Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Mittwoch 4. September 2019, 18:06 
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Registriert: Mittwoch 15. Mai 2019, 23:06
Beiträge: 22
Hallo Dieter,

die ambulante Reha kann ich machen, das steht jetzt fest. Was mich allerdings überrascht hat: Nicht nur wird eine durchgängige Alkoholabstinenz vorausgesetzt (natürlich muss man etwaige Rückfälle offen ansprechen, aber möglichst eben keine haben), sondern auch das Baclofen soll abgesetzt werden.
Das Ausschleichen würde bei mir ja nicht lange dauern, ich nehme immer noch 2 x 10 mg und abends öfters noch eine dritte Tablette, also 20-30 mg. Ich müsste das nicht sofort machen, aber schrittweise angehen. Begründung: In der Therapie soll gelernt werden, wie man ohne Medikamente mit Craving umgehen kann.

Gut finde ich dass ich die Therapie (Ein Einzel und eine Gruppe pro Woche) auch in einem anderen Stadtteil machen kann, so dass ich das Risiko umgehen kann, Arbeitgebern, Kollegen oder Klienten ständig über den Weg zu laufen.

Also der Antrag müsste noch abgeschickt werden an den Rentenversicherungsträger, inkl. Arztbrief von meinem Hausarzt, aber die Einrichtung gibt grünes Licht. Einen Platz ab bis Ende des Jahres stellen sie in Aussicht.

Übermorgen ist auf meiner Arbeit eine Betriebsfeier, auf der auch Cocktails und Sekt ausgeschenkt werden. Mich macht das ein kleines bisschen ärgerlich, dass ich ja keine andere Wahl habe, als mich mit dem Suchtmittel konfrontieren zu lassen. Es ist Arbeitszeit, unsere Einrichtung lädt ein. Anstrengend wird es eh, ich hoffe dass die Allgegenwärtigkeit von Alkohol mich nicht noch zusätzlich stresst, wird es aber vermutlich.
Ich habe aber nicht vor eine Ausnahme zu machen. Das stünde in keinerlei Verhältnis. Eine rauschende Nacht mit besten Freunden ... das wäre eher ein Anlass für eine Ausnahme, wenn überhaupt. Aber ich breche nicht meine Abstinenz ab wegen so einem blöden Pflichttermin. Krankmelden werde ich mich aber auch nicht.

Letzten Samstag bin ich (eigentlich war es viel zu heiss) wie ein Irrer Rad gefahren. Meine App sagte ich habe über 30km zurückgelegt. Das war recht viel dafür dass ich keine Kondition mehr habe. Ich überlege das nächsten Samstag zu wiederholen, aber etwas weniger weit raus.

Grüße, bis bald
kapuze2


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Donnerstag 5. September 2019, 01:03 
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Moderator

Registriert: Mittwoch 23. November 2011, 14:56
Beiträge: 1154
Hallo Kapuze,

wegen einer läppischen Dienstfeier wirst du dir die Butter bestimmt nicht vom Brot nehmen lassen; wer weiß, vielleicht nötigt dein konsequentes Nein dem einen oder der anderen sogar Respekt ab und er/sie wird selbst nachdenklich.

Dass du für die Reha Baclofen absetzen sollst, halte ich für einen typischen therapeutischen Fehlgriff aufgrund fehlenden Wissens. Aber wenn’s denn sein muss... In der Reha selbst dürfte die Rückfallgefahr aber ohnehin gering sein, und für die Zeit danach spricht ja nichts dagegen, unterstützend wieder auf Baclofen zurückgreifen.

Weiterhin alles Gute, du machst das großartig!

Herzlich grüßt
Dieter

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Du brauchst keine Angst zu haben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Donnerstag 5. September 2019, 01:08 
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Moderator

Registriert: Mittwoch 23. November 2011, 14:56
Beiträge: 1154
... oder du nimmst Baclofen einfach weiterhin und setzt dich über diese Vorgabe hinweg? Manchmal braucht es ein bisschen Mut zum Ungehorsam, v.a. wenn es der Stabilisierung dient...

Super mit dem Radeln! Bisschen auspowern ist immer gut!

LG
Dieter

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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Donnerstag 5. September 2019, 11:34 
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Registriert: Freitag 17. September 2010, 19:08
Beiträge: 1949
Wohnort: Giessen
ich finde es sehr schade dass Baclofen nicht akzeptiert wird, so ist es:
Zitat:
Dass du für die Reha Baclofen absetzen sollst, halte ich für einen typischen therapeutischen Fehlgriff aufgrund fehlenden Wissens.


LG j.

_________________
"In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst."
Marcus Aurelius


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Donnerstag 5. September 2019, 22:03 
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Registriert: Mittwoch 15. Mai 2019, 23:06
Beiträge: 22
Ich würde mich im Zweifelsfall tatsächlich darüber hinwegsetzen. Heute habe ich Baclofen gefühlt "gebraucht" bzw. hatte keine Gelegenheit eine zweite Dosis zu nehmen und das als sehr unangenehm empfunden. Morgen, bei der Betriebsfeier, halte ich Baclofen auch für eine Stütze. Wünscht mir Glück dass ich den Tag gut überstehe. Muss um 9 Uhr auf Arbeit sein, das Fest beginnt um 13 Uhr und ab 17 Uhr der "inoffizielle Teil", wo dann auch die Gastgeber zu picheln beginnen dürften.


