Mehr als 6 Monate Erfahrung mit Baclofen
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Re: Darf nun auch hier schreiben.

Dienstag 3. Juli 2012, 11:16

@all

Aufgrund familiärer akuter Probleme werde ich mich vorübergehend etwas zurückziehen. Dies in der Überzeugung, trotz allem nicht in die Nähe des Alkohols zu gleiten. Dank den bisherigen Erfahrungen mit Bac dürfte dies, wenn nötig auch mit etwas Gegensteuer, realisierbar sein.
Baclofen zusammen mit der Kommunikation im Forum ist momentan mein bester Selbstschutz.

Ich werde mich wieder melden... ganz sicher!

LG moonriver

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Dienstag 3. Juli 2012, 13:45

Ich werde mich wieder melden... ganz sicher!

@Moonriver,

da würde ich wetten !!!

LG Federico
PS und vergiss die Bremse nicht ...

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Dienstag 3. Juli 2012, 18:36

Hallo Moonriver,

ich hoffe das du deine familiären Probleme, ohne Probleme in den Griff bekommst und drücke dir ganz fest die Daumen.

Ich freue mich schon darauf bald wieder etwas positives von dir zu hören.

GLG
Andy

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Montag 16. Juli 2012, 20:44

ich find es ganz supaaa dass mir federico gezeigt hat, wie ich "reinkomme" und Deinenen Beitrag lesen konnte.
Ich danke Dir, weil Du mich motiviert hast, auch zu schreiben.
Bis demnächst
LG
Klaus

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Dienstag 17. Juli 2012, 00:01

Hallo Klaus
Was hat Dich am meisten motiviert von meinen Worten? Vielleicht können wir spezifisch darauf eingehen.

Und wie geht es Dir? Du wolltest ja auf Lioresal umsteigen aufgrund einer allergischen Erscheinung. Jedenfalls lese ich das in Deinem letzten Beitrag vom 12. Juni.

In jedem Falle alles Gute
LG moonriver

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Donnerstag 30. August 2012, 21:29

@all

18 Monate...

Ein Zwischenbericht ist längst (über)fällig.

Kurz gesagt, es geht mir gut. Seit längerer Zeit fahre ich auf einer konstanten Dosis von 50mg/Tag. Dies verteilt über 6 Dosen mit Hauptgewicht in den Abendstunden. Im Grunde genommen würde weniger reichen um das Craving auszuschalten, jedoch gönne ich mir die Zugabe von ca. 20mg aus anderen Gründen (vegetative Entkopplung, tiefer und regenerierender Schlaf, Befreiung von unnötigen Ängsten). Die einzige störende Nebenwirkung ist eine plötzlich auftretende Müdigkeitsattacke. Sie kann intensiv sein, dauert jedoch meistens nur kurz. In der Rückblende stelle ich jedoch manchmal fest, dass ich aufgrund unregelmässiger Arbeitszeit öfters nur knappe 5h Schlaf habe und dies über ein paar Tage... In der Früh um 5 Uhr raus und Abends im Forum :-? oder bei einem interessanten TV-Programm. Wie ich von anderen höre, könne da anfallsweise Tagesmüdigkeit vorkommen... :D

Nun, Spass beiseite. Ich versuche die Wirkungen von 18 Monaten Therapie wie folgt zuammenzufassen:

Aus der Sicht meiner Nächsten
- Sehr ausgeglichen, in der "Mitte" mit einer angenehmen Ausstrahlung
- Meine Frau meint, dass ich endlich wieder "normal" bin...
- Schnellere Regenerationszeit nach Belastungs- und Stresssituationen
- Weniger emotionales Verhalten
- Belastbarer, ruhiger im Vorgehen
- als Beifahrer-in im Fahrzeug fühlt man sich wieder sicher (habe zum Glück nie einen Unfall gebaut, aber meinen Schutzengel gestresst...)

