Gera, 11. Mai 2015, Theater/Bap
Bei dieser Thüringer Gedenkveranstaltung wurde auch der Pharmakologe Lous Lewin gewürdigt:
Louis Lewin hat geschrieben:
„Die Tabakenthaltsamkeit, als Produkt subjektiver Auffassung, ist ebenso
anzuerkennen wie das Alkoholabstinententum oder der Weiberhaß oder viele andere
Minusleidenschaften. Aber man beschränke sich auf sich selbst!
Will man schon an Menschheitszuständen bessern, so gibt es wahrlich bedeut-
samere Aufgaben, z.B. die Besserung von lebensverkürzenden Arbeitseinflüssen
und Arbeitsbedingungen bei vielen Tausenden von Menschen.“
Louis Lewin Eltern waren Rahel und Hirsh Lewin, die aus einer polnischen Provinz in
Russland kamen. Sein Vater war von Beruf Schuhmacher und galt als ein Kenner der
hebräischen Sprache. 1856 zog die Familie nach Berlin, ins "Scheunenviertel".
1881 habilitierte Louis Lewin in den Fächern Arzneimittellehre (Pharmakologie), Toxikologie
und Hygiene. Gemeinsam mit August Bebel und Rosa Luxenburg war er in dem „Komitee für
Obdachlosenasyl“ aktiv.
1906 übernimmt er den ersten Lehrstuhl für Toxikologie in der Wissenschaftsgeschichte.
Die Welt der Rauschmittel fasziniert ihn immer mehr. Er sammelt alles, was für ihn greifbar
ist - Reisetagebücher, Dokumentationen, Drogenpräparate und Zubehör. Ebenso wagt er
Selbstversuche mit psychoaktiven Drogen. Er verfasst über 500 Artikel zu seinem Thema.
1924 veröffentlicht Louis Lewin sein Standardwerk „Phantastica – Die betäubenden und
anregenden Genussmittel“.
Auf Grund seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse fordert Lous Lewin von der Politik,
Drogenprobleme in der Verantwortung der Mediziner zu belassen, da Polizei und Justiz
schon rein sachlich dafür nicht zuständig sein können.
Noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, im Jahr 1929 stirbt Louis Lewin.
Seine Bücher werden 1933 vom braunen Mob während der Bücherverbrennung auf den
Scheiterhaufen geworfen. In der Reichspogromnacht 1938 wird sein Grab verwüstet.
Clara Lewin, seine Witwe, wurde im KZ Theresienstadt umgebracht.
„Es ist paradox, aber wer LEWIN gekannt, verehrt, geliebt hat, empfindet ein gewisses
Gefühl der Erleichterung, daß es einem der größten der vielen großen Juden in der deutschen
Medizingeschichte vergönnt war, vor 1933 zu sterben.“
(Medizinhistoriker Erwin Heinz Ackerknecht)