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PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 19:05

Liebe Leser!

Aus aktuellem Anlass möchte ich euch warnen: bislang habe ich Euch immer empfohlen bei einem schlimmen Rückfall eine stationäre Entgiftung zu machen. Möglichst unter Weiternehmen von Baclofen, um mit klarem Kopf dann die Therapie mit Baclofen weiterzuführen und um psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen zu können.
Nachdem jedoch in vielen Kliniken jegliche Medikation bei der Entgiftung abgesetzt wird, also auch Baclofen, besteht die Gefahr eines Delirs. Plötzliches, schlagartiges Absetzen von Baclofen und Alkohol KANN ein Delir auslösen (muss aber nicht). Daher empfehle ich euch dringend vor Antritt der Entgiftung mit der Klinik abzuklären ob ihr Baclofen weiternehmen könnt. Wenn nicht, so empfiehlt es sich Baclofen VORHER auszuschleichen. Besser wäre natürlich ihr vertraut euch einer Klinik an wo Baclofen toleriert wird.
Ich möchte niemandem Angst machen, aber ein Delir ist möglich und ich möchte, dass ihr darüber Bescheid wisst, damit ihr eigenverantwortlich Eure Selbstbestimmung (be)wahren könnt. Es kommt nicht allzu oft vor, aber leider oft genug um eine solche Warnung notwendig zu machen. Dies kann auch bei niedrigen Dosierungen auftreten, wer will kann das auch im case-report nachlesen.

LG jivaro
Dateianhänge
Auger B delirium suicide 05.pdf
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Re: PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 19:54

Liebe jivaro

Danke für diese wichtige Information!

Es könnte auch ein anderes Ereignis sein, welches einem in einem nicht ansprechbaren Zustand in die Notaufnahme bringt.
So sollte sichergestellt sein, dass ein Vermerk betr. Bac im Notfallausweis vorhanden ist und/oder nahestehende Personen darüber im Bilde sind zwecks Weitergabe der Information an die behandelnden Ärzte.

LG moonriver

Re: PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 20:19

Lieber moonriver,

ich bin entsetzt, dass viel KollegInnen über die Wichtigkeit der Weiterführung einer Therapie mit einem "psychoaktiven" Medikament zwar informiert sind, diese aber trotzdem unterbrechen! Dies betrifft leider vorwiegend die Gebiete Neurologie und Psychiatrie, ganz speziell die Entgiftungen und dann auch oft die stationären Entwöhnungen (hier kann der Patient aber meist dann doch schon wieder selbstbestimmt entscheiden, ob er das akzeptiert).

Vor einer Narkose ist es nur wichtig welche Medikamente genommen werden und in welcher Dosierung, der Anästhesist registriert nur, dass ein zentrales Muskelrelaxans eingenomen wird, das ist wichtig. Eine etwaige Therapieänderung wird dort i.d.R. nicht vorgenommen.

In anderen Disziplinen, auch bei Entgiftungen in der inneren Abteilung von kleineren Krankenhäusern wird Baclofen eher toleriert, daher bitte informieren!
Baclofen wird neben multipler Sklerose und zentralen "Spastiken" u.a. ja auch bei Weichteilrheuma -Fibromyalgie- Trigeminusneuralgie, Clusterkopfschmerz, Entzündungen der Hirngefässe -cerebraler Vaskulitis-, oder einer speziellen Form der schwere Entzündung der Speiseröhre -Reflüxösophagitis- sowie gelegentlich auch "allgemein" als Schmerztherapeutikum eingesetzt (Baclofen hat eine eigene schmerzhemmende Wirkung).
Auch in der Chirurgie werden bestehende Medikationen normalerweise weitergeführt.

herzlicher Gruss
jivaro

Re: PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 21:01

Liebe jivaro, lieber moonriver,

wir alle wissen um die Gefahren, die bei einem plötzlichen Absetzen von Baclofen lauern. Eigentlich sollten das auch alle Ärzte wissen. Da man das aber nicht voraussetzen kann und sollte, ist es wirklich wichtig, dass jeder Betroffene, der in eine Entgiftung muss, auf diese Problematik hinweist.
Nur: Wenn jemand reif für eine Entgiftung ist, denkt er auch daran?
Insofern ist der Tipp für einen Eintrag im Notfallausweis (oder ein entsprechender Zettel in der Brieftasche) sehr sinnvoll und hilfreich.
Danke für diesen wichtigen Hinweis.
Also: Handeln, bevor handeln nicht mehr möglich ist.
LG, Werner

Re: PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 21:50

ICH SAGE ES NOCHMALS:
IN EINER KLASSISCHEN ENTGIFTUNG WERDEN DIE MEDIKAMENTE TEILWEISE EINFACH ABGESETZT; EGAL WAS DU SAGST!!!
WIR KÖNNEN NUR VERSUCHEN WEITER AUFKLÄRUNG ZU BETREIBEN! JEDER PSYCHIATER SOLLTE WISSEN WAS ER TUT WENN ER BACLOFEN ABSETZT! ES WIRD TROTZDEM GEMACHT!!! AUF NACHFRAGEN ERHÄLTST DU OFT KEINE ANTWORT ODER DEN IDIOTISCHEN SPRUCH: "OFF-LABEL" MACHEN WIR HIER NICHT!!! GIBT KEINE EVIDENZ!

