Hilft Oxytocin gegen Alkoholsucht?

Hallo,

ich habe noch was interessantes gefunden. Hat schon jemand davon gehört.

Hilft Oxytocin gegen Alkoholsucht?
Montag, 15. Oktober 2012
Chapel Hill – Das Neuropeptid Oxytocin, das Schwangeren die Geburt und Wöch­nerinnen die Laktation erleichtert, könnte bei Alkoholkranken einen Rückfall in die Trunksucht verhindern. Zu diesem Ergebnis kommt eine kleine Studie in Alcoholism: Clinical and Experimental Research (2012; doi: 10.1111/j.1530-0277.2012.01958.x).

Die elf Teilnehmer der Studie hatten in den letzten beiden Wochen vor Studienbeginn noch heftig getrunken, berichtet Cort Pedersen von der Universität von North Carolina in Chapel Hill. Sie hätten in der Vergangenheit beim Versuch, weniger oder keinen Alkohol zu trinken, stets über Entzugssymptome geklagt. Den nächsten Abstinenzversuch am Bowles Center for Alcohol Studies in Chapel Hill sollte ihnen die zweimal tägliche Anwendung eines Nasensprays erleichtern. Bei sieben Teilnehmern enthielt das Spray Oxytocin, bei den anderen vier ein Placebo.

Wie Pedersen versichert, hat Oxytocin den Abstinenzversuch kräftig unterstützt. Die Patienten benötigten weniger Lorazepam als im Placebo-Arm. Vier Teilnehmer seien ganz ohne das Benzodiazepin ausgekommen, das beim Entzug von Alkoholikern die subjektiven unmittelbaren Folgen des Entzugs wie Angst und Anspannung lindern und die objektiven Risiken wie Krampfanfälle verhindern soll. Da es selbst abhängig machen kann, ist das Benzodiazepin für die Dauertherapie von Alkoholkranken nicht geeignet.

Diese Bedenken bestehen bei Oxytocin nicht. In der Studie hat es die Entzugssymptome der Patienten wirksam gelindert, schreibt Pedersen, der sich auch auf die Ergebnisse von tierexperimentellen Ergebnissen stützt. Die Studie war allerdings auf die ersten drei Tage des Entzugs beschränkt. Ob Oxytocin langfristig einen Rückfall der Alkoholkranken verhindern kann, ist unklar. Außerdem bleibt abzuwarten, ob andere Zentren die Ergebnisse der kleinen Studie reproduzieren können. © rme/aerzteblatt.de

@ krombi
Intranasal Oxytocin Blocks Alcohol Withdrawal in Human Subjects

Danke für die Info. Hier ist der Original-Artikel dazu. Habe ihn nur kurz überflogen, kann deshalb auf den ersten Blick nicht genau erkennen, ob Oxytocin die Linderung der Entzugssymptome nur in Verbindung mit Lorazepam verbessern soll oder auch als alleiniges Medikament in der Lage sein soll, Entzugssymptome zu lindern.

Vielleicht komme ich am Wochenende dazu, den Artikel genauer zu lesen. Habe gerade ein paar andere "Baustellen". Melde mich gegebenenfalls nach der Lektüre nochmal.

Schönen Abend noch!
Papfl

@krombi,

danke für den Hinweis, das Thema ist relativ neu und entsprechend wenig ist zu finden. In wie weit das Medikament als Rückfallprophylaktikum einsetzbar wäre, ist derzeit nicht ersichtlich. Offenbar scheint es zumindest in dieser Ministudie als Alternative zu Benzos geeignet.

Die Erkenntnis, dass Benzos zwar wirksam aber gleichzeitig hochgradig suchterzeugend sind, scheint sich allmählich herumzusprechen.

LG Federico

Nachtrag:

Vor dem 7. August 2008 war in Deutschland auch ein Oxytocin-Präparat als Nasenspray unter dem Namen Syntocinon im Handel. Dieses wurden vor Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes von 1978 registriert. Einem Nachzulassungsantrag des Herstellers wurde mangels nachgewiesener Prüfung auf Arzneimittelsicherheit und Begründung der therapeutischen Wirksamkeit nicht stattgegeben.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Oxytocin

Papfl

@papfl,

hochgefährliches Medikament wie ich gelesen habe. Banker vergeben vertrauensvoll und großzügig Kredite ... Mannmannmann, schon klar, das geht so gar nicht.

