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Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Montag 20. Januar 2014, 18:40

genau lesen heisst der Ordnung und Vollständigkeit halber auch:

2/a. Für einige User kann es (auch nach längerer Abstinenz) sicherer sein, die einmal erreichte Abstinenz beizubehalten.
2/b. Ob und wie moderater Konsum als ein mögliches Ziel erreicht wird, kann nicht vom Forum bzw. dem Königsweg beantwortet werden. Diese viel diskutierte Möglichkeit kann ausschließlich individuell entschieden werden – idealerweise in Abstimmung mit behandelnden Ärzten oder Therapeuten.


So geht das Königsweg-Zitat weiter.
lg
Lisa

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Montag 20. Januar 2014, 19:17

Lisa - :-bd

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Montag 20. Januar 2014, 20:27

@anniebae

Zumindest in dem Bereich den ich übersehen kann, fährt Baclofen mehr und mehr vor die Wand. Darauf wollte ich hinweisen. Politik ist meine Sache nicht, das können andere besser. Aber bestehende Therapien ergänzen, Baclofen nicht direkt als erste sondern vielleicht erstmal als letzte Wahl fordern (DAMIT komme ich immer durch. 5 erfolglose Standardtherapien, sollen wir nicht DOCH mal Baclofen..." hat noch kein Arzt verweigert, wenn das erklärte Ziel die Abstinenz war.


okay, darauf wolltest Du hinweisen...;
okay, - Danke.

gruß, Ralf.

-habe fertig .-

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Dienstag 21. Januar 2014, 15:22

anniebae hat geschrieben:Wer lesen kann, ist klar im Vorteil!

Und wie das stimmt. Raum Köln/Bonn, Streetworker und die mehr als auffällige
Häufung von Zitaten in einem einzigen Faden. Das macht keiner so, ausser ...

Ich sag's mal so,
wahrscheinlich liest keiner so regelmässig ALLE BEITRÄGE, im Forum wie

LG Federico
... und Angriffe auf @Jivaro verbitte ich mir an dieser Stelle AUSDRÜCKLICH !!!
Ansonsten werden wir Dich löschen müssen ... das ist keine Androhung,
sondern eine ANKÜNDIGUNG !!!

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Dienstag 21. Januar 2014, 19:35

@Federico

Vielleicht habe ich etwas überlesen, aber ich habe keine Angriffe von @anniebae auf @jivaro gesehen.??

LG

Patrick

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Dienstag 21. Januar 2014, 21:48

Hallo Annie

Du erwähnst diese Umfrage von Januar 2013 der Association Baclofène. Was man der Statistik (Umfrage) natürlich vorwerfen kann: Es sind freiwillige Antworten von so gut wie nur Forums-Usern. Hier trotzdem noch mal die Zahlen etwas weiter ausdifferenziert:

Antworten (Selbsteinschätzung) betreffend den Erfolg der Therapie, abhängig von deren Beginn:

  • Beginn 2008/2009: Erfolgreich 82 %, Noch laufend 13 %, Misserfolg 5 %
  • Beginn 2010: Erfolgreich 73 %, Noch laufend 18 %, Misserfolg 9 %
  • Beginn 2011: Erfolgreich 67 %, Noch laufend 21 %, Misserfolg 12 %
  • Beginn 1. Sem. 2012: Erfolgreich 60 %, Noch laufend 28 %, Misserfolg 12 %
  • Beginn 2. Sem. 2012: Erfolgreich 41 %, Noch laufend 49 %, Misserfolg 10 %

Was die Teilnehmer, welche sich als „erfolgreich“ einstufen, unter Erfolg (durchschnittlicher täglicher Konsum) verstehen, ist hier aufgeschlüsselt:

  • Abstinenz: 26 %
  • Gelegentlicher Konsum: 58 %
  • 1-2 Standard-Drinks pro Tag: 3 %
  • 2-4 Standard-Drinks pro Tag: 11 %
  • 4-6 Standard-Drinks pro Tag: 1 %
  • 6-10 Standard-Drinks pro Tag: 1 %

Und dies ausgehend von folgender Selbsteinschätzung vor der Baclofen-Therapie:

  • 3-4 Standard-Drink pro Tag: Männer 2 %, Frauen 6 %
  • 5-6 Standard-Drink pro Tag: Männer 7 %, Frauen 11 %
  • 7-10 Standard-Drink pro Tag: Männer 20 %, Frauen 34 %
  • Mehr als 10 Standard-Drink pro Tag: Männer 59 %, Frauen 38 %
  • Weiß nicht: Männer 13 %, Frauen 10 %

Dass die Zahlen auf Selbstangaben beruhen, liegt in der Natur der Sache. Das ist auch bei „seriösen“ Studien zu anderen solchen Medikamenten nicht anders.

