig“ deklariert wird, dass ich mich nicht groß rechtfertigen muss, sondern selbst entscheide, wie ich es sehe, dass ich keine Angst vor einem Abbruch der Therapie haben muss und dann völlig alleine da stehe oder der Gnade meiner Therapeuten ausgeliefert bin...:

Das bedeutet mir sehr viel. Ich kann noch nicht mal alles in Worte fassen, was sich verändert hat, aber das muss ich auch nicht. Mir geht es um Suchtfreiheit! Nicht um ein aufgezwängtes Abstinenzgelübde um jeden Preis. Die Alkoholtherapien, die hier in Deutschland stattfinden, sind zum großen Teil langfristig einfach wirkungslos. Beziehe das bitte mal in deine Solidargemeinschaftsidee mit ein.

Die Frage ging zwar an Lisa und wurde auch schon sehr präzise von ihr beantwortet, aber ich bin mal so frei:
anniebae hat geschrieben:
Würdest du dich der Bedingung, alle sechs Monate einen einfachen labortest zu machen als Vorasussetzung für die Therapieverlängerung mit Baclofen verweigern?
Warum?
Nein! Weil ich mich mit aller Kraft gegen die monopolistische Therapiediktatur wehre, die ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten darstellt, die den Alkoholiker entmüdigt und demütigt und ihm – ohne auf seine persönliche Geschichte und seine Persönlichkeitsstruktur einzugehen – ein nicht funktionierendes Konzept überstülpt, das mitunter sehr viel mehr Schaden anrichtet, als nachhaltig zu helfen.

Selbstherrliche und/oder unfähige Therapeuten und Ärzte tun ihr übriges dazu (leider selbst oft genug mitbekommen).

Es geht uns doch um nachhaltige Hilfe und nicht um Ruhigstellung, oder?

Danke für Deinen Einblick in Deine Arbeit, ich möchte weiß gott nicht mit Dir tauschen und verstehe Dein Anliegen durchaus. Aber Du vertrittst, wie weiter oben schon ausgeführt nur einen Bruchteil der Suchtkranken, und selbst da, oder gerade da, sehe ich ein Festhalten am Abstinenzzwang als äusserst heikel an. Meine Meinung.

Dir aber dennoch einen großen Respekt für Dein Engagement bezüglich Baclofen, auch wenn wir in den wichtigen Fragen unterschiedlicher Meinung sind.

LG Nordlicht

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Was ist eigentlich alt? Was ist jung? Jung, wo die Zukunft vorwaltet. Alt, wo die Vergangenheit die Übermacht hat. (Novalis , dt. Dichter)


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Freitag 18. Juli 2014, 11:01 
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Nordlicht hat geschrieben:
ein nicht funktionierendes Konzept überstülpt,
das mitunter sehr viel mehr Schaden anrichtet,
als nachhaltig zu helfen.

Meine letzte Entwöhnungstherapie vor gefühlten 100 Jahren endete nach 6 Wochen
mit den Abschiedsworten meines Beziehungsthereapeuten, der mit mir während des
gesamten Aufenthalts kein einziges Wort gesprochen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt
wusste ich nichtmal, dass er mein Beziehungstherapeut war.

Zitat:
Herr Federico sagte er: „Sie sind viel kränker als Sie denken.“

Zuvor wollte er mich zu einer dringend notwendigen Verlängerung um weitere
4 Wochen überreden. Verständlich, ich war damals der einzige Privatpatient.
2 Stunden später erholte ich mich von diesem Schock am Bahnhofskiosk. :-
Anschließend betätigte ich 13mal in Folge (innert 2 Jahren) die Drehtür der
örtlichen Entgiftungsstation, zweimal ging ich nur horizontal durch.

No further word.

