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Baclofen alleine genügt nicht

Montag 14. März 2011, 16:33

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Baclofen und was kann ich sonst noch für mich tun?

Wie wir heute wissen, führt Baclofen ohne zusätzliche Eigenleistung nur selten zu einer langfristig zufriedenstellenden Genesung. Eine Bestandsaufnahme nach 28 Monaten intensiver Forenarbeit führt zu 10 grundsätzlichen Erkenntnissen auf der Basis eigener und der Erfahrungen von mehr als 800 Mitgliedern des Forums sowie der Auswertung von sechs innerhalb des Forums durchgeführten Umfragen. Seit einigen Jahren ist ein Paradigmenwandel in der Suchtforschung/Suchttherapie erkennbar. Innerhalb des überwiegend praktizierten 3-Säulen-Modells abstinenzorientierter, dogmatischer Prägung (Entgiftung/Entwöhnung/SHG), insbesondere in der Behandlung von Alkoholismus ist hingegen kaum ein Umdenken wahrnehmbar. Immer wieder werden im Forum Fragen nach Therapieangeboten, Therapieformen, Entwöhnungstherapien, Langzeittherapien und Selbsthilfegruppen gestellt. Das neue Unterforum mit dem schlichten Titel „Therapie“ trägt diesem Umstand Rechnung und versucht Antworten zu diesem wichtigen Thema zu finden. Wir freuen uns über eine lebendige Diskussion.

Federico, Jivaro, Praxx


1. Baclofen ermöglicht eine schnell erreichbare Trinkpause, bzw. Reduktion des Alkoholkonsums

2. Eine rege Beteiligung im Forum fördert die Beibehaltung einer gesünderen Lebensweise und erhöht die Sicherheit im Umgang mit Baclofen (Nebenwirkungen)

3. Baclofen plus weiterführende Bearbeitung des Alkoholismus führen zu erhöhter Stabilität und wenn erwünscht, zu zufriedener Abstinenz

4. Unter weiterführender Bearbeitung ist zu verstehen:
    a) Selbsthilfegruppe ohne Dogmen und Toleranz gegenüber Baclofen
    b) begleitende Gespräche mit Vertrauensperson(en) ohne absoluten Abstinenzanspruch
    c) Coaching mit (selbst)erfahrenem Coach (Baclofen und Alkohol)
    d) Psychotherapie mit Toleranz gegenüber Baclofen ohne absoluten Abstinenzanspruch
    e) KT-Training nach Körkel, Harm Reduction Programme (IHRA)

5. Unter erfolgreicher Therapie verstehen wir innerhalb des Forums ausschließlich das Erreichen eines cravingfreien Zustandes mit sozial- und gesundheitsverträglichem Alkoholkonsum oder zufriedener Abstinenz.

6. Primärerkrankungen sind vorerst nicht Gegenstand von Diskussionen innerhalb des Forums sofern sie über Angsterkrankung und Depressionen hinausgehen

7. Empfehlungen für Coaching und Psychotherapie werden vorerst ausschließlich über Link zur Website von Paradigmenwandel.org abgegeben.

8. Langzeittherapien im Zusammenhang mit Baclofen sind derzeit (noch) nicht möglich.

9. Ambulante und stationäre Entwöhnungsbehandlungen mit unterstützter Baclofen-Medikation können sinnvoll sein (Adressenliste auf der Website von Paradigmenwandel.org)

10. Ausschlusskriterien: Jede Therapie, die Betroffene nicht dauerhaft weiterführt oder die mit Erklärungsmustern arbeitet, die ein Therapieversagen ausschließlich dem Betroffenen selbst anlastet, ist kontraproduktiv und daher zu ändern oder zu unterlassen.

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Montag 6. Februar 2012, 15:58

Hallo Federico !

Heute ist Montag und ich habe genau 1 Woche Baclofeneinnahme hinter mir .
Am Sonntag habe ich die Mittagsdosis von 12,5 mg auf 18,75 mg angehoben,die 10/18 Uhr Dosis liegt weiterhin bei 12,5 mg.
Heute Nachmittag mache ich meinen ersten Termin bei einer Phychotherapie klar, um meine Verhaltensweisen (Tagesablauf,Soziale Kontakte,Ernährung usw ) besser auf Reihe zu kriegen. ;)
Vergangenheitsbewältigung und Zukunftsperspektiven gehören auch dazu!
Vom Baclofen habe ich bis heute außer leichter Müdigkeit keine weitere Nebenwirkungen.
Ich bin sehr Entspannt und hatte bis auf Samstag kein Verlangen nach Alkohol.
Am Samstag habe ich 2 Flachmänner getrunken und bin dann ins Bett gegangen. :ymblushing:
Irgendwie hat es aber keinen Spaß mehr gemacht und es war auch kein Verlangen nach mehr !
Einer der Gründe der Dosiserhöhung am Mittag !
Ansonsten macht es mir richtig Spaß mit Klarem Kopf durch die Weltgeschichte zu Laufen. :ymhug:
Könnte ein neues Hobby werden ! grins
Mfg ollibolli

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Montag 6. Februar 2012, 16:08

Tja olli,

was soll ich sagen, außer das freut mich sehr. Viel Spaß mit dem neuen Hobby fällt mir noch ein \:D/

LG Federico
w

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 14:01

Baclofen alleine genügt wirklich nicht - zumindest nicht über längere Zeiträume!
Seit Jahresbeginn hatte ich unter meinen KlientInnen drei schwere Rückfälle nach 18-24 Monaten Behandlungsdauer. Alle drei waren KlientInnen, denen es aus unterschiedlichen Gründen nicht gelungen war, eine vernünftige Begleitung (Ziffer 4 in Federicos Liste) zu installieren - und alle drei hatten im Vorfeld keine Therapierfahrung, konnten also nicht auf endlich umsetzbare Strategien aus Skill-Groups etc. zurückgreifen...

