Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Juni 2011, 02:00 
Huhu.

Habe gerade das Statement zur sog. Harm Reduction gelesen. Klingt sehr ideal und ist meiner Meinung (als ewiger Skeptiker) nach nichts als Augenwischerei.

Dazu muss ich vorwegnehmen, dass ich eine wirklich verständnisvolle Therapeutin und eine unbeschreiblich geduldige Freundin habe. Von daher also keinen Mangel an Mitgefühl und Verständnis in meiner Umgebung, trotz meiner endlosen Serie an Rückfällen.

Der Ansatz ist so alt, wie die Pädagogik selbst und spricht natürlich allen Unterstützungsbedürftigen aus der Seele (wahrscheinlich gibts jetzt gleich wieder auf die Löffel, weil ich vermeindlich für andere spreche ^:)^ ). Leider können sich meiner Erfahrung nach Politiker und Verwaltungsangestellte kaum mit einem solchen Menschen- und Weltbild anfreunden: Schätze dein Gegenüber, unterstütze seine Interessen und du wirst einen loyalen und produktiven Anhänger haben.

Bei meiner kürzlichen Entgiftung habe ich alles daran gesetzt in eine Klinik zu kommen, in der ich die Erfahrung machen konnte, dort erfahrenes und verständisvolles Personal vorzufinden. Ich hätte auch zu Hause bleiben können. Dort wurde pro Schicht eine weitere Kraft eingespart. Die Pfleger(innen) waren vor allem damit beschäftigt, Leute ein- und auszulassen. Die aufnehmende Ärtztin war wohl etwa Mitte zwanzig aber sehr freundlich :)) . Aufgrund meiner Entzugssymptome bekam ich anfangs alle zwei Stunden 10ml Distraneurin-Lösung. Eine ungewohnt geringe Menge. Ich gab mich damit aber zufrieden, da ich das Zeug ohnehin nicht mag. Die dritte Gabe wurde mir zuerst mit der Begründung verwehrt, dass die Pfleger jetzt erst mal essen müssen'. Ich wartete weiter (un)geduldig. Als ich die Pflegerin nach weiteren anderthalb Stunden auf die Medigabe ansprach bekam ich einfach die Antwort: 'Nein, es gibt jetzt nichts!'

Als sie sah, dass ich von Schweiß völlig durchnässt vor ihr stand, kam sie mir mit einem sanften Beruhigungsmittel an, dessen Name ich mir nicht merken konnte. Wie auch, in diesem Zustand.
Es war auf jeden Fall nichts, was mich etwas ruhiger machte. Ich wollte daraufhin die behandelnde Ärztin sprechen, was mir auch verwehrt wurde. Ich checkte aus (da wollten sie allerdings zuerst, dass ich auf die Ärztin warten soll ;) ).

Mein Fazit: Selbst Fachkräfte, die jahrelang mit Abhängigen zu tun haben, werden in die Überlastung getrieben. Und die Patienten einer Entzugsstation werden nicht als Menschen behandelt. Und auch ich kenne schon einige Entzugsstationen.

So viel zu diesem Thema

Güzli

Rolidor


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Juni 2011, 09:18 
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@Rolidor,

Was war jetzt gleich noch mal Deine Frage?

LGF

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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Juni 2011, 14:21 
Okay, falscher Ort. Sorry :-ss


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Juni 2011, 14:49 
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@Rolidor,

schon okay. Dann stell ich Dir eine Frage und schon stimmt der Ort wieder.

Du hast schlechte Erfahrungen während einer Entgiftung mit dem Personal gemacht. Dieses respektlose Verhalten ist sicher kein Einzelfall, Gründe dafür gibt es viele. Der Ansatz „harm reduction“ zielt in erster Linie auf ein respektvolles und der Würde des Menschen (Art.1 Grundgesetz) entsprechendes Verhalten, das Du anscheinend vermisst hast. Meine Frage in diesem Zusammenhang ist: warum bezeichnest Du „harm reduction“ als Augenwischerei?

