Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Sonntag 8. Dezember 2013, 22:06 
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Bonsoir!

Am Freitag, dem 06.12. fand in Paris eine RESAB-(Réseau Addictions Baclofène )- Veranstaltung statt: Le Baclofène aujourd`hui.

Prof. Jaury, Granger, Dubois, Dr. Aknine, De la Selle, De Beaurepaire, Rapp und andere berichteten über den aktuellen Stand ihrer Arbeit mit Baclofen. Die angekündigte RTU erweist sich weiterhin als problematisch. War sie ja am 03. Juni quasi schon für September versprochen, wird nun Februar 2014 in Aussicht gestellt. Es gibt eine einflussreiche Opposition und es sieht so aus, als ob die RTU mit weitreichenden Beschränkungen erfolgen wird, die eine sinnhafte Baclofenbehandlung verhindern (Therapiedauer, Dosishöhe etc.). „Unsere“ Baclofenvertreter kämpfen wie die Löwen, die Verhandlungen mit der Spitze der Arzneimittelbehörde dauern an.

Die Bildung europäischer Baclofen – Netzwerke ist geplant. Eines für wissenschaftliche Forschung und eines für die praktische Anwendung, dem Erfahrungsaustausch der BehandlerInnen. Jivaro wurde in beide eingeladen. Ein Beitrag zu Baclofen ist auch beim ISBRA (International Symposium on Bioinformatics Research and Applications)-Kongress im Juni 2014 in Washington geplant.

Altbekanntes hat eine Bestätigung erfahren, so die individuelle Wirkungs-und Erhaltungsdosis, die Bedeutung psychiatrischer Störungen sowie die gute Verträglichkeit von Baclofen. Allerdings sind UAW stärker und nachhaltiger als bisher angenommen. Berichtet wurde ein Todesfall (hohe Dosis als erste Einnahme) in der Kombination mit Alkohol. Es gibt eine aktuelle Dr.-Arbeit zum Auftreten von leichten, mittleren und schweren UAW, die ich für Interessierte hier als PDF einfüge. Allerdings stellt sich diesbezüglich die Frage inwieweit und ob diese verstärkten UAWs mit den doch beträchtlich höheren Dosen und begleitendem Alkoholkonsum einhergehen. Jedenfalls werden die UAW sehr genau registriert und gemeldet („Pharmacovigilance“). Damit wirken sie sich auch auf die Beurteilung von Baclofen aus.

Sowohl die Bedeutung lokaler Mini-Netzwerke wurde herausgehoben, wie auch die Wichtigkeit von Internet-Foren für die Behandlung und Erreichbarkeit der Patienten. Hier hat Sylivie Imbert einen schönen Überblick vermittelt. Es ist wichtig, zu wissen dass es Baclofen gibt, wo es erhältlich ist, Hemmschwellen abzubauen.
Die Veranstaltung wurde am 07. 12 mit dem Schwerpunkt Hepatitis C und Opiatabhängigkeit fortgesetzt.

Ein grosser Dank gebührt Monique für die hervorragende Organisation und ihren unermüdlichen Einsatz. Sie hat wieder grossartiges geleistet.

LG jivaro


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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Dezember 2013, 00:46 
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@all,

Aus aktuellem Anlass möchte ich nochmals auf die Dosierungsempfehlungen für Baclofen hinweisen. Die Kollegen Beaurepaire und Jaury haben betont, dass die ideale Baclofendosierung dann erreicht ist, wenn das Craving ausbleibt und die "Indifferenz" eingetreten ist. Eine weitere Dosissteigerung ist dann nicht erforderlich bzw. sinnvoll!

Nach einigen Monaten besteht die Empfehlung die Dosis zu reduzieren, sehr langsam, bis zum Eintritt des Cravings - dann Erhöhung der Dosis auf die nächst höhere Stufe, bzw. bis das Craving wieder besiegt ist. Bei einigen Patienten ist das schwierig, da sie aus Angst vor einem Rückfall das Abdosieren nicht wagen.

Jaury beschreibt Erhaltungsdosen von 10 -510mg/d (die absoluten Ausnahmen).
Beim Eindosieren schlägt Beaurepaire verschiedene Modifikationen vor, es bleibt also weiterhin "individuell". Betont wurde die Wichtigkeit, dass besonders auch initial die Dosierungen über den Tag verteilt eingenommen werden (damit der Neurotransmitterhaushalt die neue Substanz "integrieren" kann). Eine partielle Adaptation an die "Cravingzeiten" sollte erst nach einer Eingewöhnungszeit von ca. 4 Wochen erfolgen.

