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Zeit etwas zurückzugeben

Dienstag 28. Februar 2017, 20:55

Dieses Thema wurde wegen Unsachlichkeit des Authors gesperrt. Hier --> die Begründung.

Hallo zusammen,

ich bin seit über 30 Jahren alkoholkrank, seit etwas über 25 Jahren weiß ich es und
seit 19 Jahren tue ich etwas dagegen. Zwischen 1992 und 1998 mehrere Entgiftungen
(die zählen noch nicht zum "was dagegen tun").
1998 dann eine Langzeittherapie.
Ein halbes Jahr danach folgte die nächste Entgiftung.
Daraufhin zum Neurologen begeben und nach einigen Fehlversuchen (ohne Rückfall)
13 Jahre lang trocken geblieben mit Hilfe von Doxepin.

An dieser Stelle eine Warnung an alle die gern Doxepin für diesen Zweck einsetzen
wollen, oder es bereits tun.
Doxepin ist auf Dauer keine Lösung und hat bei Langzeitanwendung böse
Nebenwirkungen.
Seit meinem "ersten neuen" Absturz 2013 ist es mir auch mit Doxepin nicht gelungen
länger als 1 Jahr abstinent zu bleiben und die Abstände wurden kürzer, bis ich dann
2016 2mal zur Entgiftung musste.

Nun wurde mir von meiner Suchtberatungsstelle ein Nervenarzt empfohlen (nicht
mein Bisheriger).
Dieser (in Leipzig) hat bereits gute Erfolge mit Baclofen erzielt und gab mir erstmal
den Rat mich in diesem forum über Baclofen zu informieren.

Zwar immer noch skeptisch, bekundete ich bei meinem nächsten Terimin mein
Interesse an einer Behandlung mit Baclofen.
Meine Bedenken wegen der, oft extrem, hohen Dosierung konnte er zerstreuen da
die optimale Dosis individuell sehr breit gefächert ist.

Eine Dosierung wie sie Olivier Ameisen bei sich selbst angewandt hat wäre für mich
nicht infrage gekommen.
Verteufelt mich bitte nicht, aber ich glaube dass diese Dosis an seinem Tod nicht
unschuldig war. Letztlich ist der einzige Unterschied zwischen normaler, rythmischer
Muskeltätigkeit der, dass ein Krampf sich nicht "löst wenn er soll".
Muskelschwäche ist eine bekannte Auswirkung von überdosierten Muskelentspannern
und das Herz ist nunmal eine Muskelgetriebene Pumpe.

Egal wie man es betrachten mag, schlußendlich zählt nicht wie lange man lebt
sondern wie!

Meine Baclofenbehandlung begann mit 12,5mg/d und liegt jetzt bei 37,5mg/d.
Zwischendurch gab es eine "kleine Panne".
Ich nehme Betablocker und die Tägliche Steigerung von Bac führte bei 62,5mg dann
zu Wechselwirkungen die äußerst unangenehm waren.
Daraufhin habe ich sofort die Betablocker-Dosis halbiert und Bac wieder auf 37,5mg
reduziert. Mittlerweile geht es mir wieder gut und ich spüre wie zuvor die positive
Wirkung vom Baclofen. Morgen nehme ich dann auch wieder die normale
Betablocker-Dosis.

Die Steigerungsrate ist also ebenso individuell wie die Wohlfühldosis.
Bei unerwarteten "Wirkungen" also bitte NICHT die Behandlung abbrechen!!!
Lasst euch krank schreiben wenn es schlimm ist und geht mit dem Bac 1-2 Stufen
zurück.

Vorteile von Bac gegenüber Doxepin aus meiner Sicht:
- ich bin nicht mehr so müde
- meine Belastbarkeit ist höher, physisch wie psychisch
- der , durch Doxepin verursachte, Calzium-Verlust in Knochen, Fingenägeln etc
hat aufgehört und ich kann sogar Besserung feststellen (ist also reversibel)
- ich kann mich bewusst zur Ruhe bringen ohne extra was zu nehmen

Nachteile:
- leider immer noch nicht für den Zweck zugelassen
- keine verlässlichen Daten zur Langzeitanwendung und eventuellen Risiken

Ich hoffe, durch meine Beteiligung hier im forum, einen winzigen Teil zur Beseitigung
der genannten Nachteile beitragen zu können.