LG Federico

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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Juni 2011, 23:59 
@federico:

Als Konzept ist hr imho ziemlich ideal. Kann ich direkt unterschreiben. Nur nützen uns (vorsicht, nicht für andere reden ;) ) solche Konzepte reichlich wenig, wenn unsere Entscheidungsträger es nicht umsetzen. Im Gessundheitssektor herrscht, wie auch in den anderen wirtschaftsrelevanten Bereichen, inzwischen eine Von-der-Hand-in-den-Mund-Politik. Die wunderliche Wandlung in der Atompolitik will ich hier mal draußen lassen. Aber auch dort findet kein Paradigmenwechsel statt. Die Regierung hat festgestellt, dass sie völlig den Boden unter den Füßen verlieren wird, wenn sie in diesem Fall nicht auf die Ängste der Bürger eingeht. Auch wenn das populistisches Verhalten ist, kommt dabei möglicherweise etwas Gutes raus.

Als Pädagoge konnte ich feststellen, dass weder bei der Kinder- noch bei der Erwachsenenbetreuung auch nur ein Bruchteil der Erkenntnisse umgesetzt werden, die in den letzten hundert Jahren gewonnen wurden. Da gibt es jede Menge sinnvolle, anwendbare und weitsichtige Ideen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen und auf Dauer auch kostengünstig wären. Die werden oft aber mit dem Hinweis auf die hohen Personalkosten abgelehnt. Man braucht halt Menschen um Menschen zu betreuen... Statt dessen werden Qualitätshandbücher und ständig neue Studien in Auftrag gegeben (die offensichtlich nichts kosten <- Achtung, Ironie). Von den unglaublich hohen Budgets für völlig sinnlose Ausrüstung will ich gar nicht weiter reden.

Ich habe meinen Beitrag schlecht verfasst. Als ich das Statement zu hr las, kam mir der Vorfall in der Entgiftung deshalb wieder ins Gedächtnis, da der sich überhaupt nicht mit den Inhalten dort vereinbaren ließe. Ursprünglich wollte ich den entsprechenden Überschriften das 'passende' Erlebte genüber stellen. Diese Idee habe ich beim Schreiben jedoch völlig vergessen, zudem dann noch am falschen Ort gepostet.

Um es auf den Punkt zu bringen: mit den Inhalten des hr-Artikels bin ich grundsätzlich einverstanden. Womöglich werden sich mit der Zeit auch einige Verantwortungsträger (im öfffentlichen Sinne) dazu entscheiden, nach diesem Konzept zu arbeiten. Da es aber nur eine recht allgemein gefasste Arbeitsgrundlage darstellt, werden sich aller Wahrscheinlichkeit wieder die Ökonomen durchsetzen, die blödsinniger Weise alles auf den Kostenfaktor reduzieren. Den kann man nähmlich ausrechnen und anderen präsentieren. Hr stellt aber erst einmal das Wohlergehen der Menschen in den Vordergrund und behauptet, dass würde sich auch rechnen (was ich doppelt unterschreibe). Lege einem, der über die Finanzierung eines Projekts entscheiden soll, mal eine Berechnung mit "Würde", "Respekt" und "Menschlichkeit" vor...

Und jetzt komme ich zur "Augenwischerei":

Sobald sich ein Staat, eine Behörde oder ein anderer Organisator und Kostenträger das Label "Wir arbeiten nach dem Konzept der Harm Reduction" auf den Flyer schreiben darf, hat er wieder alle Möglichkeiten, den grundlegenden Gedanken dahinter zu verwässern. Um das Prinzip wirklich umzusetzen, müsste bei den oben genannten ein Bewusstseinswandel statt finden. In diese Richtung erkenne ich jedoch nicht die geringste Regung.

Grüzli
Rolidor


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Freitag 3. Juni 2011, 05:03 
Huhu

@kimphilby:

Danke für das direkte reply. Leider bin ich beim Antworten vorhin wieder mal ausgeloggt worden und mein Beitrag war futsch. Ich glaube, den Ansatz schon richtig verstanden zu haben, kann mich natürlich irren. Dazu hätte ich auch noch einiges zu sagen. Ich merke schon, wie meine Finger wollen, aber es ist wohl dann doch zu spät/früh.

