Deutschland – Frankreich
In Frankreich nimmt man das Ergebnis der deutschen Baclofen-Studie mit einem
lachenden und einem weinenden Auge, also mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis.
Die Berliner Studie ist mit dem Ziel Abstinenz zu erreichen und zu halten, im Vergleich
mit der Placebogruppe überzeugend ausgefallen. Man weiß also, Baclofen wirkt gut –
Placebo wirkt signifikant weniger gut. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten trotz
hoher Dosis (ø 180 mg/d) bis auf die bekannte Müdigkeit bei Baclofen nur in geringem
Umfang auf. In der Placebogruppe waren es ebenfalls deutlich weniger UAW.
Obwohl nur 56 Patienten an der Studie teilgenommen haben hat sie gezeigt,
dass Wirksamkeit und Verträglichkeit von Baclofen allen anderen Arzneimitteln
wie Acamprosat, Naltrexon, Nalmefen, Topiramat weit überlegen ist.
Der Sinn einer Baclofen-Therapie wird in Frankreich nicht im „bloßen Durchhalten der Abstinenz“
gesehen, man will das „Desinteresse“ an Alkohol erreichen. Ob ein Patient Abstinenz anstrebt,
weniger konsumieren möchte oder zu einem durchschnittlichen Trinkverhalten zurückfinden
will, überlassen französische Ärzte in erster Linie den Patienten und ihren individuellen
Ansprüchen an die Lebensqualität.
Philippe Jaury, Facharzt für Abhängigkeit (addictologue) und Professor an der medizinischen
Fakultät der Universität Paris Descartes, Leiter der multizentrischen Studie „Bacloville“ mit
320 Patienten, deren Ergebnisse gegen Mitte 2015 erwartet werden, bringt es auf den Punkt:
„Baclofen hat das Leben von vielen alkoholabhängigen Patienten verändert, sie haben das
Interesse an Alkohol verloren. In hohen Dosen hilft Baclofen den Alkoholkonsum zu reduzieren,
sogar abstinent zu werden.“
In die Zukunft gedacht
Nach Veröffentlichung der beiden französischen Studien, „Bacloville“ und „Alpadir“ mit
zusammen 640 Patienten, wird man mit einer europäischen Zulassungserweiterung bis
Ende 2015 rechnen können. Die bisher von vielen Ärzten aus nachvollziehbaren Gründen
abgelehnte „off-label“ Verschreibung würde dann in Deutschland obsolet werden. Bliebe
noch die Frage der Kostenerstattung die der G-BA zu entscheiden hat. Die Kosten sind
überschaubar und mit Baclofen ist, wie wir jetzt wissen,
sogar Abstinenz erreichbar. Unsere zentrale Forderung war seit 2011
* die Implementierung einer optionalen Behandlung
der Alkoholkrankheit mit Baclofen in den medizinischen Alltag – auch unter dem Aspekt der
Rückfallprophylaxe. Dieses Ziel könnte schon in naher Zukunft erreicht werden.
LG Federico
*Nachzulesen in der Blackbox Volume 1, S. 15, Ziel: