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Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Dienstag 1. März 2011, 12:45

Dies ist die Übersetzung eines Artikels aus dem Wochenmagazin Paris Match vom 28.02.2011. Credits: Jivaro, die neben ihrer täglichen Arbeit in der Suchthilfe die Zeit gefunden hat, über Nacht diesen wichtigen Artikel zu übersetzen.

Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Mercy beaucoup Jivaro
Federico

Paris Match ist in einem Atemzug mit der amerikanischen Wochenillustrierten „Life“ und einem von Henri Nannen gegründeten Wochenmagazin zu nennen. Die Auflage beträgt ca. 600.000 Expl. Parismatch.com hat monatlich 2.000.000 Besucher, die tägliche Frequenz liegt bei 65.000.

http://www.parismatch.com/Actu-Match/Sa ... en-250759/



Trotz der einschüchternden Mitteilungen der Afssaps (Französische Behörde für Lebensmittel und Medikamentensicherheit) haben die Ärzte, nach Erscheinen des Buches von Olivier Ameisen in 2008, begonnen, ihren alkoholkranken Patienten Baclofen zu verschreiben Wie dieser, bestätigten sie die außerordentliche Wirksamkeit dieser Substanz auf Alkoholabhängigkeit und andere Formen der Sucht.

Vanessa Boy-Landry- Paris Match


Wird es einen „Baclofen-Skandal“ geben?

„Eines Tages wird unweigerlich jemand die Geschichte des Baclofen niederschreiben. Vor diesem Hintergrund wird sich die Frage, vielmehr das Rätsel stellen, warum die Ärzte so lange dem Verfall und dem Sterben der Alkoholkranken zugesehen haben, wo sie doch ein Medikament zur Hand hatten, das hätte heilen können?“ Renaud de Beaurepaire, Chefarzt der Psychiatrie in Villejuif, spricht deutliche Worte als er seine Kollegen an den geleisteten hippokratischen Eid erinnert.

„Die konventionellen Therapien bieten in einem Jahr nicht viel mehr Erfolg als ein Placebo, in der Größenordnung 20 – 25 %. Der Psychiater hat heute einen Überblick über 250 Patienten aus den letzten 2 Jahren. „Nur 15 % erfahren keinerlei Heilung; 50% trinken nach einem Jahr gar nicht mehr oder moderat. Etwa 30% haben ihren Alkoholkonsum deutlich verringert, fühlen sich besser, trinken aber immer noch zu viel; sei es durch Fehlen einer echten Motivation oder durch Vorliegen einer psychiatrischen Komorbidität.“

Baclofen wird von den Alkoholspezialisten nicht verschrieben, da es in den Augen der Lebensmittelsicherheitsbehörde keine Gnade gefunden hat. „Die jetzige Datenlage ist unzureichend um den Ärzten eine Verschreibung zu empfehlen“, betont Anne Castot, Leiterin des Risiko und Informationsmangements für das Medikament bei der Lebensmittelsicherheitsbehörde. „Wir wünschen uns dass eine Studie begonnen wird, aber wir brauchen selbst im Rahmen einer Off-label-Verschreibung eine klinische Prüfung.“

Annie Rapp: „unter Baclofen finden die Alkoholkranken ihre Freiheit wieder“.

Einige Ärzte sind noch weiter gegangen: „Endlich kann ich die Alkoholkranken behandeln“ bemerkte Annie Rapp, Psychiaterin aus Paris, die nicht mehr mit Alkoholkranken gearbeitet hatte, seit sie die psychiatrische Klinik verlassen hatte um sich selbständig zu machen. „Ich sah nicht wie ich ihnen hätte helfen können. Es würde nie funktionieren, trotz der Bemühungen von Patienten und Therapeuten.“ Als sie die Existenz von Baclofen entdeckte, hat sie es eingesetzt und nicht bereut. „Einige fühlen sich alleine durch das Medikament sehr erleichtert, einschließlich der schweren Alkoholiker. Sie sind erstaunt und erkennen, dass die Unentbehrlichkeit des Alkohols die sie ein Leben lang begleitet hat, plötzlich verschwindet. Für andere dauert es länger und ist schwieriger, weil durch den Wegfall des „Alkoholmedikaments“ als Betäubung, andere Schwierigkeiten an die Oberfläche treten. Aber bei fast allen geht es wirklich gut und schnell. Jenseits von Abstinenz und Gleichgültigkeit finden sie die Freiheit wieder.“

Seit dem Tag, an dem ein enger Freund ihm die Alkoholabhängigkeit seines Sohnes „gestand“, mit der Bitte ihn mit Baclofen zu behandeln, ist Bernhard Joussaume, Allgemeinmediziner aus dem Südwesten Frankreichs, überzeugt. Er der „nicht einen Alkoholiker in 30 Jahren gerettet hat“, betreut heute sechzig Patienten mit Baclofen, die manchmal aus ganz Frankreich kommen.

Was sind eigentlich die Bedenken der Alkoholspezialisten, Baclofen zu verschreiben?

