Donnerstag 24. Mai 2012, 21:16
Hallo,
auch wenn es ein wenig oT ist, aber das muss ich jetzt einfach mal loswerden.
Beiträge wie dieser von missfit:
Aber mal so off the records: setze ich einen Alkohlokonsum von 5 Flaschen Bier á 1,10 € pro Tag an (das halte ich für einen Menschen der sich selbst eingestehen kann für nicht viel), dann komme ich auf 5,50 € pro Tag (und das ist bestimmt nicht zu hoch angesetzt). Auf 30 Tage (im Schnitt hochgerechnet) komme ich so auf 165,00 Euro im Minimum, denn jeder Alkoholiker weiß, dass er noch "beikonsumiert". Geh ich von 1 bis 2 Flaschen Wein aus, dann kommt es mit Sicherheit auf die "Güte" an. Im Discounter kostet das im minimum auch 4 €. Wenn man in der Qualität etwas höher geht, dann kommt man schnell (bei 2 Flaschen) auf mehr als 5 € pro Tag. Gehen wir mal auf 5 und 10 €, dann liegen wir zwischen 150 und 300 € jeweils im minimum.. Wenn ich jetzt höchstdosiert Baclofen nehme und ich bräuchte 6x25mg von Dura, dann käme ich auf etwas mehr als 150 € im Monat. Ob ich als "gering" oder "gar nicht Verdiener" die etwa 150 € Euro "bringe" ist da eher nebensächlich. Für Alkohol, welcher nicht verschrieben wir, täte ich es doch allemal.
oder auch dieser von Federico:
Schön, dass es mal jemand so vorrechnet. „Geiz ist geil!“ ist ja schön und gut, deshalb muss man noch lange nicht zum Schotten werden, die saufen bekanntlich Whisky.
Meine Rechnung geht viel einfacher, ist á la Milchmädchen und berücksichtigt die Kollateralschäden abseits der reinen Ethanolfuselinfusion. Was kosten verlorene Arbeitsplätze, geschiedene Ehen, verpatzte Aufträge, Führerscheinverlust/MPU, liegengelassene Chancen und im Suff unterschriebene Kaufverträge? Es gäbe sicher noch eine Menge anderer Schäden die jeder wenn er ehrlich ist, für sich selbst ermitteln kann.
Deshalb kann ich das Gejammere wegen max. EURO 50,– für Baclofen nicht unwidersprochen hinnehmen. Ich sehe jeden Tag Frauen und Männer in grauen Jacken die in Abfallkörben nach Pfandflaschen stochern und auf Zehenspitzen in Flaschencontainer leuchten. Am Nachmittag gehen sie dann den Menschen auf die Nerven wenn sie mit Plastiktüten voller Beute den Pfandflaschenautomaten belagern.
Keine Wohnung, kein Internetzugang, allenfalls das Allmosen vom ehemaligen VW-Manager. Ich weiß es nicht, ich spekuliere – wer so weit unten landet hätte wirklich Grund wegen 50,– EURO sein Restgehirnschmalz zu strapazieren. „Carpe Diem“ (nutze den Tag) hielte ich für Baclofennutzer mit Netzzugang für wesentlich angebrachter.
So, das musste mal gesagt werden.
als auch ähnliche Beiträge mit gleicher Aussage stossen bei mir ganz, ganz übel auf, denn mal ganz generell:
1. nicht jeder kann ein günstiges Alternativ-Produkt für 25€ kaufen – die enthalten entweder Lactose oder Sorbit – verträgt nicht jeder (ich hab dazu ja auch schon im vorstellungs-Faden von Fallada geschrieben. Das Original Lioresal kostet in einer deutschen Apo 45,16€/100Stk
2. Ihr geht immer davon aus, dass man die Kohle für den Alk/Koks/“was auch immer“ für seinen Konsum „übrig“ hatte. Das mag für einige Personen zutreffen – vielleicht für den Grossteil der Schreiber hier (nicht zwangsläufig für die vielen Mitglieder, die hier nur lesen) – und ganz sicher gibt es auch den einen oder anderen mit dieser „Geiz ist Geil“-Einstellung, der sich Bac ohne probleme leisten kann, aber nicht will.
