Baclofen Forum vs Alkoholismus

Informationen zu Baclofen bei Angststörungen, substanzinduzierten Störungen und Depressionen. Informationen und offenes Diskussionsforum zu Selincro (Nalmefen) sowie alle progressiven Therapieoptionen im Kontext mit Alkoholismus
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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Dienstag 15. April 2014, 00:11 
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Nalmefen / Naltrexon und der Sättigungseffekt von Selincro:
@Patrick

Zitat:
Falls sich irgendeine Gelegenheit bietet, teste ich's aus und werde ich gerne berichten. Ich versprech's.


Eigentlich finde ich's schön, dass sich die Gelegenheit bisher nicht geboten hat :) .

Erfahrungen sammeln, ob das Wellenreiten mit dem einen oder andern Wirkstoff leichter fällt, finde ich in Ordnung. Was mir momentan Sorgen machen würde, wäre eben dieser Sättigungseffekt, wie er in den letzten Berichten beschrieben wird.

Ich müsste die Wirkung wohl selbst erleben, um beurteilen zu können, ob ich damit auf Dauer noch die Welle reiten wollte oder ob der Wunsch, abzutauchen, wieder aufkäme. Denn "volle Sättigung" war mit Alkohol bereits lange schon nicht mehr zu erreichen; auch eine Erkenntnis, die Baclofen mir erst in der Rückschau ermöglichte. Was ich jetzt erlebe, ist eine unspektakuläre, konstante "good-enough-Sättigung" jenseits von Hungerast und Völlerei, die vollauf genügt zur alltäglichen Zufriedenheit und Ausgeglichenheit. Weil Super-Sättigung (körperlich, sensorisch) mit Alk zur Illusion wurde, der ich ewig vergeblich nachrannte also: grosse Vorsicht meinerseits vor der schnell verfügbaren Möglichkeit einer solchen. Aber ich bin kein BD.

Baclofen hat für mich den überragenden Vorteil, dass es als Notfallmedikament eben gerade nicht taugt und seine Wirkung keine Unmittelbare und Spektakuläre ist: Keine Chance, jetzt sofort in einen angenehmeren psychischen Zustand einzutreten. Dadurch ist es für mich ungefährlich. Ich könnte einen Vergleich mit Temesta ziehen, denn das kenne ich: Es schien immer hart, mich dagegen zu entscheiden. Tatsächlich konnte ich die Dosis konstant und sehr tief halten und kam nach mehreren Monaten mit einer etwas wackeligen Woche wieder davon weg, als ich überzeugt war, es nicht mehr zu benötigen. Aber die Verlockung, jede unangenehme Empfindung damit zu bekämpfen, war hoch - weil ich wusste, wie schnell und zuverlässig die Wirkung eintritt. Mein Belohnungszentrum wusste es schon Sekunden vor mir - und läutete bereits einen leisen Craving-Alarm.

Ich denke, es braucht für die NAL-Wirkstoffe ein sehr hohes Bewusstsein. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich es hätte. Aber ich kann schon reden... Wenn meine Wellen dank Baclofen nur noch sanft vor sich hin dümpeln und mein Brett nahezu unsinkbar zu sein scheint. Wogende Mittelmeerpfütze versus drohender Taifun im Pazifik.

lg
Lisa

PSFür den absoluten Notfall und eine unmittelbare Wirkung hätte ich übrigens immer noch Antabus im Haus :D . Wetten, ich nehme die, wenn's hart auf hart kommt? Wie definiere ich eigentlich Notfall? B-) Und das Notfallszenario? Und lösen die sich überhaupt noch auf, die Dinger?

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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Dienstag 15. April 2014, 20:28 
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Moderator

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lisa64 hat geschrieben:
Wie definiere ich eigentlich Notfall? Und das Notfallszenario?
@Lisa

Gute Frage(n), ... Triggersituationen, die Sinne werden gereizt..., der Gehirn droht umzuschalten; aber bevor der point of no return erreicht wird, gibt's die Notbremse.
Eine tüchtige Dosis Baclofen kann bei vielen eine gute Bremse sein, andere brauchen eher eine Antabus-Dosis; und vielleicht dürfte Naltrexin einigen Leuten einen Bremsdienst beweisen?

