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Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Mittwoch 4. Januar 2017, 11:31

Aus Jetzt.de: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Liebeskummer, Scham, Wut: Schlimme Gefühle kann man nicht auslöschen.
Aber man kann sie beeinflussen.

Interview: Mercedes Lauenstein

In unregelmäßigen Abständen treffen wir unseren Lieblingspsychologen Dr. Jens Uwe
Martens und befragen ihn zu Themen, die uns bewegen. Das erste Interview drehte sich um
das große Rätsel Selbstdisziplin, das zweite handelte von der Macht der Erwartungen, das
dritte von Schicksalsschlägen und Krisenfestigkeit.

Hier geht es zum zweiten Interview über „Erwartungen“

und hier zum dritten Interview „Wie wir uns und unserer
Disziplinlosigkeit in den Arsch treten können“.


Das ganze ist als theoretischer Überbau zu verstehen. Wer jetzt anhand der Überschriften
bereits Erwartungen (negative oder positive) verknüpft, braucht gar nicht weiterlesen ... :D

LG Federico

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Dienstag 10. Januar 2017, 09:23

Sehr gut.

"Lassen Sie die Teile in Ihrem Hirn wachsen, die Ihnen ein schönes, erfülltes Leben schenken. Und lassen Sie die anderen Teile verkümmern. Use it or lose it, das ist alles."

Man kann sich das, was guttut, antrainieren, und das, was kaputtmacht, abtrainieren.

Danke für diese Links.

Dieter :daumen:

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Mittwoch 11. Januar 2017, 00:38

Neuronale Plastizität sollte uns ja eigentlich bekannt sein, wir arbeiten doch daran.

Alkoholismus ist eine Genkrankheit.
Es liegt an dem Indiekneipegehn.

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Mittwoch 11. Januar 2017, 11:38

Ich finde es sehr beruhigend, dass Veränderung immer möglich ist. Wir können lernen bis "der Deckel fällt". Sogar neurobiologisch bewiesen!

LG jivaro

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Donnerstag 6. April 2017, 17:20

Liebe Leser,

meine persönliche angewandte Methode (Erfahrung seit Ende 2008) ist das Lachyoga. Dabei lerne ich mit anderen zusammen auf Dauer allmählich mehr und mehr Geschehnisse, angesichts derer man eigentlich ärgerlich oder wütend werden kann, einfach wegzulachen. Oder, das kommt mindestens heraus: Ich war einfach eine Stunde lang mit anderen zusammen lachend fröhlich!

Wirkungen: Im Alltag finde ich um ein Vielfaches mehr Gelegenheiten zum Lachen (durchschnittlich 10, früher - würde ich schätzen - pro Woche nur ein Anlass), kann manchmal andere mitreißen und einfach selbst eine gehobenere Stimmung länger halten. Die gute Laune ist meistens jeden Tag da! Manchmal wird sie im Laufe des Tages stark erschüttert, klar. Ich stelle fest, ich muss in der Übung bleiben. Sobald ich es einige Tage hintereinander zu wenig getan hab (lachen), wird es wieder weniger und seltener. Schlimm ist nur, wenn ich Respektpersonen mit schlechter Laune um mich hab und mir nicht traue zu lachen ... da atme ich dann, wenn ich wieder allein bin, richtig auf! Und lache :-)

Ich bin heute ins Forum gekommen, weil ich einen Buchtipp "loswerden" möchte. Ich bin ganz erbaut, dass diese Hinweise bei Euch/uns so gut gepflegt werden.

Das Buch ist schwer Lesekost: "Das letzte erste Glas" von Reinhardt O. Hahn
http://www.projekte-verlag.de/
Der Verfasser schreibt: "Mein erstes, richtiges Buch. Erzählt aus dem "Ich-Erzähl-Winkel", also aus der ersten Person heraus, bringt diese Person (der Held, hätte man früher gesagt, heute nennt man ihn den Protagonisten) durch die Dichte und Nähe eindrucksvoll das innere Erleben der Abhängigkeit zum Ausdruck." Ich lese es, weil ich damals - 1986 - gar nicht mitbekommen hatte, dass es das Buch in der DDR gab! Eine liebe Kollegin empfahl es mir vor einer Woche. Allerdings bin ich als Angehörige und damit "gebranntes Kind" in Sachen Alkohol derart davon mitgenommen, dass ich mich schon frage, warum ich mir das zumute. Beim Nachsuchen und Aufstöbern von Hintergrundwissen stieß ich auch auf diesen Link:
http://www.deutschlandradiokultur.de/sa ... _id=380232

Wir Menschen müssen eben mit vielen Widerfahrnissen (das Unbeeinflussbare, was einem begegnen kann) und Fährnissen (=Gefahren) leben. Und seien wir ehrlich, was wären wir ohne Prüfungen und Hindernisse? Was wüssten wir von uns?