Die UAWs können leider teilweise nach sehr kleinen Dosisänderungen auftreten. Es gilt weiterhin die Empfehlung dann bis zum Sistieren der UAWs abzudosieren, abzuwarten und erneut, evtl. in kleinsten Schritten (2,5mg), wieder versuchen zu Steigern

Von "Switch"-Dosis, oder Ähnlichem wird abgeraten (es geht nicht gegen Ameisen, aber es entspricht dem jetzigen Kenntnisstand, der Erfahrung nach Behandlung vieler Patienten).

LG jivaro

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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Dezember 2013, 01:08 
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@jivaro,

sehr interessant, danke!

Eine Rückfrage: Was ist eine Switch-Dosis?

Herzlich grüßt Dieter

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Du brauchst keine Angst zu haben.


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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Dezember 2013, 08:43 
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@jivaro

Danke für den Beitrag. Switch-Dosis heisst vielleicht die Dosis, bei der man die 'indifference to alcohol' bekommt?

Gibt es in Deinem Umfeld Erfahrungen von Patienten, die nicht mehr als 100mg/T Baclofen von Ihrem Arzt bekommen? Mein Psychiater (der mich Anfang Jahr auf Baclofen aufmerksam gemacht hat) sagt, es sei allgemein nicht zu empfehlen, 100mg/Tag zu überschreiten. Ich weiss nicht, von woher er diese Aussage hat, ich frag's ihn beim nächsten Termin im Januar. Anscheinend ist er nicht der einzige, u.a. in mywayout.org habe ich gelesen, dass Ärzte "refused to go over 100 mg".

LG

Patrick


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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Freitag 20. Dezember 2013, 17:42 
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@Jivaro,

nach unserem Telefonat heute darf ich das. Nicht wegen des Erbsenzählens,
nur weil es auch wichtig ist.

ISBRA = International Society for Biomedical Research on Alcoholism
und nicht wie irrtümlich eingestellt, International Symposium on Bioinformatics Research and Applications.

Ich hatte bei diversen Gelegenheiten schon auf die ISBRA hingewiesen.
Mann K. die Gallionsfigur von Selincro® war bis vor kurzem ihr Präsident.

Zeitgleich hier ein Beitrag im Blog.

LG Federico

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Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Freitag 20. Dezember 2013, 19:54 
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@jivaro:
Zitat:
Die Kollegen Beaurepaire und Jaury haben betont, dass die ideale Baclofendosierung dann erreicht ist, wenn das Craving ausbleibt und die "Indifferenz" eingetreten ist. Eine weitere Dosissteigerung ist dann nicht erforderlich bzw. sinnvoll!

Ich frage mich gerade, ob ich mit meinem aktuellen Zustand (weitgehend cravingfrei) bei der momentanen 50mg-Dosierung bleiben soll?

Ich meine: Craving bezeichnet ja das unwiderstehliche Bedürfnis nach der Substanz. Unwiderstehlich ist es für mich nicht; es erfordert jedoch immer noch dann und wann einen bewussten Entscheid dagegen. Indifferenz kommt vor, wenn ich Gläser und Flaschen vor mir sehe. In meinen Hochrisiko-Situationen (emotionale Belastung) taucht der Reflex aber immer noch auf. Er ist beherrschbar, mit entsprechendem Energieaufwand. Sollte auch dieser Wunsch nach Erleichterungstrinken noch "getilgt" werden und weiter hochdosiert werden?

lg
Lisa

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Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert. Paul Watzlawick

Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird. Heinz von Foerster


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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Freitag 20. Dezember 2013, 20:49 
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@Lisa,

es gibt 3 unterschiedliche Arten von Craving, die @praxx in einer Antwort an @rog sehr eindrücklich beschrieben hat. Die Frage, in wie weit Erleichterung zu steigern ist, lässt sich so einfach nicht beantworten. Vermutlich geht das in Richtung ∞ gleich unendlich.

LG Federico

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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Samstag 21. Dezember 2013, 00:47 
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Liebe Lisa,

ich empfehle meinen Patienten in einem Fall wie Deinem eine etwas höhere Dosierung, mit etwas "Sicherheitsabstand"; deine Dosis ist vergleichsweise gering. Solltest Du keine unerwünschten Wirkungen verspüren könntest Du eine Dosissteigerung versuchen. Die Franzosen sagen immer: die Abstinenz sollte "mühelos" sein, das klingt hier noch nicht ganz so. Reflexartige Gedanken können natürlich immer auftauchen, insbesondere in Krisensituationen, dann bleibt eben noch die Erinnerung an das frühere "Lösungsverhalten": trinken. Es braucht sehr lange Zeit, bis dieser Reflex verlernt wird....aber es geht!
Hab bitte immer eine Notfalldosis von 5 bis 10mg Baclofen bei Dir, um in solchen Fällen gegensteuern zu können, wenn es "eng" wird. Schon mal versucht?

