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Werner1503
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Betreff des Beitrags: Abschied vom Abstinenz-Dogma Verfasst: Freitag 26. September 2014, 06:47 |
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Registriert: Sonntag 7. Oktober 2012, 13:56 Beiträge: 1015 Wohnort: Saarland
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@all,
in der heutigen Ärztezeitung erscheint ein (leider nicht allgemein zugänglicher) Artikel über reduziertes/kontrolliertes Trinken. Ich zitiere einige Passagen ;
"Abschied vom Abstinenz-Dogma Einmal Alkoholiker, immer Alkoholiker - so lautet die Begründung dafür, Abstinenz als einziges legitimes Therapieziel für alkoholabhängige Patienten zu betrachten. Doch die Zeiten und damit die Ziele ändern sich."
"Insofern hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Anfang des Jahres durchaus ein Zeichen mit seinem Beschluss gesetzt: "Arzneimittel, die der Verringerung des Alkoholkonsums bei Patientinnen und Patienten mit Alkoholabhängigkeit dienen, sind künftig unter bestimmten Voraussetzungen und für einen begrenzten Zeitraum zulasten der GKV verordnungsfähig."
"Das ist ein Paradigmenwechsel. Bisher galt allein die Abstinenz als einziges Erfolg versprechendes Ziel. Der GBA-Beschluss ist ein Zeichen dafür, dass ein Umdenken eingesetzt hat."
"Unterstützung erhält KT nun auch von pharmakologischer Seite. Mit dem Opioidantagonisten Nalmefen ist seit diesem Monat eine Substanz zur Behandlung der Alkoholsucht in Deutschland zugelassen, die ausdrücklich auf die Reduktion des Alkoholkonsums zielt. Für die Kostenübernahme durch die Kassen hat der GBA den Weg geebnet."
Mich juckt es bin den Fingern, in der Ärztezeitung einen Kommentar mit Hinweis auf Baclofen zu schreiben. Als Nicht-Mediziner ist mir das aber zu heiß. Vielleicht können praxx und/oder jivarro das übernehmen ?
LG, Werner
Immerhin wurden die Ärzte auf einen Paradigmenwandel hingewiesen und Baclofen sollte nun endlich auch auf Kassenrezept verschrieben werden können
_________________ „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“. Seneca
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Abschied vom Abstinenz-Dogma Verfasst: Freitag 26. September 2014, 08:29 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Hallo Werner Werner1503 hat geschrieben: "Abschied vom Abstinenz-Dogma Einmal Alkoholiker, immer Alkoholiker - so lautet die Begründung dafür, Abstinenz als einziges legitimes Therapieziel für alkoholabhängige Patienten zu betrachten. Doch die Zeiten und damit die Ziele ändern sich." Dies ist für mein persönliches Erleben immer noch mit einem Wunschtraum verbunden. Immer habe ich wieder erlebt (auch aufgrund meines vielleicht zu offenen Outings), dass dieses Vorurteil wie ein Damoklesschwert über mir hängt und der Faden an dem es hängt, nur zu gern und mit einer grossen inneren Befriedigung zu durchschneiden versucht wird. So unter dem Motto: Jetzt haben wir ihn... alles Weitere, was sie nun sagen, kann gegen sie verwendet werden... Selbst wenn ich seit längerer Zeit abstinent lebe und jeweils beste Laborwerte ausweisen kann; es bleibt ein uraltes Vorurteil an mir hängen (siehe Zitat). Mein Rat an Alle aufgrund dies: Seid vorsichtig mit einem Outing in der Familie, am Arbeitsplatz, unter Freunden etc. Sei es aus unserer Sicht und Ehrlichkeit noch so wohlgemeint, es könnte euer Leben zur Hölle machen. Vielfach wird dann von Personen mit dem Finger auf euch gezeigt, welche selber jeden Abend ihre halbe Flasche Wein konsumieren und sich dabei in einer diffusen Sicherheit wägen, dass SIE doch nicht abhängig sind... Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich ein Outing in Sachen Alkohol einbrennt wie eine Tätowierung. Man bringt sie nicht mehr weg, zumindest wird eine sichtbare Narbe hinterlassen... für alle sichtbar... Wie lange wird es wohl noch dauern, bis die Allgemeinheit hier umdenken kann? Warum wird Alkoholabhängigkeit entschuldigt und hochstilisiert, wenn man berühmt ist? Und dabei noch zu einem Held wird? Fragen über Fragen LG moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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lisa64
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Betreff des Beitrags: Re: Abschied vom Abstinenz-Dogma Verfasst: Freitag 26. September 2014, 10:46 |
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Registriert: Dienstag 19. November 2013, 14:31 Beiträge: 854 Wohnort: Schweiz
