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Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 09:52

Lieber Dieter,

wir müssen nicht stolz auf nüchterne Tage sein, wir sollten sie einfach in Dankbarkeit
genießen. Komplette Abstinenz = komplette Freiheit ...? Freiheit durch Gehirnwäsche
ist nicht sehr attraktiv für mich, diesen Trick benützen Sekten allzugerne.

Einfach nur das Leben feiern, mit oder ohne Abstinenz ist Balsam für die Seele und
schon deshalb gut für die Resilienz. Wer nicht genießt wird ungenießbar, wusste schon
der olle Friedrich von Schiller. Nicht vergessen sollten wir die Notfallpille für alle Fälle,
die hatte vor uns noch niemand.

LG Federico

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 14:51

Die Verbesserung bzw. die gelingende "Selbststeuerungsfähigkeit" - so lieber Frieder hatten wir das auf unserem 1. Poster für Münschen 2011 genannt - war schon immer das Ziel - ob das nun die Abstinenz oder der "sozial- und gesundheitsverträgliche" Konsum ist.
Für mich völlig gleichberechtige Lebenspraxis - radikale Akzeptanz.

Es muss/kann/darf jeder Mensch die Entscheidung treffen....ganz individuell und selbstbestimmt!


Lieben Gruß
jivaro

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 20:44

Ja, die Selbststeuerungsfähigkeit wird viel besser und führt mitunter zu dramatischen und dann immer positiven Veränderungen des Lebens. Baclofen ist das erste wirklich wirksame Anticravingmittel. Ich verschreiben es seit 2011 auf einen Kassenrezept. Mein Rechtsanwalt, der spezialisiert ist auf Arztrecht, sagte mir, das dies angesichts der guten Wirkung sicherlich von der Wirtschaftlichkeitskommission auch anerkannt wird. Es ist sehr traurig, dass dieses gute Medikament noch nicht in dem möglichen Ausmaß angewendet wird. Wegen dieser guten Wirkung bekommt jeder Betroffene baldigst einen Termin. Irving

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 20:50

Lieber Federico,

ich sehe Carr nicht in der Nähe von Gehirnwäsche und schon gar nicht einer Sekte. Sein Buch hat mir mindestens ebenso geholfen wie Baclofen. Ohne „Endlich ohne Alkohol“ hätte ich die Kurve nicht gekriegt.

LG
Dieter

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 21:22

Nichts ist schwarz-weiss. Erfolg basiert auf einem Zusammenspiel verschiedenster Faktoren.
Was nützt denn Baclofen oder egal welches Medikament ohne den Willen aufzuhören?
Und obwohl verpönt, es gibt tatsächlich Leute, denen mit AA geholfen wird, auch mit Carr
oder dem Blauen Kreuz, Ambulatorien, Betty-Ford-Klinik, you name it.
Aber, ich möchte jetzt ehrlich und frech sagen: Auch wenn mir nur mit Gehirnwäsche geholfen
werden kann, so what? Dann würde ich das sehr gerne in Kauf nehmen.

Ich persönlich habe sehr profitiert von (in dieser Reihenfolge):
1. Diesem Forum, das mir in den vergangenen Jahren die wertvollsten Beiträge offenbart hat;
die Korrespondenz mit anderen Mitgliedern in verschiedensten Threads und die gegenseitige
Motivation ist mehr als Gold wert. Hier spürt man, dass man richtig ernsthaft gemeinte Hilfe
bekommt, sowohl von allen Moderatoren, als auch von vielen anderen Forumsmitgliedern.
Dank dem Forum habe ich die 2 längsten Perioden von Freiheit (Abstinenz in diesem Sinne)
in meinem erwachsenen Leben erleben dürfen.
2. Baclofen an sich, vor allem die individuelle Notfalldosis
3. Meditation, verschiedenste Therapien, Lektüre (u.a. auch Carr).

Meines Erachtens geht es nicht, zu sagen 'nur dies ist gut, alles andere ist schlecht' oder
so ähnlich. Verurteilung ist der einfachste Weg. Alle Menschen sind unterschiedlich,
jeder braucht denn doch sozusagen seine eigene massgeschneiderte Therapie, nicht?
Baclofen hilft ja auch nicht allen auf derselben Art und Weise.
Aber ist egal: auch wenn mir Baclofen nicht helfen würde, gibt es noch dieses Forum,
und hier wird über soviel mehr geschrieben als nur über Baclofen.
Und dás finde ich erst eine richtige Bereicherung.

