Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Freitag 13. Januar 2017, 21:09 
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Registriert: Sonntag 1. April 2012, 14:23
Beiträge: 174
Hallo Freunde,

ich wollte euch mal von meinen Erfahrungen berichten, nach 3 1/2 jähriger erfolgreicher Abstinenz, mit der Einnahme von Baclofen aufzuhören. Ging nämlich nicht gut aus.

Ich hatte nach jahrelanger Abhängigkeit mit allen Folgen, gesundheitlichen, beruflichen, sozialen Folgen 2012 hier angefangen und hatte das Glück, dass Baclofen bei mir gleich sehr gut angeschlagen hat. Baclofen hat sich auch positiv auf meine Depressionen ausgewirkt, die wahrscheinlich letztendlich die Ursache für mein Trinken waren. Alkohol als Medizin sozusagen.

3 1/2 Jahre lief alles super. Ich kam mit einer Erhaltungsdosis von 25mg/Tag aus. Ich habe kein Verlangen nach Alkohol mehr gehabt, er ist regelrecht aus meinem Leben verschwunden. Ich kam wieder auf die Beine und konnte einiges in meinem Leben richten, beruflich undfamiliär. Körperlich ging es mir super, ich war wieder fit.

Dann habe ich aufgehört Baclofen zu nehmen. Ich habe es eigentlich immer öfter vergessen und dachte, okay, dann brauchst du es auch nicht mehr. Geheilt, sozusagen!

Stimmt nicht, wie ich heute weiss. Erst mal hab ich keinen Unterschied bemerkt. Alles gut, kein Verlangen. Wie es sich wirklich zugetragen hat, verstehe ich erst heute, im Rückblick, nach einem massiven Rückfall.

Nach drei Monaten ohne Baclofen habe ich - nach siebzehn Jahren rauchfrei - wie aus heiterem Himmel eine Zigarette geraucht. Und ich dachte noch, warum tust du das jetzt? Du hast definitiv keine Lust mehr auf den Qualm, Husten, Gestank. Warum? Einziger Grund, ich war emotional angekratzt, verletzt wegen einer Sache, Scheissegal-Gefühl. Nach einer Woche war ich wieder bei einer Schachtel täglich, mein Körper hat revoltiert, ich hab fast gekotzt, so übel war mir von dem Gift. Aber es musste sein!

Weitere drei Monate später, Herbst 2015 habe ich bei einer Feier mein erstes Glas Sekt/Orange getrunken. Der erste Schluck, ebenfalls wie Gift. Ich dachte noch, bäh, schmeckt dir ja gar nicht mehr, also keine Gefahr! Geheilt! Kannst also ruhig bei sozialen Events was trinken. Hab' ich gemacht, so alle zwei bis drei Wochen.

Das ging ein Jahr lang gut. Irgendwie ging es mir aber seelisch über dieses Jahr immer schlechter. Altbekannte Probleme meldeten sich wieder. Aber alles so schleichend, dass ich nicht wirklich kapiert habe, was da los ist. Dass mein Gehirn wieder in den Notstand gerät. Die Grundruhe unter Baclofen war weg. Dann letzten Herbst war es soweit. Ein schlimmes persönliches Erlebnis, das alle meine Ängste getriggert hat, verlassen zu werden, betrogen zu werden, ungerecht behandelt zu werden, nicht gut genug zu sein. Ich hab das erste Mal wieder Alkohol gekauft, musste mir vor dem Regal regelrecht überlegen, welchen Wein hast du früher immer getrunken, ich wusste es gar nicht mehr. Das erste Glas, reine Medizin, geschmeckt hat es nicht. Das zweite Glas habe ich mir reingewürgt, bittere Medizin sozusagen. Dass ich statt dessen Baclofen gebraucht hätte, darauf kam ich gar nicht!

