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moonriver
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Betreff des Beitrags: Mein neuer Weg Verfasst: Mittwoch 15. Juni 2011, 19:14 |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Geschätztes Forum
Es wird nun Zeit, dass ich mich vorstelle und die ersten Etappen meines neuen Weges mit Baclofen (Lioresal, wie es bei uns in der Schweiz heisst) beschreibe. Jahrgang 1953, verheiratet. Von Beruf Elektroniker, zurzeit als Netwerktechniker tätig. Kurz, ich befinde mich in einem seit langer Zeit stabilen und glücklichen Umfeld. Aufgrund eines langen medizinischen Problemes stellte sich zunehmend eine Art von depressiven Zuständen ein. Diese "behandelte" ich jeweils mit Alkohol. Zuerst noch mit moderaten Mengen. Schleichend rutschte ich dann in ein Alkoholproblem und es brauchte immer grössere Mengen um die innere Stabilität aufrechtzuerhalten. Für den Zeitraum über 3 Jahren kann ich mich mit heutigem Wissen als Abhängiger bezeichnen. Dies mit einem Spitzenpegel von bis zu 3 Fl. Wodka pro Woche! Im familiären Umfeld wurde ich dann direkt auf mein Alkoholproblem angesprochen, was ich damals als "heilsamen Schock" empfand. In der Folge führte ich ohne weitere Massnahmen oder Medikamente einen "kalten" Entzug durch. Zum Glück ohne negative körperliche Auswirkungen. Ich besuchte Gruppengespräche. Innerhalb eines Jahres ereigneten sich jedoch 2 kurze Rückfälle. Letzterer wurde vom Arbeitgeber konstatiert und ich fühlte dann das Messer am Hals. Umsomehr, da ja der Wunsch in mir vorhanden war, mit der Trinkerei endgültig aufzuhören. Damals empfand ich in mir eine unglaubliche Willensanstrengung vollbringen zu müssen, damit ich den Alk stehen lassen konnte. Manchmal kreisten die Gedanken nur noch um dieses Thema und absorbierten dadurch meine ganze Energie, die ich in anderes stecken wollte. Mein Arzt versuchte es mit einem Antidepressiva. Darauf reagierte ich jedoch schon bei der ersten Tablette mit einem unnatürlich gesteigerten Antrieb und fühlte mich wie ein Zombie in der folgenden schlaflosen Nacht. Daraufhin liess ich es sein. Ich suchte im Internet unter den Stichworten "Alkoholsucht, Medikamente" und stiess sehr bald auf Dr. Olivier Ameisen. Ungläubig las ich über seine Entdeckung. Heute gebührt ihm eine tief empfundene Dankbarkeit für seine Entdeckung. Ich hoffe, dass eines Tages der Durchbruch gelingen möge und dieses Medikament zum Mittel der ersten Wahl bei Alkoholkrankheit wird. Eine weitere Suche führte mich zu diesem Forum und den darin enthaltenen Berichte von Betroffenen. Da ich bereit war, den letzten Strohhalm zu meiner Rettung zu ergreifen, erstellte ich eine Dokumentation für meinen Arzt in der Hoffnung auf Verständis und für ein "off-label" Rezept. Und oh Wunder, er hatte kurz vorher von einem Kollegen das Buch von Dr. Ameisen erhalten und gelesen. Ich erhielt das Rezept und begann eine Therapie nach dem "Königsweg". Dies mit dem Versprechen, meinen Arzt über die Dosierung und die dabei gemachten Erfahrungen auf dem laufenden zu halten. Leider musste ich die erste Therapie (11.