Seid alle herzlich gegrüßt (bei meinem Freund und mir ist das Leben dank Baclofen und der damit täglich nutzbaren Möglichkeiten sehr befriedigend und ja - GUT :-))
Ich wünsche einen schönen, zufriedenen Abend!
Marit

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Samstag 8. April 2017, 12:32

Guten Mittag zum Wochenende,

während ich gleich die Hausarbeit erledigen möchte, brauch ich weiteres zum Nachdenken, deswegen schreibe ich nochmals. Wenn ich damit fertig bin, werden meine Gedanken einfach weiter bei Euch und dem Forum sein. Ich nahm an, meinen Beitrag jederzeit ändern zu können, finde nun aber keinen Button mehr, wo ich in einer Änderungsmodus gelangen könnte. Es geht wohl bloß, solange man noch angemeldet ist, sobald man die "Sitzung" beendet und wieder neu ins Forum kommt, nicht mehr? Also meine Korrektur jetzt hier:

Bin ich gut trainiert vom Lachyoga, finde ich ungefähr 10 mal täglich einen Grund zum Lachen, sonst halt nur einmal wöchentlich (alles natürlich gefühlt *schmunzel*). Vom Buch hab ich nur noch die letzten 30 Seiten und da der Held nun in Begleitung einer guten Frau ist, mit so vielen Kämpfen hinter sich und noch am Leben und noch mit vielen kleinen Hoffnungsgedanken, welche sich weiterspinnen und vielleicht in die Tat umsetzen lassen, möchte ich gar nicht "fertigwerden" mit dem Buch. Wenn man damals – in der Zeit, in der das Buch spielt – schon eine Ahnung von solchen Sichtweisen gehabt hätte:

http://www.alternative-suchtbehandlung. ... rinker.pdf

Eine Vorlesung von Dr. Vera Schnell, Regensburg

Wenn ich mein Leben betrachte und erleichtert feststelle, wie gut ich – und ich wäre es nicht, wenn es nicht meinen Freud gut ginge – noch einmal davongekommen bin, bin ich so glücklich, erfüllt, voller Dankbarkeit. Traurig ist nur, dass dabei fast das ganze Leben vergangen ist. Aber leben wir das Leben nicht, damit wir dabei lernen? Und brauchen wir nicht die (Lebens-)Zeit dafür? Wenn wir gelernt (und oft einfach nur ausgehalten, standgehalten haben), ist dann nicht alles gut? Ich finde JA :-)

Zur Vorlesung (siehe Link oben) hab ich aber Fragen. Sie betont m.E. zu stark die Abstinenz. Mein Freund trinkt wieder in der Weise Bier zum Feierabend, wie es seinem Anspruch auf Lebensfreude entspricht. Ganz klar ist es sicherer, ganz ohne Alkohol auszukommen, aber der Anspruch gleich zu Beginn der Therapie hat meinen Freund immer "Millionen" von Jahren von einem Neuanfang bzw. einer Gesundung wegkatapultiert. Wenn es sich im Gehirn und in den Nervenbahnen so verhält, wie Frau Dr. Schnell schreibt, dann ist es ja gerade das Verblüffende und Wunderbare, dass ein maßvoller Genuss von Bieren und vielleicht auch leichtem Wein weiterhin möglich ist. Glauben die Ärzte, sie dürften dies nicht verbreiten? So nach dem Grundsatz lieber 100 % verlangen, damit 60-70 % erreicht werden? Wie denkt Ihr darüber?

Interessant finde ich auch die Angabe: mindestens 3 Jahre Bac. Genau da steht auch mein Freund (Tagesdosis 50-75 mg) und dass Menschen, welche den gnadenlosen, starken Schnaps zu häufig und zu ausschließlich trinken mussten, mehr Baclofen benötigen, um von dem Zwang, trinken zu müssen, frei zu werden.

Viele liebe Grüße und einen schönen heutigen Tag plus Sonntag
Marit

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Samstag 8. April 2017, 20:12

Liebe Marit,

danke, dass Du hier schreibst. Ja, es ist möglich zu einem "normalen" - wie ich immer schreibe - gesundheitlich- und sozialverträglichen Konsum von Alkohol unter Baclofen zu kommen. Vorwiegend gelingt das denjenigen Menschen mit Angststörung oder Depression, die initial zum vermehrten Alkoholkonsum als desaströser Versuch einer Selbststherapie führte. Das hier zu kommunizieren ist immer schwierig. Es scheint eben nur wenigen Menschen möglich.

Hat jemand schon viele frustrane Versuche jedweder etablierten Therapie hinter sich und jeder Versuch eines "kontrollierten Trinkens" ist gescheiter, ist für mich die Abstinenz die einzige Lösung. Viel Patienten kommen auch mit dem ganz vernünftigen Anliegen der Abstinenz.

