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 Betreff des Beitrags: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Sonntag 25. November 2012, 09:43 
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Registriert: Freitag 6. April 2012, 14:01
Beiträge: 1457
Hallo Leute,

da ich mich nun so lange nicht gemeldet habe, habe ich nun einiges zu berichten. Ich habe mich entschlossen, dies unter "Langzeiterfahrung" zu tun, da ich ja nun schon länger als ein halbes Jahr Baclofen einnehme.
Ich fasse kurz zusammen: am 6.4.2012 begann ich mit der Einnahme, ohne den Königsweg beschritten zu haben., zunächst mit 30 mg/d (ich hatte 3 Wochen vorher schon einmal nach dreiwöchiger Einnahme bis 30 mg aufgehört und wieder angefangen zu konsumieren). Ich steigerte in den folgenden Wochen langsam bis 50 mg. Genaueres nachzulesen in meinem Tagebuch bei den Neueinsteigern "Hallo ich bin auch hier". Bis hierin ging es mir gut, ich hatte selten Verlangen, träumte viel und gut, schlief wenig und war trotzdem fit. Dan kam der erste Vorfall: Aufgrund großer Traurigkeit meiner Tochter konsumierte ich 2 Viertel Rosewein. In meiner Panik steigerte ich die Dosis Baclofen zügig bis auf 125 mg/die. Dies hatte aber zur Folge, daß sich schleichend, ohne das ich es zunächst bemerkte, ein depressives Symptom bei mir ausbildetete: (fast)totale Antriebsarmut und innere Angespanntheit, ohne mich da irgendwie entlasten zu können, ich konnte nichts mehr tun, war handlungsunfähig, fühlte mich dabei aber eingesperrt. Craving wurde wieder mehr, weil ich vermutlich, wie ich heute weiß, aufgrund meiner Depressionen erst zum Wein gegriffen habe, auch die Vorfälle häuften sich. Ich dosierte also vorsichtig auf 75 mg zurück und dann gaaaanz langsam in wöchentlichen 5 mg Schritten wieder bis 125 mg (Stand meines letzten Eintrages vor etwa 4 Wochen). Nahm Unmengen Vit B und Folsäure, was ein bisschen gegen die Antriebsarmut und das sich "Innerlich eingesperrt sein" half, aber nur wenig. Craving wurde massiver, einmal nahm ich mit Notfalldosis 200 mg Baclofen am Tag ein, aber psychisch ging es mir immer schlechter, bis ich keinen Sinn mehr in allem sah. An dem Tag mit der hohen Dosierung fühlte ich mich wie taub, von allen Bindungen fern und gelöst, es war, als sei niemand mehr da. An diesem Punkt schaffte ich es, die Notbremse zu ziehen und machte mir gemeinsam mit meiner Therapeutin folgende Gedanken: Mit Wein habe ich versucht, meine Depression zu behandeln, nun entwickele ich unter Baclofen ein depressives Symptom (mögliche NW lt Beipackzettel). Vielleicht greife ich dann auf das altbewährte Mittel zurück, um dieses einzudämmen? Die Vorfälle, die ich vor vor 3 Wochen etwa eine Woche hatte (jeden 2. Tag 1/4 Weißwein) bewirkten auch genau das: Entlastung bzgl. der Antriebsarmut. Also entschloß ich mich, mit Hilfe der liebevollen Begleitung meiner Therapeutin zu reduzieren (das gewagte Experiment) und zwar sehr sehr langsam. Trotzdem hatte ich eine Art Entzugserscheinung, die übrigens auch in der Roten Liste als Hyperthermie bei Abdosieren beschrieben ist: ich fühlte mich zeitenweise sehr fiebrig. Aber: meine Stimmung und Antrieb wurde besser, ich fühle mich lebendig und kann wieder arbeiten. Jetzt bin ich bei 50 mg am Tag (Notfallration von 25 mg für schwierige Situationen immer parat). Ich habe bereits seit Tagen kein Verlangen mehr verspürt, träume wieder gut, fühle mich ausgeruht und kann vor allem wieder arbeiten.
Für mich war wichtig, zu erkennen, wie wichtig das GGG ist, viel hilft nicht immer viel.

