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Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Sonntag 6. März 2011, 00:46

05.03.2011 – David Zimmer 23:08 Uhr

Herzklopfen 1-10: 1
Angst 1-10: 1
Antriebsprobleme 1-10: 1
Panikattacken:0
Nebenwirkungen: 0
Menge Alkohol in mg: 0
Gewicht: 63,3
Puls: 68

Tagesablauf:

Großputz, Mutti besucht, gekocht, Museumsbesuch, Abends gelesen und nen bissl TV geguckt.

Gedanken:

Die erste Euphorie von der Wirkung von Baclofen ist verflogen. Es ist anders als bei früheren Abstinenzphasen. Es ist irgendwie normal geworden nicht zu trinken, kein Craving zu haben. Ich muss mich wirklich zwanghaft daran erinnern wie es war, zwanghaft nur an Alkohol zu denken und zu konsumieren.
Es ist nach meinem Empfinden ziemlich früh so etwas zu schreiben, aber das denke und fühle ich nun mal.
Ich habe nicht mehr das Verlangen, wie beim Beginn der Einnahme von Baclofen, eine Antwort auf die Frage zu finden ob ich jemals wieder „normal“ in der Gesellschaft leben kann (Abends weggehen, auch mal nen Feierabendbier zu trinken usw.) Die Frage ob ich jemals wieder etwas trinken kann steht irgendwie nicht mehr zwischen mir – ich hatte diese einmal als spannend empfunden, zu klären ob ich die Zeit zurückdrehen kann, mal Party zu machen und auch mal über die Strenge zu treten…..
Das ist für mich nicht mehr Teil der Definition von „normalem Leben“. Ich tue all diese Dinge, nur eben ohne Alkohol halt. Ich stelle mit Erschrecken fest das mich genau das, woran ich innerlich eine „vollständige Genesung“ geknüpft hatte, mir völlig gleichgültig geworden ist. Ich brauche diese Frage für mich nicht mehr zu beantworten weil ich irgendwie die Fragestellung nicht mehr verstehe. Ich verstehe auch nicht wie ich jemals denken konnte das ein Leben, komplett ohne Alkohol, irgendwie komisch ist.
Es ist genau das Gegenteil, es ist normal

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Montag 7. März 2011, 14:45

Es ist nach meinem Empfinden ziemlich früh so etwas zu schreiben, aber das denke und fühle ich nun mal.


Im Gegenteil. Wenn Du es so fühlst und denkst, ist es sogar sehr wichtig dies auszusprechen. Anfangen positiv zu denken, kann nie zu früh sein.

LG Federico

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Mittwoch 9. März 2011, 00:14

Wow! :YMAPPLAUSE: :YMAPPLAUSE: :ympeace:

Erstmal freut es mich für Dich, dass Du jetzt so empfindest. Und zum anderen hoffe ich natürlich, dass mir genau das gleiche bevor steht. Es wäre jedenfalls wundervoll. :-bd

Viele Grüße,
Rafael

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Mittwoch 9. März 2011, 11:00

Einer der wichtigsten Beiträge dieses Forums, aus meiner Sicht, den ich mir täglich durchlese. Dank für das Aussprechen.

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Samstag 12. März 2011, 11:26

Danke für eure lieben Antworten.

Eine weitere Woche ohne jedes Craving :-) Die Arbeitswoche war mega anstrengend, aber jede Stresssituation problemlos gemeistert!

Wünsche euch ein schönes Wochenende!

Viele Grüße
Ditschek

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Donnerstag 24. März 2011, 22:52

Heute Abend stellte ich mir die Frage, wie es eigentlich passieren konnte, dass ich zwanghaft zur Flasche gegriffen habe - greifen musste.

Schon verrückt was man sich da eigentlich selbst angetan hat. Schwierig nur, festzustellen wo´s genau passiert ist, dass man nicht mehr zurück konnte. Ich kann für mich die Frage nicht mehr beantworten - zumindest nicht zufriedenstellend.

Genauso faszinierend ist für mich, wo´s dann auf einmal aufgehört hat. Manchmal bilde ich mir ein, die Willenskraft allein hat gesiegt - aber das ist Quatsch, es war Baclofen gepaart mit meiner Willenskraft - ohne Bac häts nicht mehr geklappt.... Nur komisch, ich vergess es manchmal schon ;-)

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Freitag 25. März 2011, 01:16

@Ditschek,

gegen das Vergessen hilft das Forum. Du scheinst das zu wissen.
Baclofen gepaart mit Willenskraft und Gespräch (Forum) kann zu Eigenhirn führen.

LG Federico

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Samstag 12. November 2011, 21:50

Dann melde ich mich mal wieder zu Wort ;-)

Tja was soll ich sagen, Rückfall, schöne Grüße aus der Klinik! ;-)

Ich seh die Sache aber alles andere als dramatisch, prinzipiell war ich ja selbst Schuld. Völlig überarbeitet und Baclofen sehr unregelmässig genommen....

Das Positive, die Ärzte, besonders der Oberarzt hier kann sich dem Thema Baclofen nicht mehr verwehren, wahrscheinlich weil er mich so lange auch nicht gesehn hat. Ich wurde nach 3 Tagen Entzug sofort wieder auf Baclofen eingestellt, zwar auf eine für mich viel zu niedrige Dosis (15 mg Tag) aber die Anpassung auf 75 mg täglich habe ich selbst vorgenommen. Siehe da, regelmässige Einnahme unterdrückt sofort wieder alle Angstgefühle und Craving.

Dienstag werd ich wieder entlassen und dann geht das Leben weiter, mit REGELMÄßIGER Baclofen Einnahme.... :-)

Schönen Abend.
Ditschek

P.S.: Ironie an: Ich hatte schon ganz vergessen wie schön es auf den Entzugsstationen ist: Ironie aus

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Samstag 12. November 2011, 23:16

@Ditschek,

schön, man lernt. Jede selbst erlernte Erfahrung ist ein echter Lernerfolg der bleibt. Den Fehler mit der Nachlässigkeit machst Du nicht mehr. Alles andere wird schon, nichts passiert. Gut wenn die Ärzte schon von Baclofen wissen – das erleichtert vieles, den Rest machst Du sowie selbst.

LG Federico

Re: Von Zeit zu Zeit mal Tagebucheinträge

Sonntag 13. November 2011, 10:19

Guten morgen federico,

genauso sehe ich das auch. Nix passiert. Über Monate trocken, die Ärzte waren erstaunt, ja fast geschockt.

Schönen Sonntag.

Ditschek
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