Baclofen Forum vs Alkoholismus

Lamo hat mich gebeten ein neues Thema zu eröffnen. Zum Auftakt hier ein Einführungstext:

Bipolare Störungen (auch als manisch-depressive Erkrankungen bekannt) gehören zu den häu­figsten psychiatrischen Erkrankungen in der Bundesrepublik Deutschland.

Schätzungsweise 1,5 bis fünf Prozent unserer Bevölkerung sind von diesem Leiden betroffen. Jedoch werden nur etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Betroffenen einer entsprechenden Behandlung zugeführt. Dabei kann die Erkrankung einen immensen Leidensdruck sowohl für die Patienten als auch für die nächsten Angehörigen mit sich bringen.

Jeder Mensch hat bei sich selbst bestimmt schon Stimmungsschwankungen festgestellt. Wir ärgern uns, wenn wir zu unrecht gerügt werden oder freuen uns über ein Lob. Diese Stim­mungsveränderungen sind ganz normale Reaktionen auf entsprechende Lebenssituationen und ein wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Lebens. Im Gegensatz dazu kommt es bei Men­schen, die an bipolaren Störungen leiden, zu völlig übersteigerten Stimmungsschwankungen.

Typischerweise treten sie entweder ohne einen entsprechenden Anlass auf oder sie bleiben nach einer bestimmten Lebenssituation, wie z. B. dem Verlust eines nahestehenden Menschen, auch dann weiter bestehen, wenn die auslösende Situation eigentlich keine Belastung mehr darstellt. Die Stimmungsschwankungen entwickeln also eine Eigendynamik, die nicht mehr mit äußeren Umständen erklärbar ist. Mit bipolaren Störungen bezeichnet man eine Gruppe krankhafter Stimmungsschwankungen bzw. - veränderungen, die sich zwischen himmelhoch jauchzend (manisch) und zu Tode betrübt (depressiv) bewegen und durchaus sehr verschiede­ne und individuelle Ausprägungen sowie Verläufe haben können. Es handelt sich um keine durch Laborwerte oder andere technische Untersuchungen feststellbare Erkrankung, wie man es etwa vom Bluthochdruck oder Diabetes mellitus kennt, sondern um eine in Episoden oder Phasen verlaufende psychische Erkrankung, die das ganze Spektrum der menschlichen Stimmungszustände widerspiegeln kann. Deshalb erfolgt die Diagnose praktisch rein über den klinischen Verlauf. Technische Untersuchungen (wie Labor, EEG oder bildgebende Verfahren) dienen in erster Linie dem Ausschluss einer organischen Ursache. Manie und De­pression bezeichnen dabei die Tendenz der Stimmungsveränderungen. Nicht selten können aber auch Krankheitszeichen der Manie und der Depression gleichzeitig vorliegen, z.B. starke Unruhe bei gleichzeitiger gedrückter Stimmung. Hier spricht man von "Mischzuständen ".

Bipolare Störungen sind „richtige" Krankheiten, die nicht nur die Stimmung betreffen, sondern auch Auswirkungen auf das Denken, die Gefühle, den Körper und die Fähigkeit zur Lebensbewältigung haben. Patienten, die an einer bipolaren Störung leiden, sind genauso krank wie Menschen mit einem Herzleiden. In akuten Phasen können zu den psychischen Symptomen sogenannte Vitalstörungen auftreten, etwa Gewichtsverlust oder -zunahme, Schmerzen oder vegetative Störungen.

Die Erkrankung ist weder ihre eigene Schuld noch haben die Betroffenen eine schwache Persönlichkeit. Bipolare Störungen sind be­handelbare Erkrankungen, die jeden von uns betreffen können.

Quelle: DGBS u.a.

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@Lamo,

danke für den Denkanstoss. Ich habe bei der Gelegenheit gleich mal etwas im Forum gestöbert und bin über die unglaubliche Geschichte dieser Genese gestolpert.

Recovery ist möglich.

LG Federico

Dieser Film ist der Hammer. Bipolarität ist bestens erklärt und dargestellt. Auch das ein Beispiel für gelungenes Recovery. Lamo, das war ein enorm wichtiges Begehren auf diese Erkrankung einzugehen und mich zu animieren das Thema zu eröffnen.

ich bin Dir zu Dank verpflichtet. Ich habe durch Dich wieder etwas mehr verstanden.

Prof. Kay R. Jamison von der Johns Hopkins Universitiy, Baltimore erinnert mich in fataler Weise an Olivier Ameisen. Sie sagt etwas ganz wichtiges: niemand der es nicht selbst durchlebt hat, kann sich vorstellen wie man sich fühlt. Eine solche geistige Zersplitterung kann man sich kaum vorstellen.