Nach zwei Wochen war ich bei einer Flasche am Tag. Körperlich und seelisch ging es mir immer schlechter. Die Mengen, die ich früher getrunken habe, schaffte ich gar nicht mehr, der Körper hat's nicht mitgemacht. Jetzt in den Weihnachtsferien habe ich überhaupt erst nachgedacht. Und ich dachte, Mann, wie kann man so blöd sein? Ich hab' echt den Zusammenhang nicht hergestellt – es war nicht der Alkohol, der mir fehlte, sondern das Baclofen! Das Verlangen nach Alkohol kam schleichend, nachdem meine Gehirnchemie durch Baclofen nicht mehr versorgt wurde. Was auch irgendwie logisch ist, das Grundproblem der gestörten Gehirnchemie ist ja immer noch vorhanden. Da ist nix repariert, oder geheilt. Dass ich das ein paar Monate ohne Baclofen durchgehalten hatte, war so was wie neu erlerntes Verhalten, sprich, ich hatte mich dran gewöhnt, die Tage ohne Alkohol zu verbringen. Das neue Muster hat aber nicht durchgehalten, nicht als die Probleme sich über mir zusammengebraut haben.

Seit zwei Wochen dosiere ich Baclofen wieder auf, Alkohol habe ich auf Null runtergefahren, und es geht erstaunlich gut. Das craving hält sich sehr in Grenzen, nicht zu vergleichen mit den Kämpfen beim ersten Aufhören. Und mein Körper signalisiert mir einfach nur, danke, dass du's kapiert hast. Im Grunde kann ich dankbar sein für die Erfahrung, das alles hat mir noch einmal sehr deutlich den Zusammenhang zwischen meiner Grunderkrankung und dem Heilmittel Alkohol versus Baclofen gezeigt. Ich werde bei Baclofen bleiben. Das Alternativheilmittel Alkohol ist keine Option. Auch wenn es heisst, ich muss wahrscheinlich ein Leben lang dabei bleiben.

Liebe Grüße an alle, Betty


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Freitag 13. Januar 2017, 23:41 
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Für mich steht fest, dass es ein lebenslängliches Medikament ist.
Man muss halt seine Erhaltungsdosis finden, was schon etwas länge dauern kann.
Danke für den ausführlichen Bericht.

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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Freitag 13. Januar 2017, 23:44 
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Registriert: Mittwoch 13. Juli 2016, 14:49
Beiträge: 682
Hallo Betty,
Donnerwetter das is ja mal ne Geschichte, danke dafür und :hutab: das du es so lange durchgezogen hast mit "ohne Alkohol" .
Und hier schreibst was passiert ist......
Macht mich nachdenklich und bestärkt mich in meiner Meinung, das man, wenn man einmal dieses Problem hat lebenslang damit zu kämpfen hat. Und es nie vergessen darf, soll, kann, wie auch immer. Es wird immer da sein !
Das man es mit Baclofen aber ziemlich gut unter Kontrolle behalten kann, hilft mir jetzt schon.
Im Gegensatz zu dir bin ich da ja blutige Anfängerin, die ja auch immer dachte, ach wenn erst mal länger "trocken bist" hast auch alles wieder im Griff, weit gefehlt, mir hat nach einem Jahr auch nur ein Glas Sekt den Anstoss gegeben, genau wie bei dir, erst kontrolliert und dann immer mehr......usw, war allerdings bevor ich Bac gefunden habe.
Danke für deine Geschichte und dir wünsche ich einen guten Neustart.
Gruss Bine


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Samstag 14. Januar 2017, 10:54 
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Zitat:
ich wollte euch mal von meinen Erfahrungen berichten, nach 3 1/2 jähriger
erfolgreicher Abstinenz, mit der Einnahme von Baclofen aufzuhören. Ging nämlich
nicht gut aus.

Versteh' ich jetzt nicht ... :-??

Ging doch gut aus.

LG Federico

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„Es gibt keine Alternative zum Optimismus,
Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Samstag 14. Januar 2017, 15:13 
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Registriert: Sonntag 1. April 2012, 14:23
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Hallo Federico,

schön, dich mal wieder zu lesen :-h

Na ja, so gesehen, hast du recht, am Ende ging es doch gut aus. Weil ich den Weg zu Baclofen zurückgefunden habe. Stabil bin ich noch nicht wieder. Ich hoffe, dass ich recht bald, meine Erhaltungs- und Wohlfühldosis wieder finde, dass ich ich die Grundruhe zurückbekomme, die ich unter Baclofen erlebt habe und die mir immerhin recht lange alkoholfreie Jahre ermöglicht hat.