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Freitag 6. September 2019, 06:07 
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Registriert: Mittwoch 4. April 2012, 18:20
Beiträge: 343
Hallo Kapuze,
einen guten, kraftvollen, abstinenenten weiteren Tag wünsche ich dir vor allem heute !
Bleib bei dir und bleib dir treu. Ich denk´ an dich ....
Liebe Grüße von
Trudi

_________________
"Nicht die Sucht bekämpfen, sondern die Alternative leben!"

Ute Lauterbach


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Freitag 6. September 2019, 07:18 
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Registriert: Mittwoch 15. Mai 2019, 23:06
Beiträge: 22
Danke sehr Trudi. Zwei Dinge machen mir zusätzlich Hoffnung: Ein Kollege sagte er werde nichts trinken solange noch Gäste da sind, weil er niemanden mit einer Fahne ansprechen will. Und zwei Kolleginnen sagten dass sie während des "inoffiziellen Teils" so bald wie möglich abhauen möchten, weil langer Tag und ab da unbezahlte Arbeitszeit. Da ich zu den Gastgebern gehöre und nicht zu den Gästen wird mir wahrscheinlich vor 17 Uhr auch nicht ständig was angeboten.
Gibt halt viele Small Talk-Situationen und ich werde mir wahrscheinlich öfters unlocker vorkommen, wenn dann jemand mit einem Drink in der Hand mit mir redet. Aber heute abend ist die Situation überstanden.

Werde bis zu 3x 10mg Baclofen nehmen und nebenbei massig Cola light trinken.

Bis demnächst
kapuze2


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Freitag 6. September 2019, 12:09 
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Moderator

Registriert: Mittwoch 23. November 2011, 14:56
Beiträge: 1154
Hallo Kapuze,

Stärke zeigen heißt, die Plörre zu ignorieren.

Du schaffst das - für dich, deinen Weg, deine Perspektiven und deine Zukunft :daumen:

Liebe Grüße
Dieter

_________________
Du brauchst keine Angst zu haben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Freitag 6. September 2019, 21:38 
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Registriert: Mittwoch 15. Mai 2019, 23:06
Beiträge: 22
Es war vollkommen unmöglich abstinent zu bleiben. Auch meine Mitarbeiter griffen schon ab spätestens 16 Uhr (waren, wie ich, bereits seit 7 Stunden vor Ort) zu Bier oder Gin Tonic. Und es gehörte zum guten Ton noch zu bleiben, und unter den jungen Mitarbeitern verschiedener Filialen bildete sich ein feuchtfröhliches Zusammensein um die Gin Tonic-Mixing-Stelle. Ich hätte flüchten müssen.
Ich blieb da und hab mitgetrunken. Und ich war ab dem ersten Drink schon betrunken, was mich nur noch mehr verunsicherte. Also ich hatte keinen Spass. Die Wechselwirkung mit Baclofen (hatte bereits 20 mg genommen) erhöht ja auch nicht den Spassfaktor.
Bin nach ca. 11 Stunden vor Ort (!!!) abgehauen, als 2. Person meines Teams, also vergleichsweise früh, also erst um 20 Uhr (!), als sich die Restcrowd der Party in einen Kreis in einem Raum versammelte. Das wurde mir dann endgültig zu klaustrophobisch und ich habe mich bereits schwummrig gefühlt.

Meine Freundin, der ich auf dem Rückweg am Handy alles erzählte, ist jetzt zurecht sauer. Sauer weniger auf, sondern stellvertretend für mich wohlgemerkt, meine Abstinenzabsicht ist keine Forderung von extern.
Mir selber möchte ich aber gar nicht allzu große Vorwürfe machen. Ich bleibe bei meinem Gesamtplan.
Innerlich habe ich mir ohnehin, auf lange Sicht, eine Abstinenz von "nur" mindestens 90% versprochen. Umgerechnet würde das immerhin bedeuten dass ich 36,5 Tage im Jahr was trinken "darf". Das Entscheidende ist dass der Regelfall Abstinenz wäre. Ein Bier zum Mittagessen oder ein Wein zum Abendessen wäre debiler Wahnsinn und ist vollkommen illusorisch. Der minimale Unterhaltungswert steht in keinem Verhältnis zu dem Trouble den das auslöst.
Aber es gibt auch andere Situationen sozialer Art wo eine Kapitulation sinnvoller erscheint, also ein bewusstes Ausnahme-Machen. Vorausgesetzt dass das halbwegs guten Gewissens und in einer stabilen Gesamtsituation passiert.
Der heutige Tag war allerdings kein Beispiel dafür. Am liebsten wäre es mir gewesen wenn ich gar nicht erst in die Situation geraten wäre.
Hab mir am Kiosk jetzt noch 4 Bier gekauft. Vor Ort habe ich meiner Erinnerung nach 2 Bier und einen Gin Tonic getrunken.

