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Federico
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Betreff des Beitrags: Kein Alkohol ist auch keine Lösung Verfasst: Mittwoch 24. August 2011, 20:25 |
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Gründer † |
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
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Dass laut britischen Medien die Familie von Amy Winehouse einen abrupten Stopp des Alkoholkonsums als Auslöser des Todes der Sängerin vermutet, mag zunächst überraschen. Aber so abwegig, wie sie auf den ersten Blick möglicherweise erscheint, ist die Vermutung nicht: Erste Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung des Leichnams der 27-Jährigen liegen bereits vor, die exakte Todesursache wird allerdings erst nach Abschluss der Untersuchungen im Herbst bekannt sein. Die Vermutung der Winehouse-Angehörigen, die junge Frau sei nicht an einer Intoxikation gestorben, sondern an den Folgen eines plötzlichen Alkohol-Entzugs, ist durchaus ernst zunehmen - mehr als eine jener Spekulationen, die in solchen prominenten Fällen fast üblich sind. Denn der plötzliche Entzug einer Droge ist für Suchtkranke, also auch für Alkoholkranke, eine enorme Belastung, die Risiken in sich birgt. Der Alkoholentzug sollte daher stets unter ärztlicher Kontrolle stattfinden, erklärt unter anderen Dr. Harry Haroutunian, ärztlicher Direktor des „Betty Ford Center“ in Rancho Mirage, das auf die Behandlung von Suchtkranken spezialisiert ist.
Besonders gefürchtet: das Delirium tremens Auf den Alkohol-Entzug reagiert der Organismus kompensatorisch mit der Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern wie Serotonin, Adrenalin und Dopamin; es kommt zu einer verstärkten Sympathikus-Aktivierung. Klinische Symptome des sogenannten „Alkohol-Entzugssyndroms“ können innerhalb weniger Stunden bis Tage nach dem letzten Alkohol-Konsum auftreten. Dazu zählen Symptome wie Schlafstörungen, Tremor, kardiale Palpitationen, Übelkeit und Schwitzen bis hin zu Halluzinationen und Herzrhythmusstörungen. Auch Krampfanfälle treten in der Regel innerhalb von 24 bis 72 Stunden nach dem letzten Drink auf, sind aber sogar noch zehn Tage danach möglich, sagt der Sucht-Experte Professor James C. Garbutt von der Universität von North Carolina. Welche Rolle die endotheliale Dysfunktion spielt, die nach Untersuchungen von Forschern der Universität Jena beim Entzugssyndrom auftritt, ist derzeit noch unbekannt. Besonders gefürchtet ist das Delirium tremens (DT), das meist innerhalb von zwei bis vier Tagen nach dem letzten Alkoholkonsum auftritt.
Zum Vollbild eines Delirium tremens komme es bei rund fünf Prozent der Patienten, die ein Entzugssyndrom entwickeln und nicht behandelt werden, berichten die beiden Professoren Falk Kiefer und Karl F. Mann vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in einer „Übersichtsarbeit“. Die typischen Symptome sind Halluzinationen, meist optische, Verlust der Orientierung, Grand-mal-Anfälle, Störungen des Bewusstseins und psychomotorische Hyperaktivität. Wird behandelt, ist die Prognose mit einer Letalität von zwei Prozent allerdings „relativ günstig“. Dennoch: Erleiden Alkohol-Kranke ein Entzugssyndrom, ist dies nicht nur eine akute Gefahr; es verschlechtert nach einer aktuellen spanischen Untersuchung auch die Langzeit-Überlebensprognose. Hinweise auf ein erhöhtes DT-Risiko sind laut dem Toxikologen Dr. Florian Eyer und seinen Kollegen der TU München ein niedriges Serum-Kalium, eine Thrombozytopenie und vor allem strukturelle Hirnläsionen („Alcohol and Alcoholism“). Besonders gefährdet sind nach aktuellen Daten von Forschern aus Taiwan Alkohol-Kranke mit besonders niedrigen Serum-Konzentrationen des „Brain Derived Neurotrophic Factor“ (BDNF), der bei der Alkoholkrankheit eine wichtige Rolle spielen soll.
Alkohol-Entzug nicht ohne ärztliche Begleitung Die Behandlung der Patienten setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen; die sogenannte „Entgiftung“ ist dabei neben der Rückfall-Prophylaxe und den wichtigen psychotherapeutischen Interventionen nur ein Element. Wie wird nun „entgiftet“? Die Vorgehensweise ist abhängig von der Schwere der Erkrankung und davon, ob sie ambulant, stationär oder teilstationär erfolgt. Einigkeit besteht unter Sucht-Experten auf jeden Fall darin, dass der Entzug unter ärztlicher „Überwachung“ stattfinden sollte. Nach Angaben von Professor Charles P. O'Brien, leitender Sucht-Forscher am „University of Pennsylvania's Center for Studies in Addiction“, ist der erste Schritt natürlich eine vollständige medizinische Untersuchung. Basistherapeutische Maßnahmen sind zusätzlich zur ärztlich begleiteten Reduktion des Alkohol-Konsums die Gabe von Flüssigkeit, Elektrolyten und B-Vitaminen, vor allem von Thiamin zur Prophylaxe einer Wernicke-Enzephalopathie.