Papfl würde sagen: das Hirn schaut am GABA-A nach: wo ist meine Gamma-amino-buttersäure. Hirn sieht nix: Alc ist weg!!! Hirn schaut bei GABA-B: keine Gamma-amino-buttersäure: Hirn sieht nix: logo kein Baclofen....nix mehr beruhigender Neurotransmitter/Botenstoff. Fazit Problem: Krampfanfall, Delir.....

In der Bundesdirektorenkonferenz (Treffen aller Chefärzte der öffentlichen Häuser) wurde auch in diesem Jahr festgelegt, dass Baclofen nicht "eingesetzt" wird. Wir haben keine Lobby, selbst öde Antikonvulsiva (Medikamente gegen Krampfanfälle) werden getestet....gesponsert von der allmächtigen Pharmaindustrie.
Es gibt neue Ansätze der "ambulanten" Entgiftung; Krankenschwester kommt nach Hause etc., aber das Projekt steckt noch in den Kinderschuhen.

Indignez-vous! Empört Euch! Zur Zeit nutzt es -noch- nichts!
jivaro
hilflos

Re: PUBLIC WARNING

Sonntag 14. April 2013, 22:54

jivaro hat geschrieben:... das Hirn schaut am GABA-A nach: wo ist meine Gamma-amino-buttersäure. Hirn sieht nix: Alc ist weg!!! Hirn schaut bei GABA-B: keine Gamma-amino-buttersäure: Hirn sieht nix: logo kein Baclofen....nix mehr beruhigender Neurotransmitter/Botenstoff. Fazit Problem: Krampfanfall, Delir.....
@jivaro: Während unserem etwas längeren Telefonats von gestern hast Du mir das sinngemäß ebenfalls erklärt, es im obigen Zitat nochmal nachlesen zu können, hat mir das erst richtig verständlich gemacht :D

Re: PUBLIC WARNING

Montag 15. April 2013, 04:02

Hab nur Papfls Erklärung versucht auszubauen....Grins..

LG jivaro

Re: PUBLIC WARNING

Montag 15. April 2013, 16:44

es ist wirklich unglaublich mit welcher Unbemühtheit sogen. Suchtärzte ein Delir oder einen Krampfanfall in Kauf nehmen. Qualifizierter Entzug am Patienten vorbei um jeden Preis, Hauptsache nicht „off-label“.

LG Federico

Re: PUBLIC WARNING

Montag 15. April 2013, 18:43

Im Suff Baclofen ausschleichen????

Entschuldige Jivaro, Du scheinst unser Problem auch nur von aussen zu kennen.

Wenn man in dem Moment noch kontrolliert waere, waer es ja so einfach weinger zu saufen.

Von 75mg auf 0 hab ich mehrfach gemacht, ging zumindest bei mir problemlos.

Und ne Entgiftung zu finden, wo man im besoffenen Kopp auch noch ohne stundenlange Bahnfahrt hin kommt, ist schon mehr als unwahrscheinlich solange man dazu verdammt ist Kassenpatient zu sein.

Rico

Re: PUBLIC WARNING

Montag 15. April 2013, 19:30

Lieber Rico,

auch wenn Du es nicht glaubst: es gibt Menschen, die Bac ausschleichen, wenn sie merken, dass sie zu "Saufen" beginnen, manche sogar bewusst vorher!

Sich in der Umgebung umzuhören, wo der Entzug ok ist und wo Baclofen toleriert wird sollte man machen, wenn der Kopf mal klar ist....geht schwer, aber geht. Ich weiss zB 2 Kliniken in der Nähe, die Baclofeneinnahme tolerieren, da schick ich dann die Menschen hin, die fragen oder die rotzbesoffen bei mir anrufen und alleine nicht rauskommen.......Meist findet sich noch ein gutmütiger Partner, Nachbar, Freund der fährt.......geht dort übrigens auch auf Kasse!

Von 75mg Baclofen auf 0 ohne unerwünschte Wirkung ist toll, aber verträgt halt nicht jeder. Hör Dich mal um! Es gibt halt so Sensibelchen, die bei 30 oder 50mg ins Delir rutschen, den Breitwandfilm finden die dann nicht lustig.

LG jivaro
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