Baclofen Forum vs Alkoholismus

Hallo Zusammen,

erst einmal Danke an alle, die mit ihrem Einsatz für Baclofen, den Berichten aus ihrem Alltag und auch mit Infos aus ärztlicher Sicht, mit wissenschaftlichen Fakten und guten Übersetzungen ausländischer Artikel und Studien dieses Forum möglich gemacht haben. Meiner Ansicht nach konnte ich mich hier umfassender und fundierter informieren als irgendwo anders.

Zu mir: es gibt bei mir eine genetische Disposition zum Alkohol mit zahlreichen Alkoholproblemen im engsten Familienkreis. Ich selbst bin 20 Jahre nie ohne Depressionen, Ängste und Alkhol durch das Leben gegangen. Den Alkoholkonsum habe ich aber im Griff gehabt, den Drahtseilakt immer irgendwie bewältigt. 2008 war für mich ein Krisenjahr, ich verlor den Job (unverschuldet), dazu Liebeskummer und finanzielle Probleme und dann Hartz4. Die Folge war Verlust des Lebensmuts und der Selbstachtung, Kontrollverlust über den Alkohol und Selbstisolation.

Es hat lange gedauert bis ich wieder kämpfen wollte. Aber mit dem Rücken zur Wand gibt es eh nur noch den Weg nach vorne. Seit Juni 2012 bin ich wieder in Zeitarbeit beschäftigt, mit sehr guten Chancen Ende 2012 von der Firma übernommen zu
werden. Einen Teil der Kontrolle über den Alkohol habe ich wiedergewonnen. Beruflich funktioniere ich wieder, allerdings bin ich viel seltener als vor dem Absturz 2008 in der Lage, am Alkoholregal vorbeizugehen. Ich kämpfe weiter mit Ängsten, bin mir aber stärker denn je bewusst, diese mit Alkhol nicht wirksam bekämpfen zu können. Ich suche nach anderen, besseren Wegen.

Ich mag das Lebensgefühl, nüchtern zu sein, den Kopf frei zu haben für die eigentlichen Probleme. Ich liebe es, nach 1 Woche Abstinenz mich einfach nur gut zu fühlen, ohne Alkohol schlafen zu können, ohne Alkohol nicht in Selbstmitleid zu versumpfen. Ich fürchte die Hassliebe zum Alkoholregal nach 2 Wochen Abstinenz, wenn ich die guten Wochen wieder gegen die hochprozentige Wahrscheinlichkeit eintausche, mich im Exzess 3 Tage gut und danach wieder 2 Wochen mit alkoholinduzierter Depression und Folgekonsum Scheisse zu fühlen.

Nachdem ich hier viel über Baclofen gelesen habe glaube ich, da ansetzen zu können. Nicht mit einer Pille gegen die Pulle, aber, basierend auf Erfahrungsberichten und wissenchaftlichen Fakten, mit einem grösseren Freiraum um den für mich
besseren Weg zu gehen.

Gruß

Shepard

Herzlich willkommen Shepard,

starke Worte für den Anfang, starke Motivation und Anlauf von ganz unten genommen. Du wärest nicht der erste der die Hürden so genommen hätte. Was ich vermisse ist die obligatorische Frage „woher bekomme ich Baclofen?“

Ohne den Dingen vorzugreifen, Du hast gute Karten für die Hausarztverschreibung, so wie jedenfalls ich es sehe. Angst, Depressionen (nicht nur postalkoholische) sind meist schnell verschwunden in den ersten Wochen und schon allein dadurch ist der Weg aus dem Alkohol bedeutend leichter. Die Gefühle die Du gerne hast und wieder möchtest, wirst Du aus einem ganz anderen Grundgefühl heraus, neu empfinden können. Das können Dir sicher viele hier bestätigen, es fühlt sich einfach gut an, fast wie ein Wunder. Im besten Fall wirst Du das Alkoholregal nicht mehr wiedererkennen.

LG Federico

Deine Zeilen haben mich sehr berührt. Da steckt das ganze Elend drin, aber auch wahnsinnig viel Power! Hut ab, vor dem, was Du schon geschafft hast und einen guten Start mit Baclofen.

Hallo Shepard

und herzlich willkommen im Forum.

Durch Deine Zeilen schimmert für mich bereits die mögliche Lösung durch eine Baclofen-Therapie.

Meines Erachtens könnte dieses Medikament den Freiraum schaffen, dass Du die Möglichkeit hast den Weg zu erkennen. Einen Weg und die Lösung, welche schon lange in Dir verborgen sind. Bac kann sie wie eine Offenbarung freilegen. Es liegt dann an Dir, diesen Weg einfach noch zu gehen. Zu diesem Schritt bist Du bereit, dies spüre ich.

Ich wünsche Dir einen guten Start. Melde Dich jederzeit, wenn Fragen auftauchen.

LG moonriver

Danke für das liebe Willkommen und die Aufmunterungen. Und auch für die Infos die ich per PN bekommen habe.

Vielleicht kann ich ja bald Erfreuliches über die ersten Schritte berichten.

Heute habe ich den ersten Termin beim Arzt gehabt. Dank der Hilfe von Federico habe ich einen prima Arzt erwischt der über einige Erfahrung mit Baclofen verfügt. Die Blutwerte waren erfreulicherweise ebenfalls gut, auf den Alkohol habe ich seit einer Woche verzichtet und hoffe, dass das so lange wie möglich so bleibt.

Ich habe den Fuss in der Tür zu einem anderen Leben. Ein Leben durch das ich nicht wanke sondern gehe, auch wenn ich das Gehen vielleicht erst wieder lernen muss. Die Hoffnung darauf, den klaren, nüchternen Blick auf mich selbst ertragen zu können, oder noch besser: was ich da sehe anzunehmen und weiterzuentwickeln. Aus den drei W (Wodka, Wein und Whisky) drei V zu machen (Verstehen, Verzeihen und Verbessern).

Eine grosse Aufgabe für so eine kleine Baclofenpille, aber sie hat einen starken Verbündeten ... mich. Den Alkohol kenne ich gut genug um damit aufzuhören. Es ist Zeit, mich besser kennenzulernen und mit einem neuen Leben anzufangen.

Wunderschöne Worte für den Start in ein neues Leben! Wer das so kraftvoll formulieren kann kriegt es auch gebacken.
Einen guten Behandlungsstart für den starken Verbündeten der kleinen Pille

Hallo Shepard

Eindrücklich formuliert! Du hast wirklich in jeder Beziehung eine ideale Startposition.
Wir halten Dir alle die Daumen.

Ich wünsche Dir von Herzen einen erfolgreichen Beginn.

LG moonriver

Nach knapp 2 Wochen Baclofen und 3 Wochen ohne Alkohol kann ich ein kleines Fazit ziehen. Es fällt positiv aus, der Alkohol fehlt mir nicht.

Mit dem Alkohol aufzuhören fiel mir immer relativ leicht, aber es nicht wieder anzufangen habe ich bisher nicht geschafft. Wie bei vielen von uns hier im Forum. Ich fühle, dass Baclofen dieses Problem deutlich abfedert.

Meine Dosierung bisher nach Absprache mit Arzt, 1. Woche : 0, 0, 12,5 / 12.5, 0, 12,5 / dann 5 Tage 3 x 12.5mg. 2. Woche 12.5, 12.5, 25 und 25, 12.5, 25, Rest der Woche 3 x 25mg.

Schnapsabteilung im Supermarkt?
Da habe ich aufmerksam in mich reingehorcht. War gar kein Problem, habe ich souverän durchschritten ohne irgendetwas zu kaufen.

Jim Beam, Sonderangebot im Ständer vor der Tiefkühltruhe?
Jaja, wenn man nicht ständig auf sich aufpasst ... ganz instinktiv und unwillkürlich ans Zugreifen gedacht. Nach ein paar Sekunden war es wieder vorbei

Suchtverlagerung?
Tja, sonst eigentlich rauchen, essen, pokern, surfen. Habe mich aber ganz gut im Griff.

Bei extremem Stress?
Es waren beschissene Tage dabei, da hätte ich mich abends gerne ausgeknipst, auch wenn kein Craving da war.

Standhaft geblieben?
Ja, Gott sei Dank. Und es ist mir weit weniger schwer gefallen als sonst. Es fehlen zwar die positiven Eigenschaften von Alkohol, aber es fehlt auch der Rattenschwanz an negativen Wirkungen .... wunderbar !!!

Die grössten Sorgen habe ich mir um meine Leistung am Arbeitsplatz gemacht. Konzentrationsschwächen und Müdigkeit gehen da gar nicht. Um die Leistungsfähigkeit zu unterstützen habe ich Baclofen mit einem hochdosierten Vitamin-B Präparat ergänzt, dazu mit Magnesium aus der Apotheke.

Ich fühle mich insgesamt stressresistenter und relaxter. Sobald ein wenig Anspannung da war hatte ich auch kaum Probleme mich zu konzentrieren. Den Alltagstest hat Baclofen jedenfalls bestanden. Ich fühle mich jedoch häufig müde, liege oft im Bett und irgendwie fehlt mir der richtige "Drive".

Wer hat noch Tips hat was man gegen die Müdigkeit tun kann (ausser Sport, ich bin eine faule S .... ocke) ? Ausserdem würde mich interessieren, ob es Erfahrungen mit Baclofen als Medikament bei akkuten Suchtanfällen gibt ohne es dauerhaft einzunehmen. Macht es Sinn, es erst dann zu nutzen wenn der Suchtdruck kommt?

Hallo Shepard,

zu deiner letzten Frage: Baclofen ist keinesfalls ein Notfallmedikament gegen craving, wenn es soweit kommt. Die Wirkungsentfaltung des Medikamentes dauert Tage.
Die konsequente Einnahme des Medikamentes "FÜHRT zu einer" -""BEDINGT eine "-"ERMÖGLICHT eine" veränderte(n) Lebenseinstellung. Rückspiegelnd ist das jedoch für mich besser als unter alk. Man wir dünnhäutiger - man kann sich auch selbst nicht mehr die Taschen volllügen -das ist alles sehr viel ehrlicher als vorher!!!!!!!!

LG Aspino