Alpha-2-Agonisten zur Sympathikusdämpfung Die pharmakologische Behandlung ist laut Kiefer und Mann bei etwa einem Drittel der Patienten erforderlich. Einen wichtigen Stellenwert haben zentral wirksame α2-Agonisten zur Dämpfung der übermäßigen Sympathikusaktivität. Eine auch in den deutschen Leitlinien aufgeführte etablierte Substanz ist das Clonidin. Eine mögliche Option sei auch der hochselektive α2-Agonist Dexmedetomidin, schreibt der Pharmakologe Professor Andrew J. Muzyk von der „University School of Pharmacy and Health Sciences“ in Durham in den „Annals of Pharmacotherapy“. Der Nutzen beim Alkohol-Entzug sei allerdings noch in weiteren Studien zu belegen. Dies gilt auch für das Muskelrelaxans Tizanidin, ebenfalls ein zentral wirksamer α2-Agonist, der möglicherweise nicht allein für die Entzugs-Behandlung, sondern auch für die Rückfall-Prophylaxe geeignet sein könnte, meint der libanesische Psychiater Dr. R. Bou Khalil („Saint Joseph University“ in Beirut) in den „Medical Hypotheses“. Benzodiazepine: „derzeit noch das Beste“ Längst einen festen Stellenwert haben außer dem bekannten Clomethiazol auch die Benzodiazepine. Nach einer Analyse der „Cochrane Collaboration Group“ vom Juni dieses Jahres schützen sie eindeutig vor Krampfanfällen und sind möglicherweise auch Neuroleptika überlegen. Allerdings gebe es noch zu wenige Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit, um ein definitives Urteil über diese Präparate für die Alkohol-Entzugsbehandlung fällen zu können. Die Benzodiazepine, etwa Lorazepam und Oxazepam, seien derzeit aber noch das Beste, was wir hätten, sagt O'Brien. Auch für Baclofen gibt es laut einer anderen Cochrane-Analyse Hinweise auf einen Wirksamkeit gegen die Entzugssymptome. Die Belege reichten aber noch nicht aus, um den Wirkstoff zur Entzugs-Behandlung zu empfehlen. O‘Brien: „Es wirkt, aber nicht besser als Benzodiazepine. Es gibt vieles, das wirkt, aber die besten Belege gibt es immer noch für die Benzodiazepine.“ Ist eine Pharmakotherapie zur Minderung der Entzugssymptome und zur Anfallsprophylaxe notwendig, liegen laut Kiefer und Mann gute Erfahrungen über eine Kombinationsbehandlung mit dem Neuroleptikum Tiaprid sowie dem Antikonvulsivum Carbamazepin vor. Nach vorläufigen Daten von Dr. Christian A. Müller und seinen Kollegen von der Charité und der Uniklinik Essen könnte bei ambulanten Patienten auch die Kombination von Tiaprid mit Levetiracetam eine wirksame und sichere Option sein. Die Daten müssten aber noch bestätigt werden, schreiben Müller und seine Mitautoren im „Journal of Addiction Medicine“. Ein festen Platz in der medikamentösen Rückfall-Prophylaxe haben seit Jahren der Glutamatmodulator Acamprosat und der Opioidantagonist Naltrexon.
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
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praxx
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Betreff des Beitrags: Re: Kein Alkohol ist auch keine Lösung Verfasst: Freitag 26. August 2011, 23:26 |
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Registriert: Montag 22. März 2010, 14:32 Beiträge: 485 Wohnort: Oberhausen
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Zum toll wirksamen Acamprostat habe ich die folgende Review gefunden: The researchers reviewed data from 24 randomised controlled trials, considered the gold standard for clinical studies. Altogether these trials involved 6,915 alcohol dependent patients who were also undergoing psychosocial therapies. Acamprosate prevented relapse in one in every nine patients who had stopped drinking and increased the number of days patients spent not drinking by an average of three days a month. The researchers showed that the risk of a patient on acamprosate returning to drinking was 86% of that of a patient who took a placebo instead. Diarrhoea was the only side effect that was more frequently reported under acamprosate than placebo. Übersetzung: Die Prüfer (der Cochrane-Collaboration) untersuchten die Daten von 24 randomisierten, placebokontrollierten Studien, als Goldstandard klinischer Studien anerkannt. Zusammen schlossen diese Studien 6.915 alkoholabhängige Patienten ein, die sich auch einer psychosozialen Therapie unterzogen. Acamprostat verhütete bei einem von neum Patienten, die das Trinken beendet haten, und steigerte die Zahl der abstinenten Tage im Durchschnitt um 3 Tage pro Monat. Die Untersucher zeigten, dass das Rückfallrisiko unter Acamprostat 86% gegenüber Placebo beträgt. Die einzige gegenüber Placebo vermehrt berichtete Nebenwirkung waren Durchfälle.