Man sagt, Kunst sei die allerindividuellste Expression der allerindividuellsten Emotionen; und es würde mich nicht wundern, wenn jedes Individuum ein individuelles Prophylax-Bedürfnis hat. Wie individuell ist die tägliche Baclofendosiseinnahme schon nicht? Der Unterschied zwischen 30mg und 400mg ist mehr als tausend Prozent, und ich rede hier nur von Baclofen. Und was ist mit den psychischen, spirituellen Notfallmassnahmen, mit Jacobson, AT usw usw?

Hier gibt's mehr als 50 Shades of Grey...:)

LG

Patrick


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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Mittwoch 16. April 2014, 20:55 
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Beiträge: 236
lisa64 hat geschrieben:
Wie definiere ich eigentlich Notfall? B-) Und das Notfallszenario?

Mir kommt es mittlerweile so vor, als würde ich Notfall heute schon (nach nur zwei Monaten mit Baclofen) anders als noch früher bewerten.

Grundsätzlich gibt es für mich da aber schon einige Abstufungen (im Gegensatz zu früher, da war es eher eine einzige große, undurchschaubare dunkle Macht, die, einmal begonnen, nicht mehr aufzuhalten war. Bis vor ca. 5 Jahren kannte ich noch nicht mal den Begriff "Craving" !

Mittlerweile gibt es bei mir Abstufungen....

1. Reine Erinnungen, diffuse Rauschsehnsucht (wohlgemerkt, der Rausch nicht das Mittel steht hier bei mir noch im Vordergrund, das Wissen, um die vertieften Emotionen, die mit dem Rausch einhergehen, oder die Entspannung oder die Befreiung von Sorgen oder der Spaß).

Lassen sich, wenn sie vereinzelt auftreten, mittlerweile deutlich besser handhaben als früher. Da reicht mir in den meisten Fällen schon meine modifzierte Gedankenstop-Technik oder einfaches "Aushalten".

2. Längerdauernde Unruhe, Rauschsehnsucht


Dem konnte ich mittlerweile schon mehrmals mit wiederholter vertiefter Entspannung begegnen. Es wirkt, bzw. kann wirken (ja, die Einschränkung muss man auch hier bringen), kann eine gefährliche Phase entschärfen oder die Rauschsehnsucht nach hinten verschieben.

3. Die Welle....(DAS Craving)

Kommt zum Teil aus dem Nichts, die Wege sind mitunter nur schwer zu durchschauen, reisst alles mit weg, eliminiert alle guten Vorsätze und alle schrecklichen Erinnerungen und lässt einen teils automatisch das tun, was zu tun ist.

Baclofen hat es schon mal eindeutig geschafft, bei mir aus allem die Dramatik etwas rauszunehmen. Seit nun 2 Monaten keine Eskalation mehr (trotz Vorfall), das Gefühl, mit der Notfalldosis eine greifbare Hilfe zur Hand zu haben und nicht nur auf mentale Strategien angewiesen zu sein. Auch das Gefühl, dem Rückfall nicht mehr so ganz in seinem Verlauf ausgeliefert zu sein, sondern auch da noch (erstmalig) eingreifen zu können. Mich entspannt das ungemein, so auf mein Leben bezogen, die ganz große Angst vor dem verheerenden Rückfall ist bei mir zur Zeit weg. (Doch, ich sehe auch die Gefahr dieser Aussage...)

Und grundsätzlich würde ich alles schlucken, was mir hilft, es nicht zum Total-Exzess kommen zu lassen, gar keine Frage, aber würde ich denn z.B. Antabus so kurz direkt vorm Abschuss noch nehmen? Sozusagen mit letztem Restverstand und letzter nüchterner Kraft mir noch schnell eine Antabus in den Rachen schmeißen? Dann schon eher nicht mehr....Selincro klingt natürlich superspannend (auch wenn man da ja fast wöchentlich total unterschiedliche Berichte liest) - nur frage ich mich da tatsächlich auch: Ist es eher Hilfe oder Verführung zum (kurzzeit-)Rausch? Ich stelle diese Frage ganz offen und neutral, ohne mir da bisher schon eine Meinung gebildet zu haben. Wäre toll, wenn es nachhaltig wirkt und nicht zur Rechtfertigung mutiert.

Wie rog schon sagte, das individuelle Prohylaxebedürfnis scheint sehr individuell zu sein und jeder muss sich da seine eigenen Mixtur zusammensuchen. Aber mir scheint auf jeden Fall, das Baclofen zur Zeit die Basis für alles andere ist und manch andere Prophylaxe-Maßnahmen, wie Z.B. Entspannung oder Mentaltechniken oder Strategien erst wirklich möglich machen. Bei mir wird es eine Kombi aus allem sein, was sich mehrmals nachhaltig bewährt. Das jetzt rauszufinden, das wird die Kunst sein.