LG un einen schönen Sonntag

Fallada

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Sonntag 25. November 2012, 10:12 
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Liebe Fallada

Danke für Deinen eindrücklichen Bericht! Schön, dass Du den Weg wieder gefunden hast.
Ein Satz wird noch in mir nachklingen, er ist an Aussagekraft kaum zu überbieten:
Zitat:
An dem Tag mit der hohen Dosierung fühlte ich mich wie taub, von allen Bindungen fern und gelöst, es war, als sei niemand mehr da.
Offenbar war genau zu diesem Zeitpunkt bei Dir der "Umkehrpunkt" eingetroffen. Aus der totalen Verlassenheit zurück ins Leben.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du nun in der Stabilität von "GGG" bleiben kannst.

LG moonriver

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Sonntag 25. November 2012, 14:41 
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@Fallada,

einigermaßen besorgt bin ich über Dein Experiment. Aber ganz von Anfang, wenn ich richtig lese hast Du Deine Depressionen mit Alkohol und nach Absprache mit Deiner Therapeutin bekämpft. Ist das wirklich so? Aufgrund großer Traurigkeit Deiner Tochter musstest Du 2 Viertel Wein trinken? Was kam danach, abgesehen von der Dosierung bis 200mg. Hast Du weiter getrunken und wenn ja wieviel?

Die von Dir beschriebene Absetzproblematik finde ich so beschrieben:
Zitat:
Nach mehrmonatiger, hochdosierter Baclofen-Behandlung kann es nach plötzlichem Absetzen der Therapie oder abrupter Dosisreduktion zu Konzentrationsstörungen, Verwirrtheit, körperlicher Unruhe (Agitiertheit) bis hin zu manischen Zuständen, zu visuellen und akustischen Halluzinationen und zum Auftreten lokaler oder generalisierter Krampfanfälle bis hin zum Status epilepticus sowie zu vermehrtem Wiederauftreten der Spastizität (Rebound-Spastizität) und Erhöhen der Körpertemperatur (Hyperthermie) kommen.
Besondere Aufmerksamkeit möchte ich auf den Reboundeffekt lenken. Du hast lt. Deiner Beschreibung weder plötzlich abgesetzt noch aprupt die Dosis reduziert. Was noch fehlt ist die Frage nach der Überlegung ob nicht vielleicht doch ein gut verträgliches AD auch eine Möglichkeit sein hätte können.

Bitte sei so gut und präzisiere Deine Abgaben etwas mehr, es ist sicher auch für andere wichtig.

LG Federico

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Sonntag 25. November 2012, 16:41 
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Lieber Federico,

da habe ich mich wohl etwas mißverständlich ausgedrückt bzw. meine Geschichte seit 6.4. zu kurz zusammengefasst. Die 2 Viertel Wein, weil ich die Traurigkeit meiner Tochter nicht aushielt, waren mein erster Vorfall, ich glaube im Juni, damals fing ich von 50 mg hektisch an aufzudosieren. Bis Ende Oktober war ich dann mit Aufs uns Abs und einigen Vorfällen bei 125 mg, aber schwer antriebsgemindert und wie in mir gefangen. Craving, das vorher fast weg war, wurde wieder stärker. In der therapeutischen Arbeit stellte sich fast gleichzeitig heraus, daß ich in meiner Vor-Baclofen-Zeit Alkohol benutzt habe, um teilweise schwere Depressionen in den Griff zu bekommen. Darum habe ich beschlossen, da ich meine jetzige Antriebsarmut schon auf das Baclofen zurückführe, vorsichtig herunterzudosieren bis auf, wenn möglich, 50 mg. Das habe ich nun die letzten drei Wochen gemacht, vor drei Wochen war ich auf 112,5 mg, ich habe alle drei Tage um 12,5 mg reduziert. Von den von Dir beschriebenen NW keine Spur, fühlte mich lediglich etwas fiebrig. In der Woche vor meinem Entschluß, zu reduzieren, habe ich 3 x ein Viertel Weißwein konsumiert, weil ich mein Alleinsein nicht mehr ertragen konnte. Und natürlich wurde ich in den drei Wochen liebevoll begleitet und werde es noch. Derzeit kein Verlangen und es geht mir deutlich besser.

