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Daniel Schreiber, Nüchtern

Montag 11. August 2014, 00:08

Gerade gelesen auf Zeit online, ein Auszug aus dem in Kürze erscheinenden Buch,
Nüchtern - Über das Trinken und das Glück
http://www.zeit.de/kultur/literatur/201 ... -nuechtern
scheint lesenswert zu sein, interessant und intelligent mit erschreckend unwissenden und unintelligenten Leserkommentaren.

Grüße am späten Sonntagabend,
Betty

Re: Daniel Schreiber, Nüchtern

Montag 11. August 2014, 09:47

Hallo Bettyblue,

Danke für den Link! Liest sich gut. (Bis auf einige Kommentare, hast recht...)
Ich kann nicht mehr genau sagen, wie in mir damals der Entschluss heranreifte, nichts mehr zu trinken. Ich weiß nur, dass irgendwann die Frage, der Haupttenor des inneren Monologs in meinem Kopf plötzlich nicht mehr "Warum ich?" hieß, sondern "Warum eigentlich nicht ich?". Warum sollte ich nicht eine Krankheit haben, wie sie so viele Menschen haben, überall, und wie sie auch einige meiner Freunde hatten? Und warum sollte ich nicht versuchen, einen Weg zu finden, damit nicht bloß alt zu werden, nicht bloß zu überleben, sondern wirklich zu leben?
Bin ich also nicht der Einzige. Bei mir war die Umkehrung der Frage von "Warum ich" zu "Warum ich eigentlich nicht?" auch einer der großen Wendepunkte im letzten halben Jahr. Warum?

Man könnte sagen, diese neue Fragestellung hat mir große Teile meines Selbstbewusstseins zurückgebracht. Kein weinerliches "Warum ich?" mehr, sondern ein selbstbewusstes "Ist doch klar und verständlich, dass es so kommen musste..."

Diese neue Fragestellung (diese "Aufforderung" sich dem Thema nochmal aus einer leicht anderen Blickrichtung zu widmen) hat mir praktisch einen Verteidiger an die Seite gestellt, der mir klar gemacht hat, dass es schon nachvollziehbar ist, dass alles so kommen musste und zum Schluss so sehr eskalieren konnte. Für mich war das außerordentlich wichtig. Denn erst dadurch habe ich den Sinn in meinem Trinken erkannt - und ich konnte mich ziemlich von meiner eigenen gefühlten Schuld daran befreien. Und das ging ziemlich schnell und ging Hand in Hand mit dem hier:
Solche Momente der Klarheit sind kostbar. Die Wahl zwischen dem Trinken und dem Nichttrinken gibt es immer. Nur hat man sie als Abhängiger meistens nicht. Dafür laufen zu viele Prozesse in unserem Unbewussten ab, zu viele Entscheidungen haben wir schon lange getroffen, bevor wir auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht haben. Doch jeder Abhängige, jeder Trinker kennt sie, diese Momente der Klarheit. Jene Momente, in denen ein Lichtstrahl durch die dicke Schicht des Selbstbetrugs bricht, jene erschreckenden Momente, in denen man mit seinem ganzen Körper spürt, dass hier etwas schiefläuft. Es gibt keine Zufälle, heißt es oft. Ich wüsste solche Momente allerdings nicht anders zu beschreiben als in der Sprache des Zufalls: Sie kommen überraschend und sind auch genauso plötzlich wieder verschwunden, sie brechen über einen herein und haben das Potential, wahre innere Revolutionen auszulösen. Man kann sie nicht planen, nicht konstruieren, sie nicht herbeiwünschen. Man kann nur dafür sorgen, dass der Nährboden da ist, um sie zu nutzen, wenn sie eintreten.


Ich habe es ähnlich erlebt wie der Autor. Allerdings erst mit Baclofen - als maßgebliche Unterstützung.

LG Nordlicht

Re: Daniel Schreiber, Nüchtern

Montag 11. August 2014, 16:26

Anderes Buch. Aber lest selber, wie ein sogenannter interkultureller Coach
und Suchtberater das sieht. Schublade auf und gut ist.

Ausgesoffen: mein Weg aus der Sucht

LG Federico

Re: Daniel Schreiber, Nüchtern

Mittwoch 13. August 2014, 10:43

@Federico,

mir ist nicht ganz klar, wie Du das meinst. Mir ist noch nicht mal klar, wie der Autor das Buch nun eigentlich bewertet. Das Buch kenne ich allerdings auch nicht...

@Bettyblue,

was Schreiber schreibt, liest sich sehr eindrücklich und wohlbekannt. Dieses Buch werde ich lesen, danke für den Tipp!

Herzlich - Dieter

Re: Daniel Schreiber, Nüchtern

Mittwoch 13. August 2014, 18:51

@ Dieter

Wenn der Rezensent schreibt:

"Hilfe findet Bernd Thränhardt auch bei den Anonymen Alkoholikern (AA), von denen er sich jedoch nach einigen Jahren wieder trennt: sie wirkten auf ihn zu ideologisch, zu religiös geprägt, zu wenig das Individuelle berücksichtigend. Ich teile zwar seine Aversion gegenüber den AA-Hardlinern, dass das Individuelle bei den 12-Schritten auf der Strecke bleibt (und womöglich bleiben muss), hat seinen Sinn und Zweck, denn was alle Alkis verbindet, ist bekanntlich, dass sie alle glauben, ganz anders als alle anderen zu sein."

... qualifiziert sich das Buch für mich beinahe von selbst. Dieser Grundtenor (Festschreiben von So-sind-Alkis) findet sich in all seinen gesammelten HuffPost-Beiträgen zum Thema Abhängigkeit. Mir fällt dazu nur das Stichwort "eigene Läuterung" ein, aber das wäre pöse, denk ich mal.

lg
Lisa
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