Lieben Gruß - Nordlicht

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Was ist eigentlich alt? Was ist jung? Jung, wo die Zukunft vorwaltet. Alt, wo die Vergangenheit die Übermacht hat. (Novalis , dt. Dichter)


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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Mittwoch 16. April 2014, 23:20 
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Geniale Notfallszenario-Beschreibung. Sehr ambitionierter Versuch,
da mal näher reinzuleuchten. Je mehr ich dem Schrecken nachspüre,
desto weniger Macht wird er über mich haben. Und es stimmt, etwas in der
Hinterhand zu haben, selbst mittendrin im Strudel, ist sehr beruhigend.

Antabus wäre für mich definitiv ungeeignet (da Angstler), das „Wenigertrinken-Ding“
entspricht nicht meinem Trinkverhalten (kein Binger), die Sehnsucht nach Rausch kenne
ich nicht. Bleibt Baclofen – Glück gehabt.

LG Federico

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Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 02:54 
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@rog / @Nordlicht / @federico: Auf die Gefahr hin, zu nerven - laaanger Beitrag - Notfall bedeutet für mich:

Mein Hirn macht sich selbständig, weil überfordert mit der Verarbeitung einer Flut von inneren und/oder äusseren Reizen und schaltet in seiner Panik um auf Autopilot.

Dummes Ding, könnte man sagen - aber hallo, ganz im Gegenteil! Clever wie es ist, erkennt das Hirn blitzschnell die drohende Gefahr für mein inneres Gleichgewicht. Es verliert keine Zeit damit, den langen Umweg über das Grosshirn (langsames Denken: was ist zu tun?) zu machen, sondern schlägt sofort den ultraschnellen Weg über die alten Hirnstrukturen ein. Dort ist für solche Fälle die Erinnerung an gleichartige Stresssymptome innigst verflochten mit der Erinnerung an den Erfolg von Alkohol zur Beruhigung der Stresssymptome. Ehe ich auch nur "Alkohol her, hilft immer!" denken kann, wurden bereits Neurotransmitter ausgeschüttet, welche die noch nicht eingetretene Wirkung der Droge schon vorwegnehmen. Dummerweise fehlt noch die Substanz selbst; Craving. Als ob von meinem Konto ein Dauerauftrag ausgelöst wird, auch wenn keine Lohnzahlung eingetroffen ist. Ich muss umgehend Geld nachschiessen.

Es ist nichts Kaputtes dabei, dass mein Hirn sich so gebärdet. Es hat sich sinnvollerweise angepasst an die Situation, die ich ihm durch den langen Überkonsum vorgeben habe, und bewältigt sie auf ebenso effiziente Art und Weise, wie es mich beim Geruch von Rauch aus dem Schlaf aufschrecken lässt. Ich merke, dass mir die Arbeit an solchen Abstraktionen hilft, vor allem zur Vertiefung der Erkenntnis: Der Impuls entspringt meinem Hirn, das auf Reize von innen heraus oder aussen herein reagiert, er entspringt nicht meiner Person oder meinem Charakter.

An der Situation kann und muss ich langfristig etwas ändern:
1) durch Weglassen der Droge (hier erst kommt Person/Eigenhirn ins Spiel), um andere "Erinnerungen" überhaupt möglich zu machen und
2) durch den Wirkstoff Baclofen, der den Ball tief halten kann, d.h. die Schwelle für die Reizüberflutung herabsetzt und damit den Boden für neue "Erinnerungen" bereitet.

Nun zur Kurzfristigkeit: Bei der Frage nach der Definition von Notfall, interessiert mich in Zusammenhang mit den NAL-Wirkstoffen in erster Linie, was ein Notfall NICHT ist. Daran hat sich ganz viel verändert seit Beginn meiner persönlichen Odyssee.

Ich bin nicht frei von Gedankenspielen, ob und wenn-ja-wann ich einen moderaten Konsum nochmals testen soll. (Echt, muss das sein 8-| ?) Das würde ich persönlich dann aber bewusst eingegangenes Risiko, nicht Notfall nennen. Risiken lassen sich absichern - allenfalls mit Nalmefen/Naltrexon, wenn es aus dem Ruder zu laufen droht. Wie häufig ist es für mich zulässig, das Risiko einzugehen? Wann schlägt das um in Fahrlässigkeit? Zuvor schon, während? Bleibe ich auch risikobewusst, wenn sich mein innerer Zustand unter Alkohol verändert? Kann ich zuvor eine Konsumgrenze setzen und nehme ich mir selbst ab, dass ich sie einhalten will?