Prof. Jaury (Paris, Leiter der Bacloville-Studie) sagt: die Abstinenz ist oft das ERGEBNIS der Baclofentherapie. Die Menschen merken, dass Baclofen helfen kann. Zunächst betrachtet Jaury als ersten Erfolg: "das erste Glas wird nicht mehr hektisch getrunken". Viel frustrane Versuche mit Baclofen kontrolliert trinken zu wollen scheitern und der Mensch SELBST erkennt: Abstinenz ist die Lösung! Wunderbar -oder?
Der wichtigste Punkt scheint also "der freie Wille" zur Abstinenz zu sein. Der Patient selbst muss das Wollen vollbringen - sonst ist jede Mühe von aussen vergebens! Oder es führt vielleicht doch irgendwann dazu, dass der "Betroffene" realisieren kann, dass Abstinenz nun mal die einzig sinnvolle Lösung ist.

Ich bin tief beeindruckt von der Kollegin Schnell, nicht nur vom wunderschönen Internetaufritt. Habe sie im Herbst 2015 besucht -unvergesslich (zum verabredeten Termin hatte ich noch eine kleine Autopanne und konnte nicht pünktlich dort sein). Sie hat sehr klare Vorstellungen, arbeitet aber mit einem anderen Konzept als die KollegInnen in Frankreich. Die Patienten starten dort "entgiftet", abstinent - was natürlich per se eine etwas niedrigere Erhaltngsdosis zu ermöglichen scheint.

Ich versuche mich in meiner Arbeit sehr an "Frankreich" zu orientieren, war zwischen 2011 (anfangs sogar zusammen mit Federico) und 2014 sehr häufig in Paris zu "Baclofen-Kongressen", zuletzt 2016. Ich wende mich auch jetzt in "Zweifelsfällen" gerne an Prof. Jaury oder Prof. Granger. Hier besteht eine etwas andere Auffasung bezüglich der Therapie - die "Dosis" bleibt individuell. Selbst Jaury sagt, dass die Dosis für jeden "Patient der vor mir sitzt" individuell gefunden werden muss. Die Vorgabe einer Dosis zwischen 50 und 75mg Baclofen pro Tag als Erhaltungsdosis entspricht nicht ganz meinen Erfahrungen.
Eine "strenge" Anleitung mag aber für viele hilfreich sein.

In Frankreich geht man davon aus, dass die benötigte Bacofendosis unabhängig ist vom Alkoholkonsum (Bier, Wein, Schnaps). Das entspricht durchaus meinen Erfahrungen.

Herzlicher Gruss

jivaro

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Sonntag 9. April 2017, 09:14

Sehr geehrte Frau Dr. Jjvaro,

außerordentlich dankbar bin ich Ihnen für diese kompetente, sehr ausführliche und klare Antwort. Über die genannten Professoren werde ich mich mal gründlich informieren. Wie schön für Sie, dass Sie Frau Dr. Schnell persönlich kennen. Sie praktiziert in einer schönen Gegend Deutschlands *schmunzel*

Das wusste ich nicht, dass der maßvolle Konsum von Alkohol unter Baclofen eine Ausnahme ist. Mir "rumorte" es nur immer innerlich, weil es meine Angst und Bedenken als Angehörige, es wäre wohl doch nicht ganz richtig mit der Gesundung, öfter nebulös schürte. Mit diesen Ihren Hinweisen kann ich diese Ängste jetzt einordnen und sicher gut weiter im Griff haben. Ich muss mich ja vor allem um meine "Baustellen" kümmern.

Sehr herzliche Grüße und Dank!
Marit

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Sonntag 9. April 2017, 19:17

Liebe Marit,

nur noch rasch ergänzend: eine längerfristige Einnahme von Baclofen erscheint sinnvoll, es kann angenommen werden, dass die "Normalisierung" der neurobiologischen Veränderungen nach jahrelangem Alkoholkonsum unter Baclofen "Zeit" benötigt. Geht man von einem möglicherweise bereits vor der Erkrankung vorliegenden Mangel an Gamma-amino-buttersäure aus (Angsterkrankung?) kann sogar eine lebenslange Gabe von Baclofen erforderlich sein.
Auch in "all you need" hier im Forum oder unter "Erste Schritte" zB. http://www.forum-baclofen.com/post6017.html#p6017 sind die Erfahrungen der französischen KollegInnen zusammengefasst. Der Leitfaden ist bislang weiterhin gültig.

Nochmals herzlicher Gruss und weiterhin viel Kraft!

jivaro

PS. Sorry für "off-topic" - hoffe aber, dass hier positive Gefühle vermittelt werden konnten. ;)

Re: Kann man negative Gefühle beeinflussen?

Montag 10. April 2017, 21:04

jetzt hat geschrieben:Wenn ich mich von allem abkapsele, was meine Deutung stören könnte, kann ich meine Wahrheit behalten und fühle mich „richtig“ und geschützt. Deshalb ist es so schwer, mit Verhaltensmustern zu brechen. Es fühlt sich unsicher und ungewohnt an, man möchte sich lieber in dem sicheren Gefühl wiegen, Recht zu haben und auf der „guten“ Seite zu stehen.
Danke für den Augenöffner!
:-bd
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