Prof. Jule Angst, von der psychiatrischen Universität Zürich beschreibt den Zustand des Glücks trefflich, er mag keine Schubladen. Der Hypomaniker ist abgehoben, er trinkt mehr er liebt mehr, versucht mehr zu leben auf allen Ebenen ...

Prof. Dietrich von Calker von der psychiatrischen Universität Freiburg sagt: es ist ungeheure spannend die Keativität dieser Patienten zu beobachten.

Marylou die Simultandolmetscherin erzählt: meine Verliebtheit hat sich so gesteigert, dass ich einen ganzen Bus mit Bayern überredet habe, FKK am Strand von Mami zu machen. Ergebnis ich wurde in Handschellen abgeführt.

Kay Jamison sagt: ich hatte mit allem abgeschlossen, alle waren informiert. Ich erkannte, es war eine manische Phase. Ich erkannte, ich muss zu einem Arzt gehen.

Leute in mir geht grade so dermaßen viel vor, ich kann nicht mehr weiter. Seht euch den Film selbst an. Die Parallelen zu Alkoholismus sind derartig auffällig, seltsam dass erst @Lamo mich darauf brachte. Drüber reden ist alles was als Resümé bleibt. Scham ist auch bei Bipolarität ein Thema, alle Störungen die der Mitwelt unbekannt sind, sind von Scham betroffen. Victor Frankl lässt grüssen, seid bitte immer achtsam im Umgang miteinander.

LG Federico

Hallo Federico,

vielen Dank für die prompte Umsetzung meines Wunschs.
Ja, auch ich bin trinkender Bipolarer, oder bipolarer Trinker.

Meine Leidenswege habe sich im Lauf der Zeit nicht nur gekreuzt, sondern miteinander verwoben.
Leider haben sich viele meiner Hoffnungen verflüchtigt.
Zuletzt hatte ich gehofft, meine Bipolarität "einfach" dadurch zu heilen, dass ich eben "einfach" nichts mehr trinke.
Dies war ein Trugschluss. Mein Leben ist nun einmal nicht so einfach.

Zudem hatte mein Erstkontakt zu Baclofen (sicher auch durch meine unkritische Herangehensweise) fatale Folgen, die zum Glück schnell überwunden wurden.

Bac ist eben ein auch psychotropes Medikament.
Bei mir hatte der Überkonsum von Bac eine Psychose ausgelößt.

Nun nehme ich bedeutend weniger Baclofen zudem zu anderen Zeitpunkten.
Ebenso habe ich den Beikonsum von Bier, zum Bac drastisch eingeschränkt.
Ich trinke seitdem "nur" noch "alkoholfreies" Bier in geringen Mengen. (weil ich eben gerne auch mal Bier trinke).
Ich nehme diesen Weg, weil er mir es ermöglicht Bac und Bier miteinander, zu meinem körperlichen und geistigen Wohl, zu kombinieren, um langfristig "alkoholfrei" leben zu können, ohne dieses schaurige Crabing zu bekommen.

Sicher ist es derzeit noch ein kl. Drahtseilakt, aber bisher gelingt er mir, unter ständiger Absprache mit meinem Shrink.
Mein medikamentöses Setting bezgl. der Bipolarität ist schon nicht einfach zu handhaben, dazu noch Bac und Alk ist eine gewisse Herausforderung.
ABER, ich möchte halt (noch) gerne mal ein "Bierchen trinken" (was sicher auch eine Verhaltenskomponente hat) und cravingfrei sein.

Als betroffener Bipol. möchte ich eben auch diesbezüglich ein "Normaler" sein.... (was immer das auch ist ?)

Mein derzeitiges Psycho-Setting besteht aus Lamotrigin, Seroquel Prolong und Bac.
Wie gesagt, alles unter Rücksprache mit meinem Shrink.

Ich sehe es als einen Erfolg an, mit diesem Setting in der Lage zu sein, auch ein "Feierabendbier" zu trinken.... ohne Cravingattacken zu bekommen.

Zu dem, von dir Federico erwähnten Forum, gibt es noch eine alpenländische Ergänzung im deutschsprachigem Raum:
http://www.bipolar.at/
Dort sind auch bekennende Baclofenis unterwegens

LG und Dank
Lamo

kl. Nachtrag:

Der von Dir eingestellte Film ist wirklich sehr gut.
Wer allerdings die Kurzschlussfolgerung stellt "Lithium" macht alles wieder gut, der irrt, genauso wie bei Bac.....

Lamo

Der Film ist sehr gut und einfühlsam gemacht.
Die Beschreibung der bipolaren Störung, hm, wenn es denn eine ist, erinnert mich stark an das Verhalten meines verstorbenen Lebenspartners.

lg

Nexe

Hallöle liebe Community,

ich beende das Experiment Baclofen.