-27.03.11) nach 17 Tagen und einem Peak von max. 50 mg aufgrund starker Thoraxschmerzen unterbrechen. Die Angst dabei, es könnte sich um eine Herzbeteiligung handeln, wurde zu gross. Wie sich jedoch bei einer EKG- und Laboruntersuchung herausstellte, konnten die Schmerzen nicht von einem Herzproblem stammen. Jedoch, die erste Wirkung von 50 mg war für mich schon ein grosser Erfolg. Es entstand bereits eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol. Der Suchtdruck begann mich zu vergessen. Auch nach dem Unterbruch der ersten Etappe blieb ein Gefühl in mir zurück, mit dem ich bereits leben konnte. Dachte ich damals, heute weiss ich um das Bessere, nämlich seit dem Einstieg in die zweite Etappe seit dem 22.04.11. Dieses Mal mit einem sanfteren Hochdosieren erreichte ich bis heute nun zwei Peaks mit 75 und 100 mg. Dies nun mit vollem Erfolg. Ich darf nun sagen, dass mir dieses Medikament ein neues Leben geschenkt hat. Endlich wird die Energie wieder frei für anderes, welche ich bis jetzt aufgewendet habe um nicht trinken zu müssen. Es wurden Weichen gestellt in ein neues Land, welches es nun zu entdecken gibt. Ich werde die Dosierung langsam weitersteigern bis zum nächsten Ziel von 120 mg. Ich vermute, dass es Sinn macht noch höher zu dosieren. Ja, die Nebenwirkungen sind manchmal recht mühsam und beschwerlich. Heute jedoch kann ich sagen: Es lohnt sich durchzuhalten! Man wird um ein Mehrfaches entschädigt! Nebst der Gleichgültigkeit gegenüber dem Alkohol stellt sich ein überaus positives Denken ein. In meinem Umfeld wurde die Feststellung gemacht, dass eine erfreuliche Veränderung bei mir geschehen ist. Auch von Personen, die über meine Erfahrung nicht im Bilde sind. Die Wirkung von Baclofen richtig verstehen kann wohl nur ein Alkoholabhängiger. Daraus erkläre ich mir auch die grosse Skepsis selbst von Fachleuten. Aber für mich ist nun klar: Es wirkt tatsächlich wie ein Wunder! Dass das Traumleben einen anderen Charakter davon erfährt kann ich nur bestätigen. Dies könnte in einer Therapie für den behandelnden Arzt interessant und hilfreich sein. Ich denke dabei auch an die Tatsache, dass es das Potential in sich trägt bei Depressionen und Ängsten eingesetzt zu werden. Es gibt noch weitere "mentale" Wirkungen. Zusammengefasst vielleicht die folgende: Ich denke, fühle und handle wieder "normal". Dieses Mal ohne Alkohol. Befreit aus einem Gefängnis mit hohen Mauern, welche den eigenen Horizont verdecken. MT wird für mich keine Alternative sein. Die Wirkung von Baclofen zusammen mit Alkohol zu "testen", erscheint mir eine "Vergewaltigung" zu sein. Respektlos der wunderbar erlösenden Wirkung gegenüber. Als erwähnenswert gilt mir die Information zu sein, dass ich bis heute das Buch von Dr. Ameisen noch nicht gelesen habe. Ich wollte über meine Erfahrungen so unbeeinflusst wie möglich sprechen können. Im Grunde habe ich mich über dieses Forum soweit informiert, dass ich heute sagen kann: Es hat funktioniert und der Weg geht noch weiter ins Positive. Dafür möchte ich diesem Forum meinen tiefempfundenen Dank aussprechen. Ohne euch würde ich vielleicht noch heute auf der dunklen Seite der Mauer stehen... Nun, gerne werde ich über meinen weiteren Weg berichten.
moonriver
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Mein neuer Weg Verfasst: Mittwoch 15. Juni 2011, 23:05 |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Hallo Willo
Eine gute Frage! Ich versuche gerne, Dir eine Antwort zu geben.
Zum Anfang: Es handelt sich hier um persönliche Gedanken, welche nicht den Anschein erwecken sollen, dass es auf andere anwendbar ist!
Fakt ist, dass aufgrund meiner Persönlichkeitsstruktur und Vergangenheit die mentalen (Neben)-Wirkungen von Baclofen entscheidend zum befreienden Charakter beitragen. Ich spreche damit den antidepressiven und angstlösenden Effekt an. Schon in sehr jungen Jahren kam ich auf meinen medidativen Weg. Nicht weil ich ihn gesucht, sondern weil er mich gefunden hatte...