Frau Paolletti (Rechtsanwältin, Paris): „Wenn ein Arzt unter dem Vorwand dass keine offizielle Zulassungserlaubnis besteht, ein wirksames Medikament nicht verschreibt, könnte auch seine Verantwortlichkeit geprüft werden.“

Liegt es an der fehlenden Zulassung für die Indikation Alkoholismus? Renaud de Beaurepaire: die Benzodiazepine und die Antidepressiva die freiwillig von den Suchtexperten als Langzeitmedikation verordnet werden, erfolgen im off-label-use. Es gibt keinen Beweis ihrer Wirksamkeit bezüglich der Rückfallprophylaxe.“ Diesbezüglich erinnert Odile Paoletti, Anwältin in der Kanzlei „barreau de Paris“, die Ärzte daran, dass sie im Rahmen ihrer gesamten Verantwortlichkeit und Vorsicht frei sind Medikamente im off-label-use zu verschreiben. Deutlicher: „wenn sie unter dem Vorwand, dass ein Medikament keine offizielle Zulassung besitzt, es ihrem Patienten nicht verschreiben, obwohl es seine Gesundheit hätte verbessern, oder seine Krankheit hätte heilen können, könnte ihre Verantwortlichkeit ebenso geprüft werden.“

Was ist mit den hohen Dosierungen „im off-label-use“ und die Angst vor unerwünschten Wirkungen? An diesem Punkt erinnert Olivier Ameisen an die langjährige Erfahrung der amerikanischen Neurologen die hohe Dosen von Baclofen verordnen, ohne jemals schwere oder gar irreversible Nebenwirkungen beobachtet zu haben.

Und wenn Baclofen morgen als Routinebehandlung der Alkoholkrankheit anerkannt würde?

Eine bislang ausschließlich psychiatrische Krankheit wird zu einer Krankheit mit einer neurobiologischen Ursache. Der Alkoholkranke wird vom Gewicht seiner „Schuld“ befreit, die Aufnahme des Giftes das ihn tötet, verringert sich oder entfällt, er profitiert von der gleichen Empathie wie die anderen Patienten. Die Ärzte verschreiben vielleicht weniger Antidepressiva und Neuroleptika und die Krankenhausaufenthalte bleiben den schweren Fällen vorbehalten. Allerdings erzielt Baclofen weder Gewinne, noch Ehre: seit mehr als 10 Jahren ist es ein Generikum, also ohne patentrechtlichen Schutz. Seine Wirksamkeit bei Alkoholismus ist dem klassischen Weg der medizinischen Forschung entgangen. Kein mögliches Patent für die Pharmaindustrie, kein Ruhmesblatt für die namhaften Suchtexperten, die diese Entdeckung verpasst haben. Wenn das der schlimmste Makel von Baclofen wäre?

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Dienstag 1. März 2011, 17:23

sie wachen auf,

wenn sie die erlaubnis erhalten,

wenn sie keine repressalien zu befürchten haben,

wenn sie sich eines ungeschriebenen gesetzes ihrer zunft erinnern.

mit anderen worten, wohl erstmal nicht. es sei denn:

es finden sich ein paar unter ihnen ohne angst und duckmäusertum ihrem chefredakteur gegenüber, mit mut zur wahrheit, und der kraft unbequeme themen anzupacken. ein paar, die sich die zeit nehmen (können), der verpflichtung ihrer zunft den lesern gegenüber nachzukommen und über subjektive "wahrheiten" zu berichten, die sonst eher untergehen.

ich erbitte an dieser stelle die freischaltung für pm.

gruß archaos

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Samstag 5. März 2011, 12:02

@all,
Immerhin, es gibt eine Antwort auf meine Anfrage.
Ich bin gespannt, ob näheres Interesse entstehen wird.

LG Federico

wir haben die wahl!

Mittwoch 9. März 2011, 21:16

es liegt an uns ob wir den schwanz einziehen und und uns alles von menschen in weissen kutten gefallen lassen, oder nicht.wir wissen was für uns das richtige ist. der erste schritt ist ja schon getan. wir können uns übeer das forum austauschen und informationen "befreien".

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Mittwoch 9. März 2011, 21:45

die grundsätzliche ablehnung den ärzten gegenüber halte ich für deutlich übertrieben. wie in jedem beruf, gibt es auch dort ignoranten, aber auch genug andere, die helfen würden, wenn sie genug informationen hätten.

Im Fernsehen war Ameisen ja schon 2009 zu sehen.

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Donnerstag 10. März 2011, 15:41

einstweilen vertraue ich auf die normative Kraft des Faktischen.
Ob man darüber diskutieren kann? Klar, immer.

LG Federico

Re: wir haben die wahl!

Dienstag 15. März 2011, 00:06

hallo freunde, ich möchte niemanden angreifen, sorry falls es so rüber kam. einer meiner besten freunde ist arzt und ich bin ihm sehr dankbar. es ist eine zeit gekommen in der sich viel ändert.
damit will ich sagen es liegt an uns ob wir das bac bekommen oder nicht. für mich ist es nur noch eine frage der zeit, da wird bac gegen sucht eingesetzt. da möchte ich nochmal botonen wie wichtig der austausch im forum ist.

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Freitag 18. März 2011, 12:38

Das ist eine Art kollektiver Verdrängung einer Berufskrankheit.
diesen Verdacht habe ich schon seit langem ...

LG Federico

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Donnerstag 16. Juni 2011, 22:47

Heute gefunden.

http://www.fr-online.de/wissenschaft/wu ... index.html

LG

Re: Wann endlich wacht die deutsche Presse auf?

Freitag 17. Juni 2011, 01:39

http://www.giessener-anzeiger.de/lokale ... 791884.htm

Artikel wurde leider etwas gekürzt und die Kontaktadresse nicht angegeben. Trotzdem....

Lg jivaro
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