LG

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Dienstag 28. Februar 2017, 23:45

Hallo Sachse

Danke für Deinen Bericht!
Sachse365 hat geschrieben:Muskelschwäche ist eine bekannte Auswirkung von überdosierten Muskelentspannern
und das Herz ist nunmal eine Muskelgetriebene Pumpe.
Ich kann Dir aus meiner Langzeittherapie seit 6 Jahren mit Baclofen 62.5mg/d, folgendes sagen:
Letztes Jahr wurde bei mir ein Belastungs-EKG durchgeführt. Dies mit dem guten Resultat von einer Leistung (berechnet nach meinem Gewicht und Grösse) über 120%, obschon ich nun 64 Jahre zähle und keinen Leistungssport betreibe.
Somit sehe ich mit Bac-Dosen in diesem Bereich, auch über lange Zeit kein Problem.
Wie es sich mit hohen Dosen verhält, kann ich jedoch nicht beurteilen, da bei 100mg oder mehr absulut Ende der Stange aufgrund der NW war.

LG
moonriver

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 00:19

Hi Sachse,
erstmal danke für deine Geschichte und :hutab: das du es schon mal so lange geschafft hast trocken zu bleiben, blöder Spruch :-?
nichts zu trinken is besser. :daumen:
Sachse365 hat geschrieben:Egal wie man es betrachten mag, schlußendlich zählt nicht wie lange man lebt sondern wie!

Ja das kann man wohl so sagen, lebendig DASEIN oder im Dämmerzustand.
Sachse365 hat geschrieben:Verteufelt mich bitte nicht, aber ich glaube dass diese Dosis an seinem Tod nicht unschuldig war. Letztlich ist der einzige Unterschied zwischen normaler, rythmischer Muskeltätigkeit der, dass ein Krampf sich nicht "löst wenn er soll".Muskelschwäche ist eine bekannte Auswirkung von überdosierten Muskelentspannern und das Herz ist nunmal eine Muskelgetriebene Pumpe.

Diese Bedenken teile ich mit dir, aber ich hoffe das man auch irgendwann mit einer geringen Dosis leben kann. Dauert aber wohl seine Zeit. Egal welche Medikamente man nimmt, sie sind alle nicht ohne, aber Alkohol richtet sicher mehr Schaden an über die Jahre. Alles Gute für dich
Gruss Bine

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 04:16

Sachse365 hat geschrieben:Egal wie man es betrachten mag, schlußendlich zählt nicht wie lange man lebt
sondern wie!
Aus aktuellem Anlass :daumen:

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 08:01

delle54 hat geschrieben:
Sachse365 hat geschrieben:Egal wie man es betrachten mag, schlußendlich zählt nicht wie lange man lebt
sondern wie!
Aus aktuellem Anlass :daumen:


Wo darf ich unterschreiben?

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 09:10

Bedingt das Eine nicht das Andere? Gesünder leben = Mehr Spaß am Leben = Länger leben. Mag nicht immer klappen, aber als Grundgleichung doch schon mal eine ganz gute Orientierung.

Dieter

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 09:57

Willkommen Sachse365 und danke für dein ausführliches Eingangspost.

Ich empfinde deine Geschichte als eindrucksvolle und kraftvolle Schilderung, einen Mutmacher, der beweist, dass es sich immer wieder lohnt aufzustehen.

Und auch dafür: es gibt Hilfe. Deine Suchtberatungsstelle und dein Neurologe sind ein gutes Beispiel, dass es sich auch lohnt immer weiter zu suchen.