Und warum nennst Du nicht auch andere publizierte Studien, z.B. die von Renaud de Beaurepaire oder eine von Laurent Rigal? Ich frage mich auch, was Du Deinen Ärzten jeweils mit auf den Weg gibst. Nur Deine mündlichen Erfahrungen oder auch Schriftliches? Wenn letzteres zutrifft, was genau empfiehlst Du dann.

Es stimmt schon, dass die Baclofen-Therapie nicht nur Abstinenz als Ziel hat. Auch eine markante Reduktion des Alkoholkonsums wird bereits als Erfolg gewertet. Die französische Ärzteschaft hat damit, im Gegensatz zu dem von Dir genannten deutschen Therapeutenkreis, offenbar kein Problem, die Zahl der Baclofen zur Behandlung von Alkoholismus verschreibenden Ärzte steigt in Frankreich exponentiell an, 2012 seien es bereits „über 10‘000“ gewesen, so jedenfalls Alain Weill, der Vertreter der CNAMTS, dem Pendant zur deutschen AOK. Könnte man da nicht sagen, dass die Botschaft schon stimmt, aber die Bereitschaft sie in Deutschland aufzunehmen noch nicht ganz?

Fragt DonQ

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Dienstag 21. Januar 2014, 23:14

Wie soll das denn gehen mit der Suchttherapie, wie wir sie in Deutschland haben,
Uber Suchtmedizin lernen deutsche Medizinstudenten überhaupt nichts. Die vorhandenen Einrichtungen gingen aus den früheren Trinkerheilanstalten hervor, deren Träger meist konfessionelle oder freie Wohlfahtsinstitutionen waren.
In den Gründungszeiten wurden dort praktisch nur Menschen behandelt, deren Suchterkrankung schwer und weit fortgeschritten war, am Ende stand regelmäßig die dauerhafte Unterbringung in der Psychiatrie oder die Obdachlosigkeit als Berber...
Die Grundsätze der Behandlung orientierten sich an laienhaften, nie hinterfragten Vorstellungen von Sucht und ebenfalls laienhaften Vorstellungen von der Behandlung.
Die veränderte Klientel der Suchthilfe stellt dieses System natürlich vor immer größere Probleme, dennoch wird an den althergebrachten Behandlungspfaden und -zielen festgehalten.
Resultat: "Die Suchtkrankheiten verhalten sich so, als ob es diese (die Standardtherapie) nicht gäbe" (Dr Ulmer, Stuttgart, 2009)
Deutsche Suchtmediziner haben ihr "Handwerk" in den vorhandenen Einrichtungen mit den bekannten "Hausphilosophien" erlernt und haben dort ein bequemes Auskommen, solange sie nicht "wider den Stachel löcken"
Der Rest der Ärzte hat kein Interesse daran, sich auf die unbezahlte, aufwändige Betreuung Suchtkranker einzulassen, die ohnehin regelmäßig ganz offensichtlich nutzlos ist. Wozu da irgendwie mitmischen, es gibt doch dieses großartige Hilfesystem, das sich um alles kümmert...

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Mittwoch 22. Januar 2014, 01:10

@DonQ:
Echt unempathisches Zahlenmaterial - und so aufschlussreich. Bin ich froh, kann da jemand für mich rechnen! Die Zahlen sprechen schlicht für sich.
:daumen: Dann also empathisches Danke!

lg
Lisa

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Mittwoch 22. Januar 2014, 13:53

Ich wurde gebeten diesen Betrag hier zu posten. Für den Inhalt bin ich nicht verantwortlich.

Willo hat geschrieben: Hallo Annie!

Zunächst mal möchte ich mich bei Dir bedanken. Du engagierst Dich für Menschen, über die die meisten von uns mit gerümpfter Nase hinwegsteigen. Allein dafür gebührt Dir Dank und Respekt.
Dann setzt Du Dich, wenn ich das richtig verstehe, im Rahmen Deiner Möglichkeiten für die Behandlung Alkoholabhängiger mit Baclofen ein. Ein weiteres „Danke“. Und darüber hinaus findest Du noch die Zeit und den Mut, Dich hier mit uns auseinanderzusetzen, weil Du die Therapiechancen aus Deiner Sicht verbessern möchtest. Das finde ich gut und wichtig und richtig. Ich wünschte, mehr „Profis“ würden sich an diesen Diskussionen beteiligen und zur Entwicklung der Anerkennung von Baclofen in Deutschland beitragen.