Aus eigener Sicht
Pro:
- Steigerung der Konzentrationsfähigkeit
- Meditative Stimmungen
- Subtilere Wahrnehmung von Klängen, Geräuschen, Musik und paradoxerweise auch der Stille
- Seit ein paar Monaten hat sich das Raubtier Craving immer mehr zurückgezogen. Ich glaube nun, wir beide haben gemerkt, dass wir einander am besten in Ruhe lassen... eine Zeitlang hörte ich den Panther manchmal noch im Dunkeln durch die Büsche schleichen.
- Ich gehe gelassener an eine Arbeit
- Die Zeit vergeht schneller
- Ich kann mir ohne zu leiden die Freiheit nehmen an Anlässen auf Alkohol zu verzichten. Ich habe keine Probleme mit den anderen, höchstens sie mit mir...

Contra:
- Für meine Begriffe zeitweise fast "zu ausgeglichen" und emotionsarm
- Ein gewisses "Laissez-faire" im Sinne von "Morgen ist auch noch ein Tag" passt nicht so recht zu meiner bisherigen Einstellung.
- Der Gedanke, dieses Medikament möglicherweise für den Rest meines Lebens zu schlucken oder andererseits rückfällig zu werden schränkt meine Freiheit etwas ein. Natürlich könnte ich beim Betablocker derselben Ansicht sein... Die Hoffnung eines Tages wirklich frei zu sein lässt mich jedoch immer wieder aufblicken.
- Mit der heutigen Erfahrung würde ich mich nicht mehr "outen". Man erspart sich damit unnötige Vorurteile.

Zusammenfassend jedoch kann ich guten Gewissens sagen, dass Baclofen das beste ist was mir passieren konnte. Ich habe selber keine Erfahrung mit stationären Aufenthalten und die extreme Tragik, welche sich hinter der Alkoholkrankheit verbirgt, wurde mir erst durch dieses Forum richtig bewusst. Aber ich weiss auch aus meiner relativ kurzen Abhängigkeitsphase von ca. 3 Jahren und einer der Bac-Zeit vorausgehenden 1 jährigen "Abstinenzphase" was Craving heisst und wie es sich anfühlt, morgens nach dem Erwachen, wenn kein Stoff mehr im Hause ist...

Diese Befreiung ist wie das Anbrechen des Tages nach einer langen Nacht.
Ob und wann ich mir mal EIN normales Bier oder Wein gönnen werde ist momentan unbestimmt. Es ist eine auf die lange Bank geschobene Option. Seltsamerweise wurde mit der Zeit diese Bank immer länger...

LG moonriver

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Samstag 22. September 2012, 14:47

WOW und Chapeau!

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Sonntag 23. September 2012, 11:15

Ich möchte hier noch von einem "Aha-Erlebnis" erzählen, welches zum Thema Baclofen und Traumleben gehört.

Von vielen hier wurde beschrieben, dass bei Beginn der Therapie sich das Traumleben verändert. Dies in einem verblüffenden Ausmass. So wird von überaus plastischen Träumen mit hohem Realitätsgehalt, von Eigenbeeinflussung der Traumhandlung etc. gesprochen. Leider wird es nicht nur im positiven Sinne erlebt.
Nun, ich war einer der Glücklichen, welcher sich bereits beim zu Bett gehen auf eine nächste Nacht voller Kopfkino freute. Ich wusste schon zum voraus, dass ein Traum der letzten Nacht als Fortsetzung weiter gehen wird und versuchte das "Drehbuch" mitzugestalten. Dabei gefehlt hat nur noch das Pop-Corn...
Für mich persönlich war es ein intensives und gehäuftes Auftreten von Klarträumen. Wikipedia weiss darüber zu berichten. Klartraum

Seit meinen jungen Jahren haben Träume auch immer wieder einen tieferen Sinn ergeben als nur irgendwelches Verarbeiten von Tageseindrücken. Die Sprache des Traumes kann zu einem Schlüssel werden und Weichen stellen.
Die Intensität liess dann innert ein paar Monaten nach, jedoch hat sich das Ganze über die Therapiezeit nicht verloren. Noch heute erlebe ich sporadisch solche, aus dem "Normalmass" ragende Träume. Sie bedeuten mir sehr viel.