Aufgrund eines Erlebnisses führte er mich über C.G. Jung, Jean Gebser, Ken Wilber, Quantentheorie zum Begriff des "integralen Bewusstseins". Von Beruf Elektroniker erkannte ich bald die tiefgreifenden Zusammenhänge in der Naturwissenschaft, welche mich weiter zur Philosophie bis hin zu den Religionen führte. Das Wirken des Ursprungsgedanken in der stetigen Gegenwart. Als wie wenn die Schöpfung ein nie abgeschlossener Vorgang ist. Unser Universum als zu Materie gewordener Ausdruck eines nicht erfassbaren Geistes von unbeschreiblicher Intelligenz. Item, auf diesem Wege bin ich irgendwann stehengeblieben. Vielleicht aus Bequemlichkeit, aus Ablenkung oder da ich bei gewissen Fragen ins Zweifeln gekommen bin. Eine gewisse Angst mag auch im Spiel sein. Ich bin von Natur aus ein eher kritischer Mensch, welcher immer mit Verstand an die Dinge herangeht. Wenn aber die Gedanken ohne medidative Anstrengungen einfach da sind gibt es kein Entrinnen. Ich erachte es heute als Geschenk und eine damit verbundene Verantwortung etwas daraus zu machen. Aufgrund meiner Alkoholphasen mit den damit verbundenen Euphorien weiss ich heute was eine Scheinwelt ist. Irrtum und Betrug in Reinkultur. Und jetzt, seit der Baclofentherapie werde ich plötzlich wieder kreativ. Alles bekommt eine andere Qualität, fühlt sich anders an. Ich kann mich konzentrieren wie schon lange nicht mehr. Mit anderen Worten: Baclofen hat für mich eine medidative Seite. So klar wie die Träume damit geworden sind, so klar sehe ich wieder meinen Weg. Ich habe keine Angst ihn weiterzugehen. Dies ist für mich eine weitere befreiende Wirkung von Baclofen. Primär ist es also diese, welche mich nochmals zu einer Dosissteigerung veranlasst. Ich verspreche mir dabei nicht den Himmel, aber vielleicht nochmals einen Initial-Impuls im Leben. Es wird mit Baclofen viel seelischer Ballast weggeräumt, welcher sich nur als Hindeniss erweist. Klarheit kann da nicht schaden.
Und, habe keine Angst, dass ich es übertreibe. Ich kenne meine Grenzen und die Nebenwirkungen von höheren Dosen...
Baclofen produziert nichts, was nicht schon irgendwo in einem vorhanden ist.
Liebe Grüsse moonriver
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esperanto
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Betreff des Beitrags: Re: Mein neuer Weg Verfasst: Mittwoch 15. Juni 2011, 23:28 |
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Registriert: Donnerstag 12. Mai 2011, 19:00 Beiträge: 24
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ich lese deine berichte mit freude, lieber @moonriver! ! ! endlich mal wieder ein frischer geist im hause... herzlich willkommen! und deine beobachtung der gesteigerten konzentration, kombiniert mit einer explodierenden kreativität kann ich unterschreiben. nur... Zitat: Baclofen produziert nichts, was nicht schon irgendwo in einem vorhanden ist. ...also naja...vor ein paar jahren habe ich mal das gleiche von kokain behauptet...und was soll ich sagen...ging irgendwie nach hinten los. nicht, daß ich jetzt baclofen irgendein suchtpotential unterstellen würde, nein nein! aber beim lesen deines berichtes kann ich mich des eindrucks eines "mehr vom guten" nicht erwehren. aber dennoch hoffe ich, daß du uns weiter auf dem laufenden halten wirst...ich bleibe gespannt! gruße.
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Mein neuer Weg Verfasst: Donnerstag 16. Juni 2011, 21:53 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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@esperanto
Danke für den "frischen Geist"...
Die einzige Droge, welche ich in meinem Leben kennengelernt habe ist der Alkohol (wenn man das Nikotin nicht dazuzählt). Durch die Klarheit, die Baclofen schafft, weiss ich nun um die Täuschung und den Betrug von Alk. Baclofen hat mir einfach die Freiheit geschenkt, dort weiterzugehen, wo ich vor ein paar Jahren stehengeblieben bin.
Über das "mehr vom Guten" bin ich am nachdenken.
Liebe Grüsse moonriver
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