LG

Praxx

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 15:12

Schon seltsam, gerade eben hatte ich zum selben Thema ein intensives Gespräch mit einer befreundeten Psychotherapeutin. Sie ist überwiegend in der MPU-Vorbereitung tätig und berichtet über ähnliche Erfahrungen.

Ihre sehr klare und eindeutige Aussage zu diesem bedauerlichen Thema: ein Teil der Klienten kann nicht sehen, dass man längerfristig investieren muss, nachdem jahrzehntelang in die falsche Sache investiert wurde. Diejenigen die denken, sie hätten nach ein paar Monaten alles im Griff und jetzt wird wieder losgelebt, sind unversehens wieder bei LOS gelandet.

Meine Meinung: Leider wird die wirklich große Chance, die sich durch die Behandlung mit Baclofen eröffnet, oftmals leichtfertig verspielt. Es ist für mich nur schwer nachvollziehbar, warum die Menschen mit der neu gewonnen Freiheit derartig nachlässig umgehen. 20 Jahre und längere Fehlinvestition in Alkohol und Drogen, erfordert einfach ein Minimum an Neuinvestition. In bessere und langfristig tragfähige Begleitung, eines vormals süchtig gelebten Lebens. Um eine wirklich belastbare Festigung zu erreichen, sind weiterführende Schritte unumgänglich. Stillstand bedeutet Rückschritt – im speziellen Fall kann es Rückfall bedeuten.

Immerhin ist auch schwerer Rückfall produktiv wenn er richtig interpretiert wird. Mit Baclofen macht m. E. die Aufarbeitung eines Rückfalls erstmals wirklich Sinn und kann dann in vielen Fällen zu verbesserter Stabilität beitragen. Das Frühwarnsystem ist besser konditioniert.

LG Federico

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 16:31

Lieber Federico!
"Baclofen (Lioresal*) besitzt als GABA-B-Rezeptoragonist nach Ergebnissen einer offenen und einer doppelblinden klinischen Studie rückfallprophylaktische Eigenschaften." in: Benkert, Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. 8.Auflage Springer 2011 S. 457
(NB: Der Benkert/Hippuis ist die "Pharmabibel" der Psychiater.)
irving

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 18:52

Lieber Irving,

das ist mit Sicherheit das teuerste Buch das ich mir je geleistet habe.
Für die Seiten 445 bis 503 habe ich soeben mit € 29,69 per **** mein Konto belasten müssen.

Ist es aber wert gewesen. Mit diesem Hinweis sollte es zumindest in Zukunft für Patienten leichter werden, verschreibungsresistente Psychiater umzustimmen.

Neue pharmakologische Ansätze

5 Baclofen (Lioresal®) besitzt als GABAB-Rezeptoragonist nach den
Ergebnissen einer offenen und einer doppelblinden klinischen Studie
rückfallprophylaktische Eigenschaften.

Benkert, Hippius: Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. 8. Auflage Springer 2011 S. 457

Vielen Dank für diesen aktuellen Hinweis.

GLG Federico

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 22:33

Ich hätte die Seiten auch kostenlos rauskopiert und gefaxt.
irving

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 22:52

Ja doch, für einen kurzen Moment hat mich meine Gelassenheit vor Freude verlassen.
Aber nochmal danke für den Tipp und die Aufmerksamkeit.

LG Federico

Re: Baclofen alleine genügt nicht

Dienstag 20. März 2012, 23:16

Lieber Irving, hab tausend Dank fürs Einstellen dieses sensationellen links!
Lieber Federico.......Danke für diese wunderbare Investition (dass Du hier für ****-Reklame machst wär sicher nicht nötig gewesen, :- ).

Solche Bücher gibts für jeden Fachbereich in der Medizin....zum Glück!

Habe folgendes gefunden:

Alkoholentzugssyndrom
Es wird v. a. eine sympathoadrenerge Hyperaktivität durch Disinhibition
des noradrenergen Locus coeruleus postuliert. Wichtig scheint
auch der plötzliche Wegfall inhibierender (GABAerger) Einflüsse,
wodurch exzitatorische Einflüsse (NMDA) überwiegen.


Die Symptomatik kann sich von einer milden Ausprägungsform
(unkompliziertes Alkoholentzugssyndrom), die ambulant behandelt
werden kann, bis hin zu einem schweren Alkoholentzugssyndrom
das einer sofortigen stationären Behandlung bedarf, ausdehnen.


Wenn das so ist können selbst "wir" lückenlos kombinieren, dass Baclofen auch im akuten Entzug pharmakologisch schon eine wertvolle Wirksubstanz sein dürfte, da sie genau dort ansetzt! Die ganze Glutamatdiskussion kann hier ausser acht gelassen werden (ergibt sich zwangsläufig). Irgendwann muss das doch mal verstanden und akzeptiert und endlich angewandt werden!!! Passt doch auch wunderbar zu unserern Erfahrungen.

LG jivaro, erschöpft.
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