Eine "Erfolgsquote" von 12% hinsichtlich der Abstinenz und eine Minimale Steigerung der abstinenten Tage genügen also für "einen festen Platz in der medikamentösen Rückfallprophylaxe"
Ich wäre sehr gespannt auf eine randomisierte Vergleichsstudie Acamprostat vs. Baclofen...
LG
Praxx
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Federico
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Betreff des Beitrags: Re: Kein Alkohol ist auch keine Lösung Verfasst: Freitag 26. August 2011, 23:50 |
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Gründer † |
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
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Zitat: Eine "Erfolgsquote" von 12% hinsichtlich der Abstinenz und eine Minimale Steigerung der abstinenten Tage genügen also für "einen festen Platz in der medikamentösen Rückfallprophylaxe" @Praxx, ich frage mich schon länger wie seriös derartige Metastudien eigentlich sind und vor allem, wer finanziert sie eigentlich.? LG Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
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Federico
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Betreff des Beitrags: Re: Kein Alkohol ist auch keine Lösung Verfasst: Donnerstag 27. Oktober 2011, 10:51 |
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Gründer † |
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
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Todesursache ermitteltAmy Winehouse starb an Alkoholvergiftung. Nach wochenlangen Spekulationen über die Todesursache von Amy Winehouse steht nun fest: Die britische Soulsängerin kam nicht durch einen Drogencocktail ums Leben, sondern hatte eine tödliche Menge Alkohol zu sich genommen. Offenbar ein tragischer Unfall: Nun veröffentlichte Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass die Musikerin vom Alkohol loskommen wollte. Gestern, fast auf den Tag genau drei Monate nach dem Tod der 27-Jährigen, wurden nun die Ergebnisse einer gerichtsmedizinischen Untersuchung öffentlich gemacht: Demnach starb die Musikerin an einer Alkoholvergiftung. Man habe festgestellt, dass Winehouse 416 Milligramm Alkohol pro 100 Milliliter Blut im Körper hatte, teilte die zuständige Untersuchungsrichterin, Suzanne Greenway, in London mit. Das entspricht einem Blutalkoholwert von 4,16 Promille. Zuletzt wollte sie offenbar von dem Rauschmittel loskommen und starb tragischerweise bei einem Rückfall. Das plötzliche und unerwartete Ableben der Musikerin sei „die nicht beabsichtigte Konsequenz von solch potentiell tödlichem“ Alkoholkonsum gewesen, sagte Greenway. Winehouse habe in den drei Wochen davor nichts getrunken. Der Untersuchungsausschuss bezeichnete den Tod als „Unglücksfall“. "Psychopharmaka trugen zu Tod bei"„Sie hat Librium genommen. Das ist ein Entspannungsmittel, das man Leuten gibt, die auf Entgiftung sind. Aber es erhöht die Gefahr von Krämpfen“, sagte Mitch Winehouse laut Daily Mirror dem US-Talkshow-Moderator Anderson Cooper. Amy habe bereits zuvor solche Zustände gehabt, einmal sei er selbst dabei gewesen. „Alles, was Amy tat, tat sie bis zum Exzess. Sie hat bis zum Exzess getrunken und sie hat bis zum Exzess entgiftet“. Amy Winehouse wurde mit dem Medikament Librium behandelt um den Alkoholentzug zu unterstützen. Librium ist ein Benzodiazepin wie z.B. Valium und unterdrückt die Entzugserscheinungen bei Alkoholentzug.Librium besitzt eine enorme Halbwertszeit von 36 bis zu 200 Stunden. Eine Woche nach Absetzen des Medikaments kann immer noch die Hälfte der Wirkung vorhanden sein. 4 Promille in Kombination mit einer signifikanten Menge eines Bezodiazepines sind tödlich, auch wenn eine sehr hohe Alkoholtoleranz vorhanden ist.Da Amy vor ihrem Tod bereits 3 Wochen trocken war, ist es nicht abwegig anzunehmen, dass sie vor ihrem Tod das Librium abgesetzt hat. http://en.wikipedia.org/wiki/ChlordiazepoxideInsofern schließe ich mich erneut der Aussage Olivier Ameisens an: „Abstinenz ist eine Tortour“. Im Fall von Amy Winehouse endete die Tortour tödlich. Und bitte lasst die Finger von Benzos, vor allem dann, wenn ihr zum „binge drinking“ neigen solltet, auch dann wenn euer Arzt es bereitwillig verschreibt. LG Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
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Federico
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Betreff des Beitrags: Re: Kein Alkohol ist auch keine Lösung Verfasst: Samstag 18. Juli 2015, 13:44 |
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
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Nachtrag: dieser Tage ist eine Dokumentation über Amy in den Kinos zu sehen. Titel Thesen Temperamente (TTT) zeigt Ausschnitte: Amy Winehouse – DokumentationDer Beitrag ist in der Mediathek der ARD bis zum 2.8. 2015 zu sehen. Einen sehr guten Artikel zu dieser Doku habe ich in der WELT entdeckt.LG Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
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