Patrick Hollstein, Mittwoch, 15. Juni 2011, 12:22 Uhr
Berlin - Alkoholiker könnten in Zukunft ihre Sucht mit der Einnahme einer Tablette bekämpfen. Der dänische Pharmakonzern H. Lundbeck will noch in diesem Jahr die Zulassung für sein Medikament Nalmefene beantragen. Der Wirkstoff, der in den USA bis vor einigen Jahren zur Bekämpfung der Sucht bei Drogenabhängigen eingesetzt wurde, wirkt Studien zufolge akut gegen Alkoholismus.
Lundbeck hatte drei Phase-III-Studien mit insgesamt 2000 Probanden durchgeführt. Untersucht wurde die Wirkung von Nalmefene anhand verschiedener primärer und sekundärer Endpunkte, darunter der Gesamtkonsum an Alkohol, die Häufigkeit exzessiven Trinkens, das Ansprechen auf Maßnahmen zur Reduktion sowie die Wirkung auf Abhängkeitssymptome und klinische Parameter.
Auch wenn nach Konzernangaben nicht zu jeder Zeit alle Kriterien erfüllt wurden, zeigte Nalmefene eine starke Wirkung bereits innerhalb des ersten Monats der Behandlung und führte nach sechs Monaten zu einer Reduktion des Alkoholkonsums um 50 Prozent. Bei Bedarf wurden 20 Milligramm gegeben; die Probanden mussten nicht komplett abstinent sein.
Hier sieht Lundbeck das größte Potenzial: Ein oral anzuwendendes Arzneimittel, das nur bei Bedarf zum Einsatz kommt und keine Abstinenz erfordert, werde von Experten als wertvolle Therapieoption eingeschätzt, so der Konzern. Innerhalb des Beobachtungszeitraum seien keine Probleme aufgetreten, zu den reversiblen Nebenwirkungen zählen Schwindel, Übelkeit und Schlaflosigkeit.
Nalmefene ist ein Ligand an Opioid-Rezeptoren mit antagonistischer Wirkung am µ- und δ-Subtyp sowie partiell agonistischem Effekt am κ-Subtyp. Der Wirkstoff war in den 1980er Jahren durch die US-Firmen Key, Ivax und Baxter entwickelt worden. 1998 sicherte sich das finnische Biotech-Unternehmen Biotie die Rechte und begann mit der klinischen Erforschung des Wirkstoffs bei Alkoholabhängikeit. 2006 schloss die Firma einen Vertrag mit Lundbeck, nach dem die Dänen für Zulassung, Produktion und Vertrieb zuständig sind. Der Patentschutz läuft in diesem Jahr aus, Lundbeck will vom zehnjährigen Datenschutz profitieren.
In Deutschland sind zur Behandlung der Alkoholkrankheit beziehungsweise der Entzugsymptome bislang Campral (Acamprosat, Merck Serono), Adepend (Naltrexon, Desitin), Antabus (Disulfiram, Nycomed) und Paracefan (Clonidin, Boehringer Ingelheim) zugelassen.
Zum Einsatz kommen außerdem das Muskelrelaxans Baclofen sowie Antidepressiva.Quelle:
http://www.apotheke-adhoc.de/Nachrichte ... 15514.htmlMeine Meinung:
Man darf gespannt sein wie hoch die Kosten für die Monatsbehandlung sein werden. Vermutlich im Bereich des Vorgängers, Naltrexon bei ca. 130 EURO pro Monat. Ausgehend von einer 50%igen Reduzierung an Alkohol wird da schnell eine einfache Rechnung aufgemacht, vor allem dann, wenn die unerwünschte Wirkung Schlaflosigkeit eintritt. Die Marktchancen werden von Lundbeck mit ca. 330 Mio €uro beziffert, damit dürften sie wohl richtig liegen. Wer zukünftig das zweifelhafte Vergnügen eines klinischen Entzugs genießen darf, wird zwangsläufig mit dem neuen Wundermittel konfrontiert werden, so ist es gedacht. Die Wirksamkeit spielt dabei keine Rolle, sie wird vermutlich ähnlich schlecht sein wie die des Vorgängers. Kurzfassung des Arzneimitteltelegramms:
Die Wirksamkeit von Naltrexon im Hinblick auf eine längerfristig anhaltende Abstinenz ist nicht belegt. Wir raten von der Einnahme nach Alkoholentzug ab. http://www.arzneitelegramm.de/html/2011 ... 04_01.htmlLG Federico