Ich geh wohl erst mal schlafen. Bis später dann.

Gut Nächtle
Rolidor


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Freitag 3. Juni 2011, 10:51 
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11
Beiträge: 8253
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@kim,

das Thema harm reduction kann man gar nicht hoch genug hängen. Der humanitäre Denkansatz leitet sich aus unserer Verfassung Art. 1 Grundgesetz, „die Würde des Menschen ist unantastbar“ ab. Es ginge noch höher, bis hin zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

@Rolidor,
Bewusstseinswandel findet immer von unten nach oben statt. Ist er oben angekommen, ist es Aufgabe der Gesellschaft, die Einhaltung der neuen Regeln zu überwachen. „Engagiert Euch!“ Stephané Hessel.

Was ist Harm Reduction?
Eine Erklärung der International Harm Reduction Association

Harm Reduction (Schadensminderung) umfasst Methoden, Programme und Praktiken, die darauf abzielen, die individuellen und gesellschaftlichen Schäden des Gebrauchs von psychoaktiven Drogen von Menschen zu reduzieren, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, deren Gebrauch einzustellen. Die Hauptmerkmale des Harm Reduction Ansatzes sind auf die Vermeidung gesundheitlichen Schäden der Drogeneinnahme gerichtet - im Gegensatz zu einer Verhinderung des Drogenkonsums an sich - und der Fokus liegt auf Menschen, die weiterhin Drogen nehmen.
Harm Reduction wurde zunehmend Gegenstand der öffentlichen Diskussion, als deutlich wurde, dass sich das HIV-Virus unter injizierenden Drogenabhängigen und von dieser Risikogruppe auf andere Teile der Bevölkerung ausbreitet. Dem Harm Reduction Ansatz vergleichbare Ansätze sind seit Langem in Gebrauch; in verschiedenen Bereichen und für eine Vielzahl von Suchtmitteln.
Harm Reduction ergänzt andere Ansätze, welche darauf abzielen, den Gebrauch von Drogen zu verhindern oder zu reduzieren.
Harm Reduction basiert auf der Erkenntnis, dass viele Menschen weltweit - auch bei allergrößten Anstrengungen den Erstkonsum und weiteren Drogengebrauch zu verhindern - weiterhin psychoaktive Drogen konsumieren.
Harm Reduction akzeptiert, dass viele Drogenkonsumenten entweder nicht in der Lage oder nicht willens sind, den Gebrauch von Drogen einzustellen. Ein Zugang zu guter medizinischer Versorgung ist wichtig für Menschen mit Drogenproblemen: Vielen Menschen ist medizinische Versorgung jedoch verwehrt oder sie scheuen sich, sich in Behandlung zu begeben. Darüber hinaus benötigt die Mehrheit der Drogenkonsumenten keine Behandlung. Es ist erforderlich, Behandlungsmöglichkeiten anzubieten, welche die Risiken des Drogenkonsums für das Individuum und andere vermindern. Um die gesundheitlichen Risiken zu verringern, ist es notwendig, dass Behandlungsangebote überhaupt vorhanden sind: Menschen an vermeidbaren Ursachen leiden oder sterben zu lassen, darf keine Option sein. Viele Menschen, die Drogen konsumieren, ziehen informelle und nicht-klinische Methoden vor, wenn es darum geht, ihren Drogenkonsum oder die damit verbundenen Risiken zu reduzieren.

Diese kurze Erklärung legt die wesentlichen Merkmale des Harm Reduction Ansatzes dar. Sie hat Gültigkeit für alle psychoaktive Drogen, einschließlich verschreibungspflichtiger Medikamente, Alkohol, Tabak und Arzneimittel. Die Maßnahmen im Rahmen des Harm Reduction Ansatzes können sich je nach Art der Droge unterscheiden. Eine detaillierte Beschreibung von Maßnahmen im Bereich Harm Reduction befindet sich auf der IHRA-Website (http://www.ihra.net).

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Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Samstag 4. Juni 2011, 01:46 
Hallo

@federico: Danke, dass du diesen Text hier rein gestellt hast. Ich hatte mich dazu nicht getraut da er im Gesamten sehr lang ist. Als ich den thread eben aber noch mal durchgelesen habe stellte ich fest, dass er für Mitleser wahrscheinlich einen deutlichen Informationsgewinn darstellen kann.

In diesem ersten Teil des Statements wird schon deutlich, wo der Unterschied dieses Konzepts zu häufig angewendeten oder nicht vorhandenen besteht: Es wird von Menschen geredet!

Es kommt dabei nicht so sehr auf die Häufigkeit an, als auf die Stellen, an denen dieses Wort zu finden ist.
KimPhilby hat geschrieben:
HR bedeutet nichts anderes als Schadensbegrenzung, ist also etwas was Beteiligte schon lange leisten, wozu sie nach unterschiedlichen Gesetzen verpflichtet sind
Ja, natürlich! Und wahrscheinlich ist dieses Konzept sogar von den bösen Ökonomen in Auftrag gegeben oder zumindest von ihnen gefördert worden. Leider fällt es mir etwas schwer, die englischsprachigen Seiten dazu zu lesen.

Ist in diesem Zusammenhang imho aber ziemlich unwichtig. Denn irgend jemand hat irgend wann einmal gemerkt: Wenn der Obdachlose beim Arzt keine Behandlung bekommt, dann liegt er wahrscheinlich die nächsten Tage auf der Straße. Er wird mit dem Notarztwagen eingesammelt und dann womöglich noch stationär behandelt werden müssen. Wenn Heroinabhängige sich die Nadel teilen müssen, weil sie ihr Equipment nirgendwo legal erwerben können, dann werden sie zu Menschen, potenziell eine Epedemie auslösen können. Nicht nur auf HIV bezogen.

Also kamen kluge Menschen (wahrscheinlich solche, die direkt mit diesen bedürftigen Menschen arbeiten) auf die Idee, dass es doch viel besser wäre, diesen so zu helfen, wie es zu ihren momentanen Bedürfnissen und Ansprüchen passt: Wenn der Obdachlose die Behandlung erhält, dabei vielleicht noch würdig behandelt wird (ist aber keine Voraussetzung <- ich kann das mit der Polemik einfach nicht lassen, sorry), dann ist sein körperliches Leiden erst einmal versorgt. Das erspart folgerichtig die Kosten für das, was angenommener Weise folgen würde. Wenn du heroinabhängigen Menschen eine Anlaufstation bietest um sich sauberes Besteck zu besorgen, dann reduzierst du die Wahrscheinlichkeit, dass sich Infektionen (nicht nur unter den Abhängigen) weiter ausbreiten.

Das Besondere an diesem Konzept ist, die Betroffenen nicht auf die gerade Bahn zwingen zu wollen, sondern sie erst einmal zu unterstützen und zu entlasten. Mit einem Nutzen für alle!

Möglicher Weise ist dieser Nutzen für die eine und die andere Seite aber bei einem Fall nicht sofort ersichtlich. Und da lese ich diesen Abschnitt, den ich in anderen mir bekannten Dokumenten so nicht kenne:
Schritt für Schritta
Den Praktikern von Harm Reduction ist der Stellenwert jeder positiven Veränderung, welche Menschen in ihrem Leben vornehmen, bewusst. Maßnahmen des Harm Reduction Ansatzes stärken das Individuum, sind frei von Zwang und nehmen Rücksicht auf individuelle Bedürfnisse. Angebote des Harm Reduction Ansatzes sind so gestaltet, dass sie den Bedürfnissen der Menschen entsprechen, jeweils abhängig von ihrer jeweiligen Lebenslage. Kleine Verbesserungen des gesundheitlichen Zustands vieler Menschen haben einen größeren Nutzen für das Gemeinwesen als heroische Fortschritte einiger weniger. Menschen sind eher in der Lage, eine viele kleine Schritten zu machen, als einen oder zwei riesengroße.
Oftmals kann man die Ziele hinsichtlich einer Reduzierung der gesundheitlichen Risiken und Schäden ordnen: Auf der einen Seite des Spektrums stehen eher praktikable Lösungen (beispielsweise Maßnahmen, die Menschen helfen, gesund zu bleiben). Auf der anderen Seite stehen erstrebenswerte, aber schwer zu erzielende Lösungen. Abstinenz gilt in dieser Hierarchie als erstrebenswertes aber schwer realisierbares Ziel. Von äußerster Vordringlichkeit ist jedoch, irreparablen Gesundheitsschäden vorzubeugen und das Überleben Drogenabhängiger zu sichern, während gleichzeitig anerkannt wird, dass es eine Vielzahl anderer Prioritäten geben kann.