Sollte es eine Weihnachtsfeier geben: Entweder habe ich bis dahin ein halbwegs gesundes On/Off-Verhältnis (also kontrolliertes Trinken im Sinne von wenigen Ausnahmen alle paar Wochen) oder aber ich schwänze das diesmal einfach.
Insgesamt war es heute zu früh und ursprünglich zu ungewollt als dass ich das für okay oder wiederholungswert erachten würde.
Ich werde die Tage berichten wie es weiterging.

Ich kann niemandem vorschreiben was er denkt oder hier schreibt: Aber es ist doch so dass die Zukunft auch nach so einem Vorfall (im sucht-theologischen Gebrauch eindeutig eher Rückfall) noch nicht geschrieben ist. Ich habe seit ca. 2 Jahren versucht abstinent zu werden, immer wieder mit ambulanten Entgiftungen und eher kurzen Zeiträumen von Abstinenz. So weit wie jetzt war ich aber noch nie. Ich bekomme es hin dass es wieder etwas weniger wacklig wird.
Was mit solchen Rückschlägen eben nicht möglich ist: Eine therapeutische Entwicklung, z.B. die Bearbeitung von Fragen warum ich mich denn z.B. schon vorher so unwohl in meiner Haut fühle, dass ich das meine mit Alkohol ausgleichen zu müssen. Um so näher der letzte Alkoholkonsum ist um so schwerer ist es möglich das ernsthaft zu untersuchen. Was die Qualität der Bearbeitung solcher Fragen innerhalb einer Therapie angeht bin ich aber schon länger etwas resigniert. Ich erwarte auch von der möglichen ambulanten Reha nicht wirklich genug Hilfe, denn sie könnte die Forschungen auch verdecken, wenn es immer nur um Suchtdruck geht, den ich ja gar nicht als solchen erlebe. Ich vermute dass ich Monate lang trocken sein kann und trotzdem Angst und Dissoziationen haben würde. In der Regel führt das auch gar nicht unbedingt zu Bock auf Bier. Erstmal zu einem Raus aus der Situation, aus Überforderung. Zu dem Wunsch zu korrigieren was nicht stimmt. Rückzug, vielleicht ein bisschen Regression. Bier und Alkohol ist eher das Ergebnis vom Scheitern von Alternativen. Der kürzeste Weg, aufgeben, Ruhe im Karton. Also Mist.
Trotzdem geht die Welt nicht unter da ich heute tatsächlich im Suffloch ende.

Ich danke Euch für diese Möglichkeit der sanften, bedingungslosen und freiwillig gewählten sozialen Kontrolle, dass ich Euch berichten kann wie es weitergeht.
Dass ich meine Radtour morgen schaffe halte ich leider für unwahrscheinlich, aber ich werde wohl die praktischen Dinge, die ich damit verbinden wollte (Hosenkauf, Bücherabgabe in der Bibliothek) trotzdem erledigen. Morgen abend erneut mit einem Bier vor dem Computerbildschirm zu sitzen würde ich mir nicht auf Anhieb verzeihen. Außer Baclofen habe ich zur Not noch meine Entgiftungs-Medikamente hier.

Update sehr bald, nüchtern

Euer
kapuze2


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 Betreff des Beitrags: Re: Auszug aus dem Suffloch
BeitragVerfasst: Samstag 7. September 2019, 11:20 
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Moderator

Registriert: Mittwoch 23. November 2011, 14:56
Beiträge: 1154
Hallo Kapuze,

danke für diese ausführlichen Zeilen und deine Ehrlichkeit und Offenheit. Das kann ich gut nachvollziehen, dass du in eine sehr schwierige Situation geraten bist und du keine Möglichkeit mehr gesehen hast, den Abend ohne Alkohol zu überstehen. Die aktive Entscheidung, das Glas zu trinken, nimmt dir jedoch niemand ab. Die triffst du selbst.

Und du selbst bist es, der abwägen muss, wie er mit Alkohol umgehen will. Als Highlight mit Freunden, eher selten? Funktioniert vielleicht. Als Mittel, das sich wieder in den Alltag einschleicht? Führt vermutlich schnell und dauerhaft wieder ins Suffloch.

Rein verhaltenstherapeutisch wäre meine Empfehlung, Situationen zu meiden, die dich zum Alkohol führen, obwohl du "es" gar nicht willst. Es sei denn, du willst "es" eigentlich doch. Dann ist auch der Trinkwunsch schon eine Art von Entscheidung.

Wichtig wäre in meinen Augen, dass du dem Suff die Hintertür schließt und ihn, wenn wirklich gewollt, nur gelegentlich durch die Vordertür hineinlässt und ihn danach auch gezielt wieder rauswirfst. Sonst wird die Hintertür schnell wieder zur Falltür ins Suffloch.

Viel Kraft und gute Gedanken...! :-h

Herzlich grüßt
Dieter

_________________
Du brauchst keine Angst zu haben.


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