GLG und weiterhin viel Erfolg
jivaro

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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Samstag 21. Dezember 2013, 02:07 
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@all,

sorry für die ISBRA, Federico hat natürlich Recht. Ich sollte so spät nichts mehr posten! Sonst werde ich aber immer gerügt, wenn ich auf einer interessanten Tagung gewesen bin und Federico dann die Ergebnisse selbst einstellen muss...
Diesmal hat mich der Optimismus und die Schaffenskraft der französischen KollegInnen aber so motiviert, dass ich das Wichtigste in Kürze gerne einstellen wollte.
Und die Bilder sind natürlich grottenschlecht....aber sie dienen sozusagen als Beweis: es gibt die FRANZÖSISCH-deutsche Zusammenarbeit. Ich möchte damit ausdrücken: wir versuchen wirklich ganz dicht "am Ball" zu bleiben. Es soll den Forenmitgliedern eine gewisse Sicherheit vermitteln, dass unsere Arbeit sich sehr stark an der der Franzosen orientiert, obwohl die Durchschnittsdosen stark differieren (dort mittlere Baclofen-Dosierung: 150mg/d).

Lieber Dieter, lieber Patrick:
nochmal zur "Switch-Dosis": Ameisen erhöhte Baclofen teils sehr rasch, bei 270mg/d verspürte er bei völligem Wohlbefinden "keinerlei Craving" (er beschreibt bei sich selbst die unterschiedlichen Arten von Craving, die nebeneinander auftraten und verweist in diesem Zusammenhang auf Tierexperimente: die Ratten konsumieren bei einer Dosis x keinen Alkohol, also cravingunspezifisch - neurobiochemisch bedingt). Ameisen gibt bei sich als unerwünschte Wirkung nur Müdigkeit an, sonst ausgesprochenes Wohlbefinden und vor Allem Angstfreiheit.

In der Folge versuchten viele Menschen Baclofen rasch hochzudosieren, ohne Beachtung der unerwünschten Wirkungen, um diesen Switch zu erreichen. Olivier war Pionier und ermutigte teilweise dazu unerwünschte Wirkungen nicht zu beachten. Den Feind Alkohol zu besiegen blieb die oberste Priorität. Bedenkt bitte auch wie stark er betroffen war.
Nach jetzt tausendfachen Erfahrungen wird die Therapie "sanfter" empfohlen, die Dosis bei der das Verlangen nach Alkohol verschwindet kann auch in kleinen Schritten erreicht werden. Renaud de Beaurepaire stellte in Paris unterschiedliche Arten der Dosissteigerung vor. Die Dosierung und auch die Art der Steigerung bleiben individuell, immer unter Berücksichtigung der doch teilweise erheblichen unerwünschten Wirkungen. Das Schema aus dem Guide (oder auch noch langsamer) bleibt für Philippe Jaury am Sichersten: je langsamer gesteigert wird, desto weniger UAWs treten auf. Selbst bei Dosissteigerungen um 5mg können neue UAWs auftreten. Reduziert man die Dosis und steigert später wieder - wird die Dosis oft vertragen. Wenn ein Patient vor dem Arzt steht, weiss dieser nie, wie hoch die endgültige Baclofendosis sein wird. Daher ist - insbesondere zu Beginn der Therapie - der enge Kontakt, die Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt so wichtig, ebenso zur Optimierung der Dosisanpassung. Eine rasche Steigerung ist wohl oft bei Patienten mit anderer Drogenerfahrung oder früherem "multiplem Substanzgebrauch " nötig.

nochmal@Patrick:
es gibt zahllose Empfehlungen von Ärzten zu Baclofendosierungen...im Beipackzettel stehen ja 75mg als Höchstdosis...oft sind dann 100mg die gefühlte Höchstgrenze. Selbst in Frankreich stellt die Diskussion um die Höchstgrenzen bei der RTU ein riesiges Problem dar. Die MITTLERE Dosierung liegt dort schon bei 150mg/d. Die Therapiedauer die diskutiert wird ist ebenfalls ohne Worte, teils wird von wenigen Wochen gesprochen!
Bitte verzeih meine späte Antwort, aber ich bin beruflich im real-life mehr als nur ausgelastet.

LG jivaro

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 Betreff des Beitrags: Re: NEUES AUS PARIS!
BeitragVerfasst: Sonntag 22. Dezember 2013, 09:22 
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Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10
Beiträge: 1683
@jivaro

Vielen Dank für die höchst informativen Berichte.
Mir ist aufgefallen, dass nicht nur die Franzosen gerne stark dosieren, im amerikanischen mywayout.org gibt's vielerorts Erfahrungsberichte über 500mg oder mehr zu lesen. Auch socialanxietysupport.com berichtet gerne hierüber.

LG

Patrick


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