Mir kommen da so Phantasien, wie der Hund des Obdachlosen wäre krank... Lässt sich jetzt natürlich weiter spinnen. Das hat schon was mit
KimPhilby hat geschrieben:
Ich komme mit Deiner Argumentation nicht ganz mit, zumal Du sie auf Pflegequalität, Gesundheitsökonomie und sogar Energiepolitik zu fokussieren scheint.
zu tun.

Es geht um Lebensqualität. Und hr hat, so wie ich es verstanden habe den Ansatz, die Lebensqualität auch solcher Menschen zu fördern, die den sogenannten Randgruppen angehören. Diese zu integrieren und auch deren Bedürfnisse zu hat einen Vorteil für alle. Wobei Integration sich nicht darin erschöpft, diese Menschen in erster Linie wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Lebensqualität ist etwas, das alle betrifft und sehr individuell ist. Hr hat erkannt, dass eine zufriedenstellende Lebensqualität für alle eben auch für alle nützlich ist. Ob mainstream oder offstream.

Übrigens würde ich das mit der Ernergiepolitik auch gerne weiter diskutieren. Denn auch da geht es um Bedarf und Bedarfsdeckung.

Ok, ich mach jetzt mal Feierabend. Wen der Beitrag zu sehr langweilt, der kann ja die Rechtschreibefehler zählen (<- wie gesagt, ein Laster von mir).

Gute Nacht und Grüzli
Rolan


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Samstag 4. Juni 2011, 03:52 
@ federico

Das muss ich jetzt einfach noch anfügen:

Im Kern geht es mir auch um Würde und Respekt - eigentlich die Achtung allen Lebens. Das ist nicht immer für mich zu leben. Ich habe jedoch bei meiner Arbeit mit den Kindern festgesellt, dass es überhaupt keinen Mehraufwand darstellt, individuell auf sie einzugehen. Im Gegenteil! Wenn ich das verwirklichen konnte, herrschte mit der Zeit eine fast friedliche Atmosphäre, die Kinder wurden geduldiger und fassten immer mehr echtes Selbsvertrauen. Der Betreuungsaufwand wurde dadurch nicht geringer - er bekam eine ander Qualität. Die Kinder und ich freuten sich darauf, in die Einrichtung zu kommen. Es gab weniger Problemmeldungen bezüglich...

Deshalb ist der §1GG für mich ebenfalls genau diese Augenwischerei. Wenn wir ihn (und wie du sagst, die Menschenrechte logischer Weise mit einbezogen) wirklich anwenden würden, dann wären wahrscheinlich viele aktuelle Probleme keine mehr. Zumindest wären dann nicht mehr soviele Paragraphen, Bestimmungen und Konzepte notwendig.

Grüzli
Rolan


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 Betreff des Beitrags: Re: harm reduction ???
BeitragVerfasst: Sonntag 5. Juni 2011, 18:06 
@kimphilby:
KimPhilby hat geschrieben:
Dieses (von mir sehr geschätzte Forum) wendet sich vor allem an eine bürgerliche Bildungselite, die beispielsweise Zeit hat und in der Lage ist, kleine, weiße Tabletten bis fast auf ihre Moleküle wochenlang zu fraktionieren,...

