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Baclofen gegen Angst + Depression - Versuch eines Tagebuches

Samstag 5. Juni 2010, 17:11

Hallo Zusammen,

ich lese schon eine ganze Weile mit und möchte mich an dieser Stelle kurz vorstellen.
Ich bin 41 Jahre alt, lebe in einer festen Beziehung und habe zwei Töchter (15 und 4) und leide im Grunde mein ganzes Leben an sozialen Ängsten (auch Erytrophobie) und seit ca. meinem 17. Lebensjahr auch an Depressionen.

Etliche Therapien, oft begleitet von Antidepressiva (Paroxat, Citalopram, für Notfälle Tavor) haben im Grunde keine echte, dauerhafte Verbesserung gebracht. Natürlich habe ich im Laufe der Jahre Strategien entwickelt und Einsichten gewonnen, die mir mein Leben erleichtert haben, aber es kam nie zu einem echten Durchbruch. Meine Erwartungshaltung war immer recht groß, was sicherlich auch kontraproduktiv sein kann, aber tief in mir habe ich immer geahnt, welche Talente und Fähigkeiten in mir schlummern und zu welchem Leben ich eigentlich fähig wäre.

Alkohol war in meinem Leben nie ein Problem, weder mit noch ohne. Mit ca. 18 war ich für ein paar Jahre anderen Drogen verfallen. Cannabis, Kokain, Speed, Heroin, Meskalin … gerne habe ich in den bunten Strauß von betäubenden Möglichkeiten gegriffen. Oft auch gleichzeitig und immer viel zu viel.

Es kam dann der Punkt mit ca. Mitte 20, wo es so nicht weiter gehen konnte ich mich entscheiden musste: Suizid oder Clean werden. Meine Eigentherapie war von Erfolg gekrönt (bis heute) und ich frage mich manchmal, wie ich das eigentlich geschafft habe. Da ich immer Beziehungen hatte und niemals ohne Arbeit war, habe ich mir Rahmenbedingungen geschaffen, die mich stabilisiert haben.

Nun gut, mal bis hierher.

Ende Februar diesen Jahres bin ich dank eine Freundes auf Baclofen aufmerksam geworden und nehme seitdem ca. 18mg täglich. Die angstlindernde Wirkung habe ich sofort gespürt und ich bin begeistert, wie gering die Nebenwirkungen sind. Nachdem ich leider stark auf Sonnenmangel reagiere, war der lange Winter und der Regen der letzten Wochen eine harte Zeit für mich und mir ging es trotz Baclofen nicht sehr gut.

Eher aus einer spontanen Laune heraus habe ich nun vor ein paar Tagen meine Baclofen-Dosis auf 75mg erhört und die angstlindernde Wirkung hat voll durchgeschlagen. Was für ein gutes Gefühl :smt003

Ich möchte in diesem Thread nun meine Erfahrungen festhalten und ich hoffe, ich finde immer die Zeit, meine Gedanken, Gefühle und Erfahrung hier zu virtuellem Papier zu bringen und mit euch zu teilen.

Danke fürs lesen und bis bald.
Macci

Samstag 5. Juni 2010, 18:38

Hallo Macci,

herzlich Willkommen!!
Darf ich Dich mal was fragen?

Eher aus einer spontanen Laune heraus habe ich nun vor ein paar Tagen meine Baclofen-Dosis auf 75mg erhört


Du hast mal eben von 18mg/Tag auf 75mg/Tag erhöht??? Bild Wie und mit welchen Nebenwirkungen?

Ängste und Depris sind ja auch mein Thema. Auch bei mir trat eine sofortige Wirkung ein. Die hat sich bzgl. der Depris aber fast ins Nichts aufgelöst, als ich eine heftige Bronchitis bekam. Und dieser Zustand hielt an. Hab dann erhöht, in kleinsten Schritten, so wie ich es verkraften konnte. Heute ist mein zweiter Tag bei 75mg. Der erste Tag an dem es wieder in die richtige Richtung geht.

Du hattest geschrieben

Nachdem ich leider stark auf Sonnenmangel reagiere, war der lange Winter und der Regen der letzten Wochen eine harte Zeit für mich und mir ging es trotz Baclofen nicht sehr gut.


Hattest Du da vielleicht auch ne Erkältung, Grippe oder ähnliches????

Über Antworten würde ich mich sehr freuen!

Samstag 5. Juni 2010, 18:47

Hallo Macci,

erstmal welcome im Forum. „Nur Angst“ und ganz ohne Substanzmissbrauch ist bisher einzigartig. Dass Baclofen hier funktionieren muss war ja einigermaßen klar. Ob das mit einer Dosis von 18mg, nahe an der Placebo-Grenze sinnvoll ist, ich weiß nicht. Aus dem Stand quasi auf 75mg finde ich sehr mutig, anscheinend hat Dir Baclofen auch in der niedrigen 18mg-Dosierung schon etwas Angst entzogen. Trotzdem würde ich mir vor einer weiteren Turbodosissteigerung lieber eine Ruhepause gönnen.