LG Fallada

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Sonntag 25. November 2012, 16:57 
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@Fallada,

danke für die Aufklärung. Das hört sich schon mal ganz anders an.
Alle guten Wünsche für die weitere Genesung.

LG Federico

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Dienstag 27. November 2012, 11:34 
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Hallo Leute,

habe beschlossen, das in meinem ersten Thread so akribisch geführte Baclofen Tagebuch hier wieder aufzunehmen.
Gestern, 26.11.2011, 7 Monate und 20 Tage nach Beginn der Baclofeneinnahme: mittags und abends 25 mg Baclofen (bis zum vorherigen Tag 4 x 12,5 g, letzte Reduktion letzte Woche Mittwoch von 62,5 mg auf 50 mg am Tag). Keine NW, Stimmung stabil, es geht mir trotz meiner noch immer schwierigen Lebensumstände ganz gut. Kein Verlangen, kein Alkohol.

LG Fallada

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Mittwoch 28. November 2012, 07:29 
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Guten Morgen,

gestriges Tagebuch: Baclofen 0-25-25-0 mg. Spätnachmittags ziemlich Stress und deswegen Verlangen, habe die ursprünglich für 20:00 Uhr geplante Abenddosis vorgezogen, Notfallration immer mit dabei, habe diese dann aber nicht mehr gebraucht. Ansonsten: keine NW, kein Alkohol, den Umständen entsprechend geht es mir gut.

Einen schönen Tag
wünscht Fallada

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Mittwoch 28. November 2012, 18:03 
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Hallo Leute,

gerade habe ich eine Horrorerfahrung gemacht, die ich, vermute ich, wohl schon sehr oft hatte, nur daß ich sie bisher nie so sehr wahrgenommen habe und einordnen konnte, sondern lieber mit einer Flasche Wein "wegmachte": Aufgrund eines rel. kleinen Anlasses - meine Scheidungsanwältin hatte bei der Unterhaltsberechnung bei einer Versicherung versehentlich den 100fachen Wert der Rate angesetzt (Komma verrutscht) und sich damit erheblich zu meinen Ungunsten verrechnet. Dies ist soweit kein Problem - es ist mir aufgefallen und kann damit behoben werden. Aber: Ich reagierte mit maximaler innerer Anspannung. Ich konnte nichts tun - mich nicht ablenken, nicht telefonieren, nicht arbeiten, gar nichts, nicht einmal Kinderbücher oder Comics lesen. Ich war wie ein aufgedrehtes Männchen gefangen in mir selbst. Es war schrecklich, unerträglich, ich kann es gar nicht beschreiben wie schlimm es war. Ich wußte nur eines: nicht los und Wein kaufen (der hätte geholfen, das wußte ich). Was tun? Ich nahm eine 25 mg Tablette Baclofen Notfallration, stellte mich eine halbe Stunde auf den Crosstrainer und "radelte" hart an meiner Belastungsgrenze. Dann nahm ich ein schönes warmes Bad, wusch mir die Haare und machte mich hübsch. Und jetzt geht es mir wieder gut.
Danke, Forum, das ich so reagieren kann habe ich hier gelernt.

LG Fallada

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Mittwoch 28. November 2012, 18:11 
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@fallada,

ich bin dann dann mal ganz bei dir...

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 Betreff des Beitrags: Re: Das gewagte Experiment
BeitragVerfasst: Mittwoch 28. November 2012, 21:23 
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Hallo Fallada

Danke, dass Du diesen Bericht ins Forum gestellt hast. Es wird sicher einigen vor Augen führen, was mit Bac möglich wird!

In solchen Situationen zudem noch das Richtige zu tun, trotz allem, weist auf eine zunehmende Nachhaltigkeit Deiner Therapie hin.
Gratuliere!

LG moonriver

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