Ich bezeichne auch eine Situation nicht als Notfall, von der ich im Voraus schon weiss, dass Bananenschalen den Weg pflastern werden. Einsam mit der Minibar im Hotel. Das nenne ich Versuchung, nicht Notfall. Hotelzimmer mit Minibar stinken regelrecht nach frischgeschälten Bananen.

Gut möglich auch, dass ich mir den Bananenschalenteppich selbst hinlege, in Form von Überzeugungen wie "Wenn dies oder jenes geschieht, bin ich verloren und kann nur noch beten." Die selbsterfüllenden Prophezeiungen - und dann: Musste ja so kommen, ging nicht anders, die Umstände waren gegen mich. (Darf sich denn überhaupt etwas ändern daran? Oder wozu sind solche Überzeugungen nützlich - ausser zur Förderung der Anzahl Bettage? :-? ) Hier treffe ich mich mit Nordlicht: "no more drama".

"Echte" Notfälle wird es geben, das Leben sorgt schon selbst dafür. Jenseits von Romantik und Selbsttäuschung vermute ich: Schicksalsschläge aus heiterem Himmel, Todesfälle, traumatische Schrecken und langanhaltende emotionale Überforderung. Nachdem ich in den letzten Monate ganz viele neue Schichten von ErINNERungen abspeichern konnte, sehe ich ihnen recht gelassen entgegen.

lg
Lisa

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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 05:59 
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Liebe Lisa,

Lisa hat geschrieben:
Ich bin nicht frei von Gedankenspielen, ob und wenn-ja-wann ich einen moderaten Konsum nochmals testen soll. (Echt, muss das sein ?) Das würde ich persönlich dann aber bewusst eingegangenes Risiko, nicht Notfall nennen. Risiken lassen sich absichern - allenfalls mit Nalmefen/Naltrexon, wenn es aus dem Ruder zu laufen droht. Wie häufig ist es für mich zulässig, das Risiko einzugehen? Wann schlägt das um in Fahrlässigkeit? Zuvor schon, während? Bleibe ich auch risikobewusst, wenn sich mein innerer Zustand unter Alkohol verändert? Kann ich zuvor eine Konsumgrenze setzen und nehme ich mir selbst ab, dass ich sie einhalten will?


Gedankenspiele sind Gift für uns. Sie suggerieren uns eine Möglichkeit, eine Option. Haben wir diese? Haben wir nicht immer wieder herausgefunden, dass diese letztendlich wieder ins OFF führen? Es gibt keine 100% Absicherung.

Lisa hat geschrieben:
Notfall bedeutet für mich: Mein Hirn macht sich selbständig, weil überfordert mit der Verarbeitung einer Flut von inneren und/oder äußeren Reizen und schaltet in seiner Panik um auf Autopilot.


Das Thema hatten wir schon - vergessen? (HS/HB/Scanner - ohne Akzeptanz dieser Faktoren geht es m.E. nicht))

Ich kenne das alles nur zu gut. Auch ich bewege mich oft am „Rande“. Mein Neuronen steppen und ich würde am Liebsten 100 Sachen gleichzeitig tun. In meinem Hirn herrscht Chaos. Dazu noch emotionale, nicht einschätzbare Situationen..

Mit der Zeit habe ich gelernt (müssen), dies zu kompensieren. Mir hilft dann einfach raus zu gehen (manchmal flüchten) oder zu meditieren (Atmung kontrollieren, sich nur auf den Körper konzentrieren) oder einfach neuen Input sammeln. Klingt simpel – ist es aber nicht.

Andere Mittel kämen für mich never ever in Betracht. Keine Option!!

Ich denke da langfristig. Baclofen ist (k)ein Wundermittel. Es hat sehr viel Potential und verschafft eine Basis. Der Rest ist harte Arbeit.

Den Knopf für den Autopiloten habe ich mit Sekundenkleber festgesetzt.

So – und nun wünsche ich Dir eine guten Morgen.