Kann es sein, dass Du bei der Stoff-Aufzählung Deiner Drogenerfahrung eine Substanz vergessen hast, ich denke da an Acid, z.B.? Und dann schreibst Du noch, immer viel zu viel. Auf jeden Fall geht es Dir heute gut und das freut mich wirklich sehr. Auf den weiteren Verlauf Deiner Remission bin ich jedenfalls gespannt, einigen Forenmitgliedern dürfte es ähnlich gehen.

Dein Beispiel passt übrigens zu den ersten Erfahrungen meiner SHG Angst&Panik. 3 Mitglieder testen derzeit Baclofen, die Verschreibung war in diesen Fällen übrigens kein Problem.

LG Federico

Samstag 5. Juni 2010, 23:07

Hallo Mausi,

gerne gehe ich auf deine Fragen ein:

am ersten Tag habe ich auf 35mg, am zweiten auf 55mg und am dritten auf 75mg erhöht. Nachdem ich die Wirkung nach ca. 2 Stunden spüre, habe ich mir zugetraut, das zu beurteilen und eben weiter erhöht. Mir ging es gut und ich hatte immer ein Gefühl von Kontrolle. Mir erschien diese doch drastische Erhöhung nicht sonderlich riskant und ich wollte es einfach wissen. Das ist mein Weg und ich möchte das ausdrücklich nicht zur Nachahmung empfehlen.
Ich bin Abends richtig müde und schlafe sofort ein wie ein Stein, wache am nächsten Morgen aber erfrischt auf und bin absolut fit. Ansonsten habe ich bis auf ganz leichten Schwindel keine Nebenwirkungen.

Hattest Du da vielleicht auch ne Erkältung, Grippe oder ähnliches????

Nein, nichts dergleichen.
Deine Bronchitis hat dich von deinen Depris befreit? Oder habe ich das falsch verstanden?

Viele Grüße
Macci

Dienstag 8. Juni 2010, 12:03

Hallo Macci,

Deine Probleme sind (waren?) Angst und Depressionen. Wirkt bei Dir Baclofen bei Depression früher (d.h. bei niedrigeren Dosierungen) als bei Angst? Unsere Umfragen legen diesen Schluss nahe, allerdings sind das Ergebnisse bei Komorbidität zur Alkoholabhängigkeit.

LG invorio

Donnerstag 10. Juni 2010, 08:50

Hallo Invorio,

die Depression hat sich bei mir quasi aufgelöst. Ich habe das zuerst gar nicht so richtig wahrgenommen, da bei mir die Angst immer im Vordergrund war. Es könnte gut sein, dass Baclofen hier schneller und mit niedriger Dosis anschlägt.

Update Angst: Mir geht es sehr gut und ich kann es kaum glauben. Morgens habe ich oft die „Angst“, dass das nicht von Dauer ist …

Donnerstag 10. Juni 2010, 09:30

@macci,

das kenne ich auch und denke, es geht vielen so. Nach und nach verblassen auch diese Gedanken, bei mir nach 9 Monaten praktisch nicht mehr vorhanden.

LG Federico

Sonntag 20. Juni 2010, 09:14

Hallo,

kleines Update: mir geht es gut und ich konnte Situationen durchleben, die mir vorher zu schaffen gemacht hätten. Zwischendurch kommt die Sorge, dass das alles nicht anhalten könnte und die Angst wieder kommt.
Mir ist klar geworden, dass diese Sorge tatsächlich auch vor Baclofen zyklisch aufgetaucht ist und mich bislang immer wieder runtergezogen hat. Jaja, die Angst vor der Angst. Dank Baclofen konnte ich das bislang zwei mal überwinden und erstmals macht sich in mir eine starke Hoffnung breit, ich könnte ein Leben ohne Angst führen. Meine Depressionen sind kein Thema mehr und auch das Wetter macht mir nicht so zu schaffen, wie ich das von mir eigentlich gewohnt bin.

Liebe Grüße
Macci :smt003

Sonntag 20. Juni 2010, 09:30

ach ja: die Tage hatte ich einen schönen, super realistischen Traum. Ich bin aufgewacht und war mir im ersten Moment nicht sicher, ob ich das nicht real erlebt habe. Das ist ja mal krass! Wenn alle Träume so schön ablaufen, darf das gerne nochmal passieren … :smt002

Sonntag 20. Juni 2010, 11:49

@Macci,

exakt diese Aussage habe ich letzte Woche von einer Teilnehmerin meiner Angs&Panik-SHG gehört, die seit 3 Wochen Baclofen nimmt.
Zwischendurch kommt die Sorge, dass das alles nicht anhalten könnte und die Angst wieder kommt.

Ganz ehrlich, mir geht es ab und an genauso. Es ist ja auch un-glaub-lich.

LG Federico
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