Auch Molekülspalter haben ein Recht auf Zeitvertreib ;)

KimPhilby hat geschrieben:
..., bis NW hoffentlich wegbleiben.
Was bedeutet "NW"?

Natürlich hast du recht. Wir führen hier eine eher theoretische Diskussion. In meinem Fall waren der Anlass dazu aber einige sehr praktische Erfahrungen. Der hier schreibende bürgerliche Bildungselitär hat einen gar nicht so elitären Hintergrund. Ich komme aus einer Familie, deren Mitglieder zu midestens 2/3 aus Alkoholikern bestand, wie ich heute weiß. Zum Sozialamt zu gehen, war schon als Kind für mich normal. Bildungsmäßig bin ich überhaupt nur über den Hauptschulabschluss hinausgekommen, weil sich meine Klassenlehrerin dazu erweichen ließ, mir doch die entsprechenden Noten zu geben. Wohnungslose Jahre habe ich auch einige hinter mir.

Wenn es nicht Bereiche gäbe, in den HR augenscheinlich funktioniert, säße ich inzwischen wieder auf der Straße oder läge womöglich schon in der Kiste. Dass das nicht so ist habe ich nur der unglaublich geduldigen und hilfreichen Unterstützung von Ärzten, Sozialarbeitern, Suchthelfern und meiner Sonnenblume zu verdanken. So wie ich das Zusammenspiel dieser Menschen erlebt habe, war es aber vor allem ihr eigenes Engagement, durch welches sie mir helfen konnten. Sie haben sich dabei mehr als einmal über Verordnungen oder Richtlinien hinweg gesetzt.

So habe ich HR in der Praxis kennen gelernt. Allerdings keineswegs als Konzept, das verschiedene Bereiche miteinander verbindet. Das so ein Konzept existiert, wusste ich bis vor kurzem überhaupt nicht.

Bisher habe ich vor allem erlebt, das verwaltungstechnische Hindernisse die Zusammenarbeit selbst von Mitarbeitern der eigenen Behörde verhindern. Dass Formulare zigfach ausgefüllt und Anträge gestellt werden müssen. Die Bearbeitung dauert dann nicht selten so lange, bis das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Eine effektive und praktische Zusammenarbeit verschiedener Bereiche ist meiner Erfahrung nach verwaltungstechnisch überhaupt nicht erwünscht. Zumindest wird sie nicht gefördert.

Wenn sich HR jedoch in der Verwaltung (egal welcher Institution) als Konzept durchsetzen würde, könnte vielen Menschen sehr viel schneller und besser geholfen werden.

Wenn beispielsweise jemand 2 Tage vor Antritt einer stationären Therapie aus der Entgiftung entlassen wird, weil die Krankenkasse diese zwei Tage nicht mehr übernehmen will, dann ist das ein Beispiel dafür, dass es dort nicht funktioniert. Obwohl gerade in diesen Fällen die Rückfallquote sehr hoch ist. Die Betroffenen treten die Therapie oft nicht an und landen kurze Zeit später wieder in der Entgiftung. Der Therapieplatz ist futsch und die ganze Prozedur muss von neuem angeleiert werden. Das ist rausgeworfenes Geld (und sichert dem Verwaltungsangestellten seinen Arbeitsplatz <- einmal muss sein)! Vor allem aber verstärkt es den Leidensdruck der Betroffenen, die dadurch einiges an Motivation verlieren werden.

Das ist nur ein Beispiel von unzähligen. Es soll deutlich machen warum ich der Meinung bin, dass HR in die Köpfe der finanzierenden Entscheidungsträger gehört. Was im Moment vor allem passiert, wird vor allem durch das Engagement und die Leidensfähigkeit der Frontarbeiter ermöglicht, die es glücklicher Weise gibt und denen meine Hochachtung gilt.

Grüzli
Rolidor


Zuletzt geändert von Rolidor am Sonntag 5. Juni 2011, 18:12, insgesamt 2-mal geändert.

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