Dienstag 11. Juni 2013, 17:39
Hallo rog
Auch von mir ein herzliches Willkommen! Wie ich lese, bist Du bereits am Durchforsten des Forums. Mir ging es am Anfang ähnlich und ich konnte mich kaum sattlesen... empfand dies wie eine Goldader im gewöhnlichen Gestein (ich meine damit, was ich schon alles an Vorurteilen und Abhängigkeit bis zu diesem Zeitpunkt gehört hatte, auch von Fachleuten!).
Zu den Erläuterungen von Federico möchte ich noch ein paar Gedanken aus meiner Sicht beifügen.
Seit etwas über 2 Jahren bin ich auf diesem Weg. Es freut mich, dass Du insbesondere auch von dieser Erfahrung sprichst:
Und dank Baclofen sind auch jahrzehntealte Missstände ins Tagelicht gekommen, die latent anwesend waren, jetzt irgendwie an die Oberfläche treten, und die Einsicht bringen, dass es ohne Alkohol schon viel besser sein könnte
Wenn da Bac nicht schon Wirkung zeigt! Meines Erachtens hat Bac in seinen Wirkungen ein viel breiteres Portential als "nur" das Craving zu unterdrücken. Es ist eine Reise durch sich selbst und zu sich selbst...
Bei der Beschreibung Deines jeweils aufkommenden Cravings kommt mir die Zeit vor Bac in den Sinn, als ich es ohne weitere Unterstützung schaffen wollte meine Sucht zu bekämpfen. Ich habe es in etwa so erlebt (zitiert aus einem älteren Beitrag von mir):
Das überwältigende Gefühl des Cravings hatte für mich immer den Charakter einer Vorfreude, verbunden mit einer Energie, welche sich ähnlich wie "Schmetterlinge im Bauch" anfühlte. Es baute sich eine Energie auf bis zu einem "point of no return". Das war dann jeweils der Moment etwas Hochprozentiges zu organisieren... gewissermassen um dieses Energiepotential umzusetzen (das Bewusstsein etwas zu erweitern war immer meine "Ausrede"). Im Grunde genommen habe ich auf diese Art viel Kreativitätspotential, Lebensfreude, Verwirklichung von mir selbst etc. den Bach runter gelassen. Das innere Suchen endete in der Sucht. Sie hatte mich ungefragt gefunden und nicht mehr losgelassen. Die Energie war dann raus und sinnlos verpufft, was sich am nächsten Tag in einem Mordskater äusserte. Diesen mit einer neuerlichen Gabe von Alkohol etwas erträglicher zu gestalten führte dann nach einiger Zeit zu der berüchtigen Suchtspirale. Das schwarze Loch, welches alles zu absorbieren beginnt war geboren. Und damit der langsame, unaufhaltsame Zerfall meiner Restkreativität...
Geht doch auch etwas in Deine Richtung...?
Nun, gute 2 Jahre später habe ich erlebt, dass diese Türe nun geschlossen ist. Nach langer Abstinenz und regelmässig Bac hat mich ein gewollter Versuch dies knallhart vor Augen geführt. Der Alkohol hat nicht mehr die selbe Wirkung. Er hat enorm an "Anziehungskraft" verloren...
Gedanken zum Switch? Ich erlebte es so, dass ich in mehreren Malen die Dosis steigerte, bis vor lauter Nebenwirkungen das Ende der Stange erreicht war. Die höchste Dosis waren 120mg. Da fühlte ich mich dann so mies dabei, dass es unmöglich wurde noch weiter zu gehen (Kreislauf, halb narkotisiert, etc...).
Über Monate fand ich dann zu meiner Erhaltungsdosis mittels langsamen Ab- und Aufdosieren (62.5mg). Diese scheint sich bei mir nun zu bewähren. Aber wie schon erwähnt: Es ist und bleibt sehr individuell. Wir haben aus Erfahrung Eckpfeiler in der Therapie erarbeitet. Es ist wie ein Rohbau. Die Inneneinrichtung muss jeder selber nach seiner Art finden. Geduld zu haben, auch wenn es manchmal schwierig ist, wird zum A und O. Sich von "Unfällen" nicht aus dem Konzept bringen zu lassen gehört auch dazu. Ob man zu den ca. 15% gehört, bei denen Bac offenbar die gewünschte Wirkung nicht zeigen kann, offenbart sich auch nicht in der ersten Zeit.
Zum Zusammenwirken mit anderen Medikamenten kann ich nichts dazu sagen. Ich bin auf diesem Gebiet kein Fachmann. Eher ein wenig ein Lebensphilosoph...
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Ich wünsche Dir, dass der richtige Weg sich vor Dir öffnet. Was es dazu braucht? Etwas Mut vielleicht aufgrund der Ansprüche, die gestellt werden können. Und das Urvertrauen, dass im Grunde genommen in jedem Individuum der richtige Weg schon vorgezeichnet ist. Jedes Wesen trägt seine Erscheinung in diesem Universum in sich. So wie die körperliche Erscheinung in der DNA vorgezeichnet ist wird es wohl auch eine "mentale DNA" geben. Sie zu entdecken und vielleicht sogar zu leben, in diese Welt zu integrieren ist wohl das grösste Abenteuer des Menschseins...
LG moonriver