Nun gibt es aber sicher nicht wenige Personen, die für ihren Alk etc. nichts bezahlt haben. Wie z.B. ich. Ich hab in der Verwandschaft ein grosses Weingut – Nachschub bekomme ich seit vielen jahren ungefragt (auch in der Zeit wo ich NT war) – mein (kleiner) Keller ist randvoll. Ich hab für Alk noch nie auch nur einen einzigen Cent gezahlt.
Lioresal aus der deutschen Apo kostet mich (da geht nur das Original) 80-100€ pro Monat – Kosten, die ich vorher nicht hatte....
Dann gibt es z.B. noch jene, die ihren Konsum durch einen partner „finanziert“ haben...
Oder jene, die das Geld zwar nicht hatten und z.B. ihren Dispo bis zum Anschlag überzogen haben (sind ja i.d.R. 3 Monatsgehälter) und je nachdem noch Kredite aufgenommen, sich bei Freunden, Bekannten etc. geld geliehen haben etc. also kurz gesagt einen ordentlichen Schuldenberg haben...
Oder auch – in Ermangelung eines arztes (bisher haben wir in PESA nur 34 Ärzte, wenn ich das richtig weiss) – gezwungener Maßen bei Ronnys spanienshop für viele viele Hundert Euro bestellen mussten, obwohl eigentlich nicht bezahlbar.
Oder... oder … oder... Mir fallen da noch sehr viele Möglichkeiten ein...
So, und nun gibt es, teilweise nach jahrzehnten von Misserfolgen, Baclofen – und damit die Chance auf einen echten Neustart.
Die Chance sein Leben neu in die Hand zu nehmen – Eigenverantwortung zu zeigen und auch zu tragen. Ein ganz, ganz heftiger Schritt, der wohl nicht selten mit viel Angst verbunden ist (und vermutlich auch zur Überforderung führen kann, was die „Vorfall/Rückfall“-Chancen erhöhen kann). der mensch ist nun mal ein extremes Gewohnheitstier und verharrt lieber im alten BEKANNTEN Elend als zu neuen unbekannten Ufern aufzubrechen. Das Selbstbewusstsein ist meist ja auch nicht mehr auffindbar.
Und nun, mit dem Aufbruch zu neunen Ufern kann sich alles ändern. Partnerschaften ändern/lösen sich... man nimmt sich seiner finanziellen situation an, schuldenplan, vielleicht hartz4, ... alles „neu“ und nicht ganz einfach... Oder, wie bei rubicon, der seither zur Schule geht...
Oder... oder... oder...
Nicht zu wissen, wie man Baclofen bezahlen kann, führt zu emotionalem Stress. Und wie wir alle wissen erhöht emotionaler Stress den Bedarf an Baclofen.
Ist also gar nicht gut.
In diesem Forum wurde geschrieben, dass dieses Forum tolerant sei, es hier anders als in anderen Foren keine Vorverurteilung gibt.
Ich finde es ein absolutes Unding, mit solchen wie oben zitierten Aussagen mit einer Vorverurteilung anzufangen. Denn es ist nichts anderes! Es kann doch nicht sein, dass sich hier ein Mitglied auch noch rechtfertigen muss, warum er einen Antrag bei der KK stellen will!
Haben wir nicht alle in unserem Leben schon genug Vorverurteilung erlebt (und uns teilweise mit ähnlichen Gedanken fertig gemacht??? - die gesellschaftliche Gehirnwäsche hat ja mehr oder weniger unser ganzes Leben funktioniert und wirkt immer noch nach.)
Wir wissen nicht, wer da am anderen Ende des Bildschirms sitzt, wir kennen die Geschichte und die finazielle Situation nicht. Und hier sollte sich auch niemand nackig machen müssen, nur damit nicht auf einem rumgetrampelt wird.
Diskusionen: ja.
Erklärungen: ja.
Neue Ideen/andere Gesichtspunkte: ja.
Klarstellungen zu den eigenen Beiträgen: ja.
Vorverurteilungen: nein
Es sollte sich in diesem Forum niemals jemand dazu genötigt fühlen privates preiszugeben um sich rechtfertigen zu können. Das geht für mich gar nicht.
Vielleicht ist der eine oder andere ja bisher einfach noch nicht auf die o.g. Gedanken gekommen – ich bitte Euch einfach nur mal darüber nachzudenken.
Ich glaube, ich hab jetzt erstmal fertig...