Nachdem ich mal wieder in eine Mischphase meiner Bipolarität abgerutscht bin, zudem einen Arztwechsel mache, konzentriere ich mich zu aller erst auf die Wiedererlangung meiner psychischen Stabilität.

Meine Hoffnung mit Baclofen einen Entzug und eine Cravingfreiheit zu erlangen ist aufgrund meiner Multimedikation unglücklich verlaufen, sodass ich nun meine psychische Instabilität mit anderen Mitteln erreichen möchte.

Nach Rücksprache mit meinem neuen Psychiater ist das Baclofen ab heute abgesetzt, nachdem es schrittweise abdosiert wurde.
Um meinen manchmal auftretenden, leichten Suchtdruck(?), bzw. meine innere Unruhe vorsichtig abzumildern, nutze ich derzeit zu meiner Basismedikation Seroquel als Bedarfsmedikation. Es ist ein Neuroleptikum (welche bekanntermaßen kein Suchtpotential haben) was zugleich eine wohlige Entspannung bewirkt (leider mit einer leichten Müdigkeit am darauffolgenden Tag...., aber wenn ich mir die Welt so manchesmal ansehe, ist eine gewisse "psychische Distanz" auch nicht das Schlechteste )

Baclofen hat sicher Potential für Menschen mit reiner Alkoholproblematik, ist allerdings im Cocktail mit anderen Medikamenten mit gebotener Vorsicht anzuwenden.

Zum Trost, und damit kein falscher Eindruck entsteht, sieht auch mein neuer Psychiater dieses Potential und wird auch in Zukunft Baclofen bei geeigneten Patienten in Erwägung ziehen.

Abstarct:
Bac wirkt, nur eben auch nicht bei jedem gleich. Daher sollte es nicht als Lutschtablette in Spanien bestellt werden, sondern von einem geschulten Arzt auf Rezept verordnet werden... was sicher schon bald in die Behandlungsstandarts einfließen wird.
Backlofen IST eine Alternative - nur nicht für Hinterhof-Junkis

http://t1.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9 ... H1KqxIhPcg

Ich absentiere mich nun vorsichtig, aber keine Bange, ich werde gelegentlich mal vorbeischauen und die Erfolge mit Euch teilen.
Lamo will ja schließlich auf dem Laufenden bleiben....

LG
Lamo

PS: (bzw speziell für dich, lieber Federico) Abstract-Abstract

Dir einen besonderen Dank für die Gestaltung dieses Forums und die sicher sehr aufwendige, fachlich begleitete Moderation und Administration dieses guten Forums.
Du warst IMMER da, auch hinter den Kulissen, und investierst hier sehr viel Mühe und Zeit.
Lass dich nicht abbringen, dein Wirken wirkt.
Zum glück NICHT wie eine Lawine, die auf ihrem Weg alles platt walzt, sondern in einem angemessenen Maß.

Aus meiner beruflichen Erfahrung kann ich sagen, viel hilft oft nicht viel. Gewisse Wundsalben wirken besser, wenn sie dünn aufgetragen werden.

Zu den Irritationen der letzten Zeit (sicher bewirkt von einem narzistisch gekränkten Irrläufer im Nebenforum) nur soviel.
NarzisstenIn können nicht anders, sie MÜSSEN sich outen, mit den entsprechenden Folgen für sich..... (Kachel-Wetterfrosch läßt grüßen ).

Sollte ich nun jemanden vergessen haben, (wo ist eigentlich Jivaro?) richte meinen Dank auch an sie aus.

Servus, Ciao oder norddeutsch kurz, ´tschüß.

Lamo

PPPPS:
Hast du viell. ein freundlicheres Foto von dir ??
Du siehst soo alt aus ;-)

@Lamo,

ich war versucht „Tschüss“ zu sagen, mit größtem Bedauern, andererseits bin aber eben auch Bayer und sage lieber „Servus“, in der Hoffnung Dich irgendwann wieder zu lesen. Mit einem besseren Foto kann ich nicht, nein will ich nicht dienen – es ist halt so, wie es ist.

Auch in unseren Partnerforen (Frankreich) werden Probleme mit Bipolarität immer öfter publik gemacht, speziell im „forum medécines“. Die Hoffnung auf ausgleichende Wirkung von Baclofen wird wohl bis auf weiteres begraben werden müssen. Kein Wundermittel für Alle? Ganz sicher nicht, aber ein probates und taugliches Medikament für Viele.

Ich wünsche Dir für den neuen Anlauf alles Gute und bedanke mich für die Blumen.
Wir werden sicher wieder von Dir lesen und – wie in meinem Fall – von Dir lernen dürfen.

GLG Federico
PS darauf baue ich: Lamo will ja schließlich auf dem Laufenden bleiben....

Hallo Lamo

Auch von mir die besten Wünsche für Deinen weiteren Weg!

Alles, alles Gute und liebe Grüsse
moonriver