Liebe Grüße Volker

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George Bernard Shaw


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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 12:17 
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lisa64 hat geschrieben:
Ich bin nicht frei von Gedankenspielen, ob und wenn-ja-wann ich einen moderaten Konsum nochmals testen soll. (Echt, muss das sein 8-| ?) Das würde ich persönlich dann aber bewusst eingegangenes Risiko, nicht Notfall nennen.
@Lisa: Gewisse Lehrmeinungen würden Dir aber aufgrund dieser Gedankenspiele schon einen Notfall attestieren. Zumindest "nasses Denken" oder besser noch: "Trockenrausch". (Wie wäre es sonst möglich, dass Du jetzt schon wieder denkst, Du könntest....tztzzz).

Und auch ich selbst hätte dies bis vor kurzem noch als einen Notfall gesehen. Heute nicht mehr. Aber da kommt vielleicht der wesentliche Punkt zur Geltung: Ich nutze ein neues Medikament in Verbindung mit meinem alten Denken, dass immer noch ganz wesentlich von Schwarz-Weiß-Denken und den entsprechenden Beliefs geprägt ist: "Einmal Alki, immer Alki", "Rückfall ist immer verheerend", "Rückfall muss mit Leid verbunden sein", "Nur eine Weinbrandbohne und du bist des Teufels", "sei demütig, erkenne an, dass Du alleine nie was ändern können wirst, vertraue auf uns, wir sagen Dir was richtig ist", "vertraue auf die höhere Macht, und erkenne an, dass Du dem Alkohol gegenüber machtlos bist, immer warst und bis in alle gottverdammte Ewigkeit bleiben wirst!!!"

Ich nutze ein neues Medikament aber nicht nur alleine in Verbindung mit meinem alten Denken, sondern auch mit dem "alten Denken" aller anderen.

Den anderen Alkoholikern, denen ich ihre Erfahrungen ja erstmal glaube, die einen immensen Einfluss auf mich ausüben können, wenn sie mir sagen: Du bist auf dem falschen/richtigen Weg.

den Angehörigen, die da auch ein Wörtchen mitzureden haben, ob ich gerade alles richtig mache - ja, die entscheiden oft massiv mit, ob man gerade auf einen guten Weg ist oder die Halbe Flasche Wein tatsächlich alle Bemühungen der letzten Jahre zunichte gemacht hat (Drama meist inklusvie und immerwieder zurück auf LOS und gaaaanz von vorne beginnen))

und dem alten Denken der Gesellschaft als solches. Einmal als Alkoholiker bekannt, werden sich selbst entfernte Bekannte u.U. das recht rausnehmen, einen darauf hinzuweisen, das das nicht gut sein kann, wenn ich trinke.

Fazit: nicht ich alleine entscheide, was ein Notfall, Rückfall, Vorfall ist, jeder nimmt sich das Recht raus zu sagen, was ein Notfall, Rückfall, Vorfall ist und man selbst wird sich unter ungünstigen Umständen immer im Rechtfertigungsmodus befinden.

Und das macht die Sache so schwierig, weil Beeinflussung von allen Seiten und zum Schluss weiß man gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht.

Und dann kann man sich auch selbst noch irren und mit bester Absicht den falschen Ansatz wählen.

Fallstricke über Fallstricke...aber ich stolpere jetzt lieber, wenn es denn so kommen wird, über meine eigenen Fallstricke und nicht die der anderen. Aber dazu braucht es Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein und das ist ja mit das erste, was einem im normalen Suchttherapie-Betrieb abgenommen wird. Und von allen anderen, die die biologische Komponente der Krankheit nicht auf dem Zettel haben.

Für mich muss ein neues, verantwortungsvolles Denken her, bei dem Abstinenz DAS wesentliche Mittel zum Zweck ist aber nicht zwangsläufig oberstes Ziel. Das alte Denken mit Abstinenz als obersten Ziel und Baclofen als Unterstützung beizubehalten kann aber natürlich auch in vielen Fällen das einzig Richtige sein.

Es wird hier keine Pauschallösungen geben können. Und darum wird auch jeder Notfall für sich anders definieren.

Lieben Gruß - Nordlicht

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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 13:36 
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@Nordlicht:
Zitat:
Für mich muss ein neues, verantwortungsvolles Denken her, bei dem Abstinenz DAS wesentliche Mittel zum Zweck ist aber nicht zwangsläufig oberstes Ziel.