Trotzdem, sollten wir das im Auge behalten, schon wegen der nachgewiesen angstlösenden Wirkung. Das PDF aus Wikipedia finde ich schon sehr interessant (Amygdala).

LG Federico

Darauf Hoffnungen zu setzen halte ich für vermessen. Hingegen wäre es sicher eine gute Sache, die natürliche Oxytocinproduktion anzuregenn indem man die Qualität der eigenen persönlichen Beziehungen verbessert, dem Partner neben der Belastung durch den Alkohol auch Zuwendung und Aufmerksamkeit zu schenken, ist sicher kein Fehler.

Es ist zwar nicht so einfach wie eine Tablette oder Spray, doch "die Mühe" lohnt sich.

Das Präparat ist als Nasenspray - rezeptpflichtig - erhältlich, die Erfahrungen der Menschen die ich kenne entsprachen nicht der Erwartung (hier: weiblicher Orgasmus).

LG jivaro

Ich werd es mal versuchen, Quelle hab ich.

Rico

Darauf Hoffnungen zu setzen halte ich für vermessen.

@Jivaro,

wieso eigentlich? Angstlösende und vertrauensbildende Wirkung in Verbindung mit Unterdrückung von Craving wurde m.W. bisher noch nicht untersucht. Abgesehen von der paradoxen Wirkung bei Borderlinern geben vorliegende Studien, zarte Hinweise auf evtl. positiv unterstützende Wirkung in der langfristig angestrebten Entwöhnung bei Alkoholabusus.

Nachdem neuere Erkenntnisse vorsichtig in Richtung der typenorientierten, individuellen Behandlung mit unterschiedlicher Medikamentation hinweisen, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass Baclofen+Oxytocin bei diagnostizierter Angst- und Alkoholstörung bessere Ergebnisse zeigt. Möglicherweise ist die vertrauensbildende Wirkung auch abhängig von der Dosis? Die von Dir vorgeschlagene Methode ist von der Dosierung etwas schwierig und kann zumindest bei männlichen Tieren leicht zu Überforderung führen.

Durch langjährigen Konsum verloren gegangenes Selbstvertrauen schneller wieder aufzubauen wäre zumindest aus therapeutischer Sicht eine wünschenswerte Zusatzoption. Gerade aufgrund der paradoxen Wirkung bei Borderlinern wäre ich persönlich einem Selbstversuch nicht abgeneigt. Nach wie vor bin ich ganz bei Paracelsus, „wer meint, alle Früchte würden gleichzeitig mit den Erdbeeren reif, versteht nichts von den Trauben.“

LG Federico

@ Federico

Da ist letztes Jahr ein interessanter Artikel zum Thema erschienen. Ich hatte den seinerzeit kopiert, da ich keinen Online-Zugriff auf die neuen Jahrgänge von "Hormones and Behavior" habe. Muss mal suchen

Breaking the loop: Oxytocin as a potential treatment for drug addiction. / McGregor, Iain S. ; Bowen, Michael T.
In: Hormones and Behavior, Jg. 61 (Mar, 2012) Nr. 3, S.331-339
ISSN 0018-506X (Print)

Papfl

@papfl,

danke sehr sogar. Allein das Abstract klingt schon sehr vielversprechend. Besonders dieser Abschnitt:

Very recent preclinical studies have illustrated a remarkable ability of exogenously delivered oxytocin to inhibit stimulant and alcohol self-administration, to alter associated drug-induced changes in dopamine, glutamate and Fos expression in cortical and basal ganglia sites, and to prevent stress and priming-induced relapse to drug seeking. Oxytocin therefore has fascinating potential to reverse the corrosive effects of long-term drugs abuse on social behavior and to perhaps inoculate against future vulnerability to addictive disorders. The results of clinical studies examining intranasal oxytocin effects in humans with drug use disorders are eagerly awaited. This article is part of a Special Issue entitled Oxytocin, Vasopressin, and Social Behavior.

Es wäre schön wenn Du fündig werden würdest.

LG Federico