Ich sehe heute, knapp vier Jahre nach Beginn meiner Baclofentherapie viele Dinge differenzierter als zu Beginn. Inzwischen lebe ich abstinent, obwohl ich zwei Jahre lang versuchte, moderat zu trinken und dann ein weiters Jahr brauchte, um so etwas wie eine „dauerhafte Abstinenz“ zu erreichen (ein zweitägiger Rückfall in 6 Monaten). Ich bin wie Du der Ansicht, dass Abstinenz als Ziel nicht aufgegeben werden sollte, einfach, weil es sicherer scheint als dauerhafter Konsum, sei er auch noch so gering. Ich glaube, dass die Hemmschwelle, wieder in den Überkonsum einzusteigen, niedriger ist, wenn man sowieso eine bestimmte Alkoholmenge regelmäßig trinkt. Und wie Du bin ich überzeugt, dass moderater Konsum dauerhaft nur einer Minderheit gelingt.

Du kritisierst weiter, dass von den 2 Millionen Suchtkranken nur 150.000 den Weg in eine klassische Therapie finden, die immerhin 25% von ihnen helfen könnte und meinst, dass unsere Foren dazu beitrügen, dass die Leute der klassischen Therapie in Scharen davonlaufen.

Als ich mit der Baclofenbehandlung begann, war die Perspektive, meinetwegen die Hoffnung, irgendwann wieder „normal“ trinken zu können, der Hauptmotivator, überhaupt eine Therapie zu beginnen. Ich war immer funktionierender Alkoholiker, hatte einen geregelten Alltag, solides Einkommen, eine glückliche Familie und ein stabiles soziales Umfeld.

Allein die Gefahr, davon etwas auf’s Spiel zu setzen, wenn ich mich zu meiner Abhängigkeit bekenne, hätte mich auch weiterhin davon abgehalten, irgendeine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich weiß, dass das von den Profis im Allgemeinen nicht verstanden wird, daher nochmal in aller Deutlichkeit: ich wäre lieber am Alkohol verreckt, als mich in eine klassische Therapie zu begeben.

Die Behandlung mit Baclofen konnte völlig unspektakulär zu Hause stattfinden, es gab keine Entwürdigung, niemand hat mir Willensschwäche, nasses Denken oder sonstwas vorgeworfen. Ich musste mich nicht mit meiner Sozialphobie vor einen Kreis Leute stellen und sagen „Ich bin Willo. Ich bin Alkoholiker. Ich bin machtlos!“ Ich konnte völlig unauffällig an mir arbeiten, außer meiner Hausärztin und meiner Frau weiß bis heute niemand irgendetwas davon.
Und ich war nie „machtlos“.

Baclofen hat mir als Medikament nicht geholfen. Moderates Trinken ist mir verwehrt geblieben, ich lebe abstinent und werde es bleiben. Aber ohne die Erkenntnis, die ich durch Olivier Ameisens Buch gewinnen konnte, dass biologisch mitbedingte Angst und Depressivität meine Trinkgründe waren, ohne die damit verbundene Aufrechterhaltung meiner Selbstachtung und Würde, ohne die drei Jahre Zeit, diese Erkenntnisse für mich zu adaptieren und umzusetzen und ja, ohne die Hoffnung auf einen normalen Alkoholkonsum hätte ich niemals eine Therapie begonnen. Niemals.

Sicher, Du hast Recht. An der Akzeptanz der Baclofentherapie müssen wir weiter arbeiten, ja, wir sollten aufhören, immer wieder mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Aber die Wand haben nicht wir aufgebaut, und wenn die „klassische“ Therapie mehr als 150.000 Patienten erreichen möchte, dann sollte sie es statt mit „Wand“ mal mit „Wandel“ probieren.

LG ins Rund

Willo vom „anderen Forum“

Re: Baclofentherapie: Kritik am Ist-Zustand

Mittwoch 22. Januar 2014, 14:28

@Willo vom "anderen Forum"

In diesem Forum gibt's keine Thank-buttons. Betrachte bitte meinen Beitrag hier als einen. Du gibst mir Mut; auch ich habe MT ausprobiert, bis ich gemerkt habe, dass das bei mir nicht funktioniert. Mittlerweile habe ich heute exakt 2 Monate Abstinenz erreicht. Und bin stolz auf diese Eggheads.

LG

Patrick
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