Ich stehe auch an diesem Punkt, bzw. in diesem Prozess. Daran arbeiten wir und dafür ist dieses Forum auch so unheimlich wertvoll. Ohne die Auseinandersetzung hier und die vielen offenen und undogmatischen Informationen, die sich nach und nach zu einem neuen Denken über Sucht formen und wieder umformen, wäre Erfolg nicht in dieser Form möglich gewesen. Wäre ich immer noch im Widerstand. Den gibt es noch im Sinne von Skepsis gegenüber überholten Dogmen und - ja - den gläubigen Nicht-Denkern in meinem Umfeld. Aber der heilige Zorn flammt nicht mehr täglich auf. Ich muss niemanden überzeugen. Meine Taten sprechen für sich und ein "Nein, ich seh' das anders" reicht meist aus, ein wenig Ironie muss ab und zu noch sein.

Parallel zur Wirksamkeit des "molecule" gegen Craving ist dieses öffnende Denken auch für mich absolute Bedingung. Kein Wunder: Als Süchtiger ohne Suchtdruck leben zu können, ist so einmalig und neu, das schreit laut und deutlich nach einer neuen Denke, schmeisst es doch erst mal alle meine Grundannahmen über den Haufen.

Die dritte Grundlage bilden all die guten Erfahrungen und Erlebnisse der Abstinenz, die neuartige ErINNERungen bilden und das alkoholfreie Leben zu kolorieren beginnen. Erwartet hatte ich vor Jahren, ganz am Anfang, ausschliesslich grau-in-grau und das Ende der Freude. Dieser Prozess dauert bei Jedem unterschiedlich lange und braucht mehr oder weniger Wiederholungen, bis aus dem Schreckgespenst Nüchternheit ein erstrebenswerter Zustand wird. Ich kann nur immer wieder versichern, dass er es werden kann - ohne Bedauern.

Vielleicht mal wieder den Blick auf die Zielformulierung richten? Den Notfall hätte ich ja nun für mich durch... Mein oberstes Ziel ist immer noch: Ich will, dass es mir gut geht.

lg
Lisa

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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 14:08 
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Registriert: Mittwoch 6. April 2011, 23:04
Beiträge: 236
lisa64 hat geschrieben:
Die dritte Grundlage bilden all die guten Erfahrungen und Erlebnisse der Abstinenz, die neuartige ErINNERungen bilden und das alkoholfreie Leben zu kolorieren beginnen. Erwartet hatte ich vor Jahren, ganz am Anfang, ausschliesslich grau-in-grau und das Ende der Freude.
Ich hatte als Binge/Quartals-Trinker ja immer diese Zeiten der Nüchternheit, die durchaus auch immer wieder einem bezaubernden Farbfilm glichen, also nicht unbedingt grau-in-grau waren. Aber die vollkommene Zufriedenheit, die war halt bisher immer nur mit Rausch möglich. War das Bedürfnis erfüllt, die Zeit des Leidens vorbei, war´s auch genug. Ich habe also z.B. kein grundsätzliches Problem mit Nüchternheit, aber ich hatte nie Referenzerfahrungen für vollkommenes Glück, Zufriedenheit, Ekstase - ohne Rausch. Seit einiger Zeit erst konnte ich da Referenz-Erlebnisse sammeln: vollkommenes Glück - ohne Rausch - an das man sich sogar dann auch noch erinnern kann. Das MUSS was bewirken, geht glaube ich gar nicht anders, aber man muss halt an diese Erlebnisse rankommen....in ganz schlechten Lebensituationen, in depressiven Phasen kann das sehr schwer sein. Aber nachhaltig erlebt, werden diese neuen Erlebnisse die alten überschreiben. Zumindest hoffe ich, dass es so ist.

LG Nordlicht

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 Betreff des Beitrags: Re: Nalmefen und Naltrexin
BeitragVerfasst: Donnerstag 17. April 2014, 14:16 
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Volker hat geschrieben:
Gedankenspiele sind Gift für uns. Sie suggerieren uns eine Möglichkeit, eine Option.

@Volker,

Gedankenspiele sind sogar notwendig und dienen dem Gesundungsprozess –
solange man nicht „Bullshit-Bingo“ mit seinen Gedanken spielt.

Was nicht raus darf, weil andere für dich entschieden haben, dass es drinbleiben muss,
fängt erst an dich zu bedrücken – bis es dich erdrückt. Bingo, rien ne va plus ... kein
Freispiel mehr. Jede scheinbar ausweglose Situation ist nur scheinbar alternativlos.

Eine um das achtfach erhöhte Suizidrate bei trockenen Alkoholikern spricht eine deutliche
Sprache. Über diesen „13. Schritt“ spricht man natürlich nicht ...

LG und frohe Ostern
Federico

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Richard David Precht


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