LG Betty


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Samstag 14. Januar 2017, 17:57 
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@delle
Zitat:
Für mich steht fest, dass es ein lebenslängliches Medikament ist

Für mich auch, nach dieser Erfahrung :daumen:

Liebe Grüße an dich
Betty


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Samstag 14. Januar 2017, 18:31 
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Zitat:
Für mich steht fest, dass es ein lebenslängliches Medikament ist
Ich nehme es mittlerweile mehr als 7 Jahre. ;)
Früher gab es einmal den Werbespruch: „Medizin meines Lebens“. Ich glaube das war Aspirin.
Bei mir ist es eher Baclofen.

LG Federico

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Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 15. Januar 2017, 01:28 
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Federico hat geschrieben:
Früher gab es einmal den Werbespruch: „Medizin meines Lebens“. Ich glaube das war Aspirin.


Oder Klosterfrau Melissengeist? Oma hat das ständig zu sich genommen... :-

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Alkohol ist und bleibt ein hochgefährliches Nervengift, das dich als Freund empfängt und früher oder später wie einen Depp aussehen lässt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 15. Januar 2017, 01:43 
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Beiträge: 682
Und wusste nicht das sie abhängig ist ....


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 Betreff des Beitrags: Re: Baclofen für immer ? Missglückter Versuch ohne Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 15. Januar 2017, 02:55 
Hallo bettyblue,

ganz herzlichen Dank für deinen Bericht, er hat mich sehr betroffen gemacht !! Deshalb auch nach längerer Zeit ein Beitrag von mir.

Ich habe 2011 mit Baclofen angefangen meinen jahrzehntelangen Alkoholkonsum "in den Griff" zu bekommen. Ich hatte es in einer Zeit von mehreren Monaten geschafft erst abstinent zu werden, danach konnte ich ohne Baclofen alle 4- 6 Wochen Bier genießen, aber nur für jeweils einen Tag. Danach war sofort wieder Abstinenz angesagt. Bei mir waren wohl Angstzustände und Ängste ganz allgemein die Hauptursache für meinen Alkoholismus. Diese Ängste wurden mit Baclofen deutlich weniger, bis zu einem Punkt, den man wohl als normal beschreiben kann. Denn ohne natürliche Ängste funktioniert normales Leben auch nicht, das mußte ich aber auch erst lernen. Baclofen schlich ich langsam aus, da ich doch, obwohl niedrig dosiert (max. 75 mg/ Tag für 6 Wochen) einige unangenehme NW hatte.
Nach dem Absetzen von Baclofen nahmen die Ängste je nach Lebensumständen aber zwischenzeitlich bedrohliche Ausmaße an. Auf Rat von Jivaro nahm ich dagegen vorübergehend niedrige Dosen Baclofen mit deutlicher angstlösender Wirkung. 5 mg Baclofen zeigen bei mir schon Wirkung.
Ich habe nie Alkohol und Baclofen zusammen konsumiert, ich glaube heute, das war mein Glück und kann es nur allen empfehlen.
Im Herbst letzten Jahres hatte ich mal wieder gemeint, nach mehr als 4 monatiger Pause, Bier trinken zu müssen. Eigentlich kein Problem, denn bisher war danach immer wieder Sense damit. Wie der Zufall so spielte, kam tagsdrauf überraschend mein bester Freund zu Besuch, sein Flug wurde abgesagt und er wollte bei uns übernachten. Was haben wir früher immer getan wenn wir uns trafen ?? Na klar, einen auf die Lampe gegossen. Na gut dachte ich, kein Problem, ... dann eben mal 2 Tage hintereinander..., zum ersten Mal seit ungefähr 5 Jahren.
Der kommende Abend wurde fast genau so wie die Abende von vor längst vergessenen Zeiten ! Cravingalarm !!
Für die nächsten Tagen wieder niedrigdosiert Baclofen eingenommen, natürlich ohne zusätzlichen Alkoholkonsum, und gut war´s.
Gott sei Dank, wirkt dieses Medikament bei mir so schnell und wirkungsvoll. Ich denke so wie du, daß es möglicherweise mein lebenslanger Begleiter bleibt, wenn ich Glück habe nur als Retter in der Not.

Nochmals Danke für deinen Bericht !

LG, luzifer


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