LG

Patrick

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 21:31

Lieber Patrick,

:daumen: :-bd :YMAPPLAUSE:

Fallada

Re: Sinuskurve

Mittwoch 1. November 2017, 23:11

Der Wille zur Veränderung ist natürlich unabdingbar!
Spannend dass das viele Menschen mit Alkoholstörung oft gar nicht so genau reflektieren!
Ja: wer heilt hat Recht!
Für mich bleibt Baclofen hier gleichwohl die Nr.1! Alle anderen Konzepte gab es ja schon - kann alles gerne genutzt werden. Für die allermeisten Menschen ist der echte Durchbruch zur Veränderung nach vielen frustranen Versuchen erst mit Baclofen möglich - Heilungsverläufe die oft niemand mehr für möglich gehalten hätte! PT kann endlich wirksam werden.

Danke Irving! Genau so sehe ich die Sache auch!
Für die Menschen, denen Baclofen hilft ist und bleibt es ein Wunder!

Danke Olivier!

Re: Sinuskurve

Donnerstag 2. November 2017, 08:14

Guten Morgen allerseits,

Dass der Wille zur Veränderung bei dem Weg aus der Sucht unabdingbar ist, ist keine Frage. Baclofen ist ein Medikament, das hilft, die Steuerungsfähigkeit wiederherzustellen um diesen Weg selbstbestimmt gehen zu können. Ganz sicher ist es kein Wundermittel. Ich glaube es würde allein, ohne den Willen grundsätzlich etwas ändern zu wollen, und ohne viele andere Hilfsmittel nicht wirken.

LG Fallada

Re: Sinuskurve

Donnerstag 2. November 2017, 09:26

Dieter hat geschrieben:ich sehe Carr nicht in der Nähe von Gehirnwäsche und schon gar nicht einer Sekte.
Hat auch niemand behauptet lieber Dieter.

„Abstinenz als subjektive Entscheidung eines Menschen ist zu respektieren,

auch als Gruppenentscheidung etwa einer Religionsgemeinschaft.
Als 
gesellschaftliche Zielvorstellung aber ist Abstinenz Ausdruck einer
 totalitären Phantasie.”
Günter Amendt


Es lohnt sich, mal nach Günter Amendt zu googeln.

LG Federico

Re: Sinuskurve

Donnerstag 2. November 2017, 12:05

Hallo an alle! :-h

rog hat geschrieben:Nichts ist schwarz-weiss. Erfolg basiert auf einem Zusammenspiel verschiedenster Faktoren.
Was nützt denn Baclofen oder egal welches Medikament ohne den Willen aufzuhören?


Lieber Patrick,
genauso ist es!!! Aber es ist nicht der Wille bei mir... es ist, dass ich etwas im Leben nicht akzeptieren kann. Auch meine depressive Stimmung spielt da eine Rolle...

Die Zeiten, wo ich wie ferngesteuert zum nächsten Supermarkt gelaufen bin sind ja jetzt, dank Baclofen, vorbei. .. und dennoch greife ich einmal die Woche zum Alk ... Zum Vorschein kommt jetzt, was das Craving jahrelang überdeckt hat. Jetzt heißt es genauer hinzuschauen und das Warum zu erkunden. Bei mir ist es so, dass ich die Realität -- das Leben überhaupt -- nicht annehmen kann. Ich will nicht hinsehen, will vergessen... kann so manches nicht annehmen... Anfangs hatte ich wirklich geglaubt, dass es so einfach sein würde! Bac einnehmen... Craving ist weg .... ich muss nicht mehr trinken! Nein, so einfach ist das bei eben doch nicht... All dies werde ich mit Hilfe meiner Psychologin herausfinden...

Ein sehr schönes Buch ist auch: Daniel Schreiber "Nüchtern. Über das Trinken und das Glück". Darin heißt es u. a.: "Man muss sich all jenen Konflikten und unangenehmen Gefühlen stellen, die einmal zum Trinken beitrugen. Man muss sich selbst kennenlernen und Verantwortung dafür übernehmen, wer man ist".

rog hat geschrieben:Meines Erachtens geht es nicht, zu sagen 'nur dies ist gut, alles andere ist schlecht' oder
so ähnlich. Verurteilung ist der einfachste Weg. Alle Menschen sind unterschiedlich,
jeder braucht denn doch sozusagen seine eigene massgeschneiderte Therapie, nicht?
Baclofen hilft ja auch nicht allen auf derselben Art und Weise.


Genau! Die Wege zum nüchternen Leben sind so unterschiedlich, wie die Menschen selbst. Mir hilft z. B. Achtsamkeit, Entspannungstechniken, PMR usw. gar nicht... im Gegenteil, es stresst mich. Abschalten kann ich z. b. besser beim Walken oder bei einem Spaziergang durch die Natur.

Liebe Grüße
Manuela
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