Nun, ich habe vom Traumleben neue Ansichten gewonnen. In der letzten Zeit empfinde ich es so, als würden "meine" Träume irgendwo immer wie ein Kontinuum geschehen. In den Traumphasen werde ich dann jeweils in dieses Geschehen "hereingeholt" und bin gewissermassen dabei, bis ich diesen Raum wieder verlasse. Schwierig, die richtigen Worte zu finden... es handelt sich um subtile Eindrücke, sehr fein strukturiert.

Interessant wäre in diesem Zusammenhang festzustellen, inwieweit sich durch Baclofen das Bild der Hirnströme verändert, ob dies messtechnisch sogar erfassbar wäre... offenbar ist ja eine Beeinflussung der Hirnaktivität bemerkt worden.
Dazu findet sich ein interessanter Beitrag von Federico (hier bei der Kokainabhängigkeit):
Bildgebende Verfahren (MRT) zeigen Craving-Reduction

Ich berichtete bereits über die Müdigkeitsanfälle in der Art, als könnte ich mich, ähnlich wie beim autogenen Training, nicht richtig zurücknehmen. Befinde mich dabei wie in einem "Zwischenzustand". Gestern an einem freien Tag konnte ich dem Geschehen den Lauf lassen und landete innert kürzester Zeit im Traumland... leider hat mich ein Geräusch, kaum über der Schwelle, mit einem kurzen Schreck wieder zurückgeholt... Später, als ich mich aufs Ohr legte, funktionierte es nicht mehr. Aber 40 Min normaler Schlaf waren auch nicht schlecht.

Es bleibt interessant und spannend.

Baclofen ist wie ein Fensterplatz im Raumschiff auf der Reise zu sich selbst.

LG moonriver

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Sonntag 23. September 2012, 12:39

@moonriver,

Baclofen und Panzer. Anderes Thema – nein, nur andere Betrachtungsweise.

Die Natur hat im Laufe der Evolution eine Menge Tiere mit Panzern der unterschiedlichsten Panzerungen ausgestattet. Das einzige Tier auf diesem Planeten mit einem höher entwickelten Gehirn (warum ist ungeklärt) benötigte nie einen biologischen Schutzpanzer. Der Mensch hat sich Panzerungen einfach selbst ausgedacht und benutzt sie gelegentlich zu bestimmten Zwecken. Mensch kann sich sogar hinter einem psychischen Schutzpanzer verbergen und sich unbewusst mit bestimmten Verhaltensweisen schützen. Jetzt sind wir wieder mitten im Thema.

„Was nützt der härteste Schutzpanzer wenn der Feind längst in mir ist?“

Trojaner? Genau so könnte man das sehen. Höre ich nur auf zu trinken, braucht der Trojaner nur zu warten bis die Gelegenheit günstig ist. Die Superrealistischen Träume sehe ich in diesem Zusammenhang als Auseinandersetzung mit dem Feind in meinem Inneren und als auflösende Vorwärtsstrategie. Mögen die Superrealistischen Bilder noch so realistisch sein, seit ich sie erlebe, habe ich noch nie Angst verspürt. Ich habe zunehmend das Gefühl, mit jedem dieser Träume löse ich etwas auf und dränge den Trojaner damit immer mehr zum Ausgang.

Ganz im Gegenteil zu früheren Trockenperioden, ich erlebte regelmäßig Albträume mit Schweißausbrüchen und Panikattacken nach dem Aufwachen. Wenn ich mich recht erinnere, waren es immer die gleichen Träume.

LG Federico
PS klingt hoffentlich nicht zu verschwurbelt ...

Re: Darf nun auch hier schreiben.

Sonntag 23. September 2012, 14:35

moonriver hat geschrieben:
Baclofen ist wie ein Fensterplatz im Raumschiff auf der Reise zu sich selbst.

LG moonriver


Was für ein tolles Bild!
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