Freitag 19. Oktober 2012, 01:10
Hallo ihr Lieben,
heute könnte ich mal wieder euren Rat gebrauchen.
Zum vorigen Thema: wie es der 'Zufall' so will, habe ich nach langer Wartezeit bei eben jener Endokrinologin nächste Woche einen Termin bekommen und lasse mein Schilddrüsenmedikament neu einstellen. Dann sollte es mir von dieser Seite auch wieder besser gehen.
Heute habe ich eine andere Frage an euch. Wer von euch hat Erfahrungen mit Antidepressiva in der Kombination mit Baclofen?
Ich merke seit einiger Zeit, dass mir Baclofen nicht ausreicht. Trotz der bewährten 50 mg täglich habe ich vermehrt craving, aber komischerweise -oder zum Glück - keine Lust, Alkohol zu trinken, selbst wenn Alkohol in Massen in greifbarer Nähe zur Verfügung steht (musste am Wochenende aus beruflichen Gründen an einer Wein- und Genussmesse teilnehmen). Das heisst, Baclofen unterdrückt meinen Impuls, Alkohol zu trinken, aber ich bin dabei nicht zufrieden, sondern empfinde ein unterschwelliges craving nach, -ja, nach was eigentlich?. Es ist wie ein ständiger Hunger, ich esse schon Unmengen von Süßigkeiten (was ich früher nie getan habe) und bin immer noch nicht zufrieden.
Ich merke in der letzten Zeit auch verstärkt meine depressive Grundstimmung und vermisse sozusagen den Alkohol als Medikament. Baclofen wirkt bei mir nicht wirklich antidepressiv. Also habe ich gedacht, dass ich zusätzlich vielleicht ein Antidepressivum brauche. Aber welches? Jetzt sagt nicht, geh halt zum Arzt, der wirds dir sagen. Ich war heute bei einer sehr anerkannten Ärztin, Psychiaterin, die mich überhaupt nur meiner Hausärztin zuliebe drangenommen hat, eine Koryyphäe, wie man so schön sagt. Das Erlebnis war ernüchternd. Das Gespräch dauerte ca.20 Minuten, von Baclofen hatte sie noch nie gehört, sie diagnostizierte eine mittelschwere depressive Episode (Ist ja toll, das kann ich mit jedem online Fragebogen zu Depression selbst herausfinden) und empfahl Citalopram.
Mir erschien das alles sehr oberflächlich. Da war keinerlei individuelle Betrachtensweise. Das Medikament scheint Standard zu sein für 'mittelschwere Fälle'. Sie sah meinen kritischen Blick und meinte: doch, doch, das könne ich ruhig nehmen, das würden auch viele Ärzte selbst nehmen. Ich spürte eine ironische Erheiterung in mir aufsteigen und wollte schon fragen: wieso, haben die auch alle eine mittelschwere depressive Episode oder lutschen die das wie Drops? Und warum müssen die armen Schweine sich an so ein 0815 Standard Dingens halten, das jeder arme Schlucker von Kassenpatient einfach so bekommt, haben die keinen Zugang zu den wirklich feinen Sachen?
Ich habe natürlich nichts gesagt - man ist ja höflich und sonst wäre ich u.U. noch mit einer ganz anderen Diagnose da raus gegangen

Aber ich spürte zum ersten Mal seit Baclofen eine ganz unbändige Lust auf eine ganze Flasche mittelschweren Riojas.
Doch leider steht mir dieses bewährte Medikament nicht mehr zur Verfügung. Was also tun? Meine Bedenken gegenüber der psychiatrischen Heilkunst beiseite räumen ( sorry für all die guten und bemühten Ärzte, die es sicherlich auch gibt) und das Citalopram nehmen? Oder etwas ganz anderes nehmen? oder einfach warten (GGG) bis die mittelschwere Episode, die bei mir allerdings schon mein ganzes Leben anhält, von selber aufhört?
Etwas ratlos heute abend und nach meinem Arztbesuch auf jeden Fall nicht klüger als vorher
Eure Betty