LG Federico

Nachtrag: Bayerns größte „Suchtklinik“ musste im Januar 2014 schließen.
Das Zusatzangebot an „Spielsüchtige“ brachte den gewünschten finanziellen
Erfolg anscheinend auch nicht. Und nur um den geht es schließlich, der Rest
sind Hochglanz-Prospektwahrheiten.

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Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Freitag 18. Juli 2014, 22:46 
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Beiträge: 70
Wohnort: Norddeutschland
@Volker,
danke für das was Du geschrieben, denn ich sehe das genau so!
Bin ja auch ein "langjähriger" Baclofen User und habe Deine Posts
über Jahre verfolgt und auch Deinen "Blog" (wenn das so richtig ist)
gelesen!
Du hast die Empathie, die vielen Menschen fehlt!
Respekt.

@anniebaie
Du bist sicher nicht die richtige Person, die Baclofen in den Arztpraxen bringt!
Es gibt hier genügend gute Antworten dazu, lass es lieber!
Grüße

BD


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Samstag 19. Juli 2014, 11:41 
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Beiträge: 381
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Buck - Danke ..

LG V.

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George Bernard Shaw


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 Betreff des Beitrags: Re: 2014 15. Interdisziplinärer Kongress für Suchtmedizin
BeitragVerfasst: Mittwoch 23. Juli 2014, 02:00 
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Beiträge: 417
Wohnort: Münsterland/Tecklenburger Land
um hier noch mal auf die " interdisziplinäre " Zusammenkunft der " Suchtforscher -Zunft " zurückzukommen :

und zunächst auch noch, -> Danke @ Nordlicht :

Zitat:
Es geht uns doch um nachhaltige Hilfe und nicht um Ruhigstellung, oder?


und auch @ Lisa hat es auf den Punkt gebracht :
Zitat:
Das endgültige Begraben der Abstinenzforderung macht Platz für ungleich wichtigere Aspekte für das Individuum. Die anzustrebende Handlungsfreiheit in dieser Entscheidung vollständig zu unterbinden, macht das Vertrauen in die therapeutische Beziehung in klassischen Suchttherapien gleich zu Beginn zunichte. Es ist der Patient, der das Ziel der Therapie bestimmt. Wenn nicht, sprechen wir von Paternalismus, nicht von Therapie. Manchen hilft auch das. Angebracht ist es bei urteilsfähigen Erwachsenen nicht.


Als Federico von seinen Erfahrungen, sowie der Schließung der großen bayrischen Klinik im Jan. 2014 berichtete, ....- juckt es mir seit Tagen in den Fingern ...
http://www.hellweg-klinik-oerlinghausen.de/

.... Das war meine Klinik im Jahr 1999 / 2000 ...

verschiedene Umstrukturierungen , Anpassen an eine gewisse Rentabilität , - eben auch durch Zusatzangebote, die der " Markt " erwartet ... - hat alles nix gebracht ...;
durch Führungswechsel ( neue ärztl. Direktorin ) wurde das Haus " voll gegen die Wand gefahren ..."


ein Punkt , - hat der Klinik, bzw. dem "alten", Dr. Redecker, einen guten Ruf eingebracht :

In seinem Behandlungs - Konzept wurde ein Rückfall akzeptiert und aufgearbeitet !!!
... Der hat da schon etwas gewagt ...
.... ---> zumal ja in den `90 ´-gern bei so etwas der Vers.-Träger gesagt hat : Nicht Therapie - fähig !!! - Punkt und Ende !


bleibt mir nur, mich dem Wunsch von @ Jivaro , anzuschließen :
Zitat:
Das Elend das durch Alkohol ensteht werden wir auch durch das Abstinenzziel nicht lösen: wir brauchen mehr Öffentlichkeit, mehr engagierte Ärzte und Therapeuten die die Therapie mit Baclofen beherrschen, mehr engagierte Psychiater für die vielen Komorbiditäten, mehr Patienten, die sich einsetzen...die eine Behandlung einfordern.


liebe Grüße, Ralf.


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