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Lieber Werner Wird denn im Artikel berücksichtigt, dass Nalmefen nur zeitlich beschränkt eingesetzt werden darf - und nur unter der Bedingung, dass die Behandlung auf eine Abstinenztherapie hinführt? Ich sehe nicht, wie man zur Interpretation kommen kann, irgendein Wirkstoff könnte KT unter diesen Einschränkungen unterstützen. Es sei denn, die Ärzteschaft schert sich nicht um die gesetzlichen Vorgaben. Der Paradigmenwandel besteht darin, dass massgebliche Konsumreduktion auch bei Alkoholismus als valabler Therapie erfolg anerkannt und Lebensqualität als Richtschnur und Massstab für erfolgreiche Therapien eingesetzt wird - gleichwertig mit erfolgreicher, zufriedener Abstinenz. Nicht für jeden und nicht in jeder Phase der Auseinandersetzung, sondern individuell und prozessabhängig. - Nullkonsum ist ein simpel zu evaluierendes Kriterium für Erfolg ohne Interpretationspielraum. Meint man - zu Recht? - Konsumreduktion im Grunde auch - wenn man die Angaben der Reduzierer für glaubwürdig hält. Tut man das? - Lebensqualität liegt in der Definitionsmacht des Patienten. Riskiert man das? Zum Vergleich die weniger stigmatisierten Raucher: Es gibt Mediziner, die sich für Harm Reduction bei Tabakkonsum einsetzen - auch das ein bislang unverrückbares Dogma. Zitat: "Die von den Tabakbekämpfern ausgegebene Losung «quit or die» ist höchst unethisch." (Robert Hämmig, Dr. med., Ärztlicher Leiter Schwerpunkt Sucht, Universitäre Psychiatrische Dienste Bern) lg Lisa
_________________ Der Andersdenkende ist kein Idiot, er hat sich eben eine andere Wirklichkeit konstruiert. Paul Watzlawick
Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird. Heinz von Foerster
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lisa64
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Betreff des Beitrags: Re: Abschied vom Abstinenz-Dogma Verfasst: Freitag 26. September 2014, 17:58 |
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Registriert: Dienstag 19. November 2013, 14:31 Beiträge: 854 Wohnort: Schweiz
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Lieber Moonriver Zitat: Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich ein Outing in Sachen Alkohol einbrennt wie eine Tätowierung. Man bringt sie nicht mehr weg, zumindest wird eine sichtbare Narbe hinterlassen... für alle sichtbar... Vor rund vier Jahren, neuer Therapeut, erste Sitzung: Ich begann mit "Ich bin Alkoholikerin und... " Seine Hand ging unmittelbar hoch: "Moment, wir werden sehen. Sie trinken also mehr Alkohol als gut für Sie ist." … Lisa kam ins Trudeln. Abstinenz-Dogma auf die individuelle Ebene gebracht: Auch ich habe nur kurzfristig gute Erfahrung mit dem Rundum-Outing gemacht. Zu allgemein, zu wenig differenziert reagiert mir die nahe Umgebung 11 Jahre danach noch immer. Ich habe Verständnis dafür; sie haben einiges mitgemacht. Dennoch glaube ich, dass genau hier eine persönliche Herausforderung auf uns wartet. Wenn ich mich einer nicht-aufgeklärten Simplifizierung gegenüber scheinbar machtlos fühle - was läuft dann ab? Es wirkt einerseits verletzend, weil nicht mir, sondern der 'statischen' Krankheit in mir begegnet wird; dem schwarzen Block "Sucht", nicht dem 'dynamischen' Menschen, der eine durchwegs positive Weiterentwicklung macht. Das wird im Laufe der Zeit vielen ähnlich ergehen, nehme ich an. Es kann Entwicklung behindern - "Narbe" ist eine aufschlussreiche Wortwahl. Andererseits habe ich sehr wohl einen Anteil daran, dass ich in der Schublade gestrandet bin, die mich so einengt. (Kein Wunder - es gibt wenig, was ich heute noch wie vor 11 Jahren sehe.) Es liegt jedoch innerhalb meiner Macht und ist gänzlich meine eigene Entscheidung, ob ich drin bleibe. Ich bin alt, erfahren und gescheit genug, um rauszuhüpfen. Ich muss nicht missionieren, ich muss nicht einmal darum kämpfen – ich kann auch schweigen und es dabei belassen, meine Taten für sich sprechen zu lassen. Aber ich bin definitiv nicht mehr da drin und es gibt Menschen um mich, die ich konfrontiere, denen ich mich zumute. Anders sind mir ebenbürtige und nährende enge Beziehungen nicht möglich. Ich erwarte nicht, dass mein Umfeld mit mir einig geht. Müssen wir nicht und ich beklage mich nicht darüber, wenn es (noch) nicht möglich ist. Es reicht vollends aus, dass ich es konsequent mir zuliebe tue und nicht hinter dem Berg halte. Mein Fazit: Und es bewegt sich doch. Schritt für Schritt, gemeinsam. lg Lisa
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Abschied vom Abstinenz-Dogma Verfasst: Samstag 27. September 2014, 08:12 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Liebe Lisa Du hast die richtigen Worte gefunden... nach vorne schauen und nicht zurück! Sonst ist die Gefahr gross, die Beziehung zum Augenblick, zum "jetzt gerade", zur Gegenwart zu verlieren. Und diese ist es, die uns die einzige Möglichkeit bietet aus ihr heraus die Zukunft zu gestalten! lisa64 hat geschrieben: Ich muss nicht missionieren, ich muss nicht einmal darum kämpfen – ich kann auch schweigen und es dabei belassen, meine Taten für sich sprechen zu lassen. Diese Aussage macht mir Mut und sicher vielen anderen auch! lisa64 hat geschrieben: Und es bewegt sich doch. Schritt für Schritt, gemeinsam.  LG moonriver
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