Es ist so: man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben. Und Alkohol ist definitiv nicht dazu angetan, den Tagen mehr Leben zu geben, vermutlich für alle, soweit möchte ich mich aber gar nicht aus dem Fenster lehnen, abrer mit Sicherheit für uns, die wir abhängig geworden sind.

Ich freue mich, dass du hier bist und auf weitere Beiträge.

Wieder ein Steinchen im Puzzle

Mittwoch 1. März 2017, 12:59

moonriver hat geschrieben:Ich kann Dir aus meiner Langzeittherapie seit 6 Jahren mit Baclofen 62.5mg/d, folgendes sagen:
Letztes Jahr wurde bei mir ein Belastungs-EKG durchgeführt. Dies mit dem guten Resultat von einer Leistung (berechnet nach meinem Gewicht und Grösse) über 120%, obschon ich nun 64 Jahre zähle und keinen Leistungssport betreibe.
Somit sehe ich mit Bac-Dosen in diesem Bereich, auch über lange Zeit kein Problem.
Wie es sich mit hohen Dosen verhält, kann ich jedoch nicht beurteilen, da bei 100mg oder mehr absulut Ende der Stange aufgrund der NW war.

LG
moonriver


Hallo moonriver,

vielen Dank für diese Info. Es bestätigt meine Annahme dass alles was unter der
Höchstdosis zur MS-Behandlung (75mg/d) liegt kein besonders hohes Risiko
birgt. Olivier Ameisen lag ja fast 200mg/d darüber.
Aber er bekam ja leider auch mehr Gegenwind als alles andere und niemand kam
auf die Idee sein Experiment durch eine Studie zu legalisieren.
ZB wäre es ein Leichtes gewesen ihm einen "Herzmonitor" einzusetzen der neben
der Herzfrequenz auch bei jedem Schlag die elektrische Spannung über dem
Muskel mißt und aufzeichnet - und regelmäßig per NFC ausgelesen wird.
So hätte sich quasi life erkennen lassen ab welcher Dosis/Dauer die Herzfrequenz
nicht mehr sinkt, aber die el. Spannung beim Schlagen weiter sinkt.
Das wäre dann die Stelle gewesen ab der es schädigend wirkt.

Besonders schade wenn man denkt wie weit er es mit seinem Mut und Engagement
noch hätte bringen können.

Die nächste Generation hätte vielleicht schon von Jugend an, also VOR dem ersten
Kontakt mit dem Suchtmittel behandelt werden können. Immerhin gibt es bereits
im Kindesalter anzeichen daß der "Keim" der (Alkohol!!!) Sucht vorhanden ist.

Nochmal ein herzliches Dankeschön, sowohl für die freundliche Aufnahme als auch
für die äußerst wertvolle Info.

LG

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 13:15

Bine hat geschrieben:Hi Sachse,
erstmal danke für deine Geschichte und :hutab: das du es schon mal so lange geschafft hast trocken zu bleiben, blöder Spruch :-?


Hi Biene,

das empfinde ich keineswegs als blöden Spruch, denn es waren immerhin 13 Jahre
in denen ich mich weiterentwickeln konnte. Im Suff wäre das nicht möglich gewesen.
Die Erkenntnis daß es mit Doxeoin nicht auf die Dauer funktioniert erspart vielleicht
dem einen oder anderen diesen "Umweg".
Die Wirkung von Bac ist (bei mir) bereits bei 37,5mg/d deutlich besser als es mit
Doxepin (100mg/d) je war. Und das ohne spürbare Nebenwirkungen!

LG

PS: Ich stelle gerade fest daß es besser wäre alle Antworten in eine zu fassen,
denn "direktes" Antworten geht ja nicht - oder ich hab es noch nicht entdeckt?.

Re: Zeit etwas zurückzugeben

Mittwoch 1. März 2017, 13:17

Zu Olivier Ameisen: Herzinfarkt

Ameisen nahm das Medikament über einen Zeitraum von 10 Jahren.
Es gibt andere, die Baclofen seit über 30 Jahren nehmen, MS und andere
neurologische Erkrankungen.

LG Federico
Thema gesperrt