Montag 12. Juni 2017, 10:51
Liebe Trudi,
ich finde schon, dass der Beitrag in "Auf dem Weg..." gepasst hätte. Solche traumatischen Abstürze gehören halt zu unseren Wegen. Leider. Wenn du magst verschiebe ich den Beitrag dahin, er kann aber genauso gut hier stehen bleiben.
Erst mal: mein allergrößter Respekt für deine Offenheit!
Dann zum Positiven an der ganzen Misere:
so furchtbar schlecht es dir gegangen ist, so vernichtend die Schamgefühle waren:
du bist nicht liegen geblieben, sondern hast dir Hilfe gesucht und gefunden. Du warst nicht alleine. Und du hast dafür gesorgt, ins Krankenhaus zu kommen. Du hast dein Schicksal in die Hand genommen.
Deine Freundin hat sich als großer Schatz bewährt. Wer solche gute und echte Freunde hat muss schon selber ein besonderer Mensch sein.
Als ich den Einstieg las, dass du getrunken hast, um es den Gästen schön zu machen... . schoss mir durch den Kopf: der Klassiker. Genau das ist unser Problem oder ein Teil davon. Wenn "gesunde" Menschen das Gefühl haben eine Erkältung zu kriegen oder einen Migräneschub oder, oder, dann greifen sie zum Telefon und sagen..."sorry Leute, mir geht es nicht gut, mir wird das grade alles zuviel, ich werde krank, wir müssen bitte gemeinsam eine andere Übernachtungsmöglichkeit für die beiden suchen." Wir leisten einem Krankheitsschub Beihilfe damit wir funktionieren. Und führen damit den Zusammenbruch herbei.
Das einzig Wichtige, liebe Trudi bist du. Jetzt und überhaupt. Hilfreich könnte es sein,
dass du für dich genau analysierst, was alles dich so getriggert hat, dass es zum Zusammenbruch kam. Das dann auf der Landkarte deiner Genesung eintragen, damit du das nächste Mal gewappnet bist.
Nun zur Familie:
Trudi hat geschrieben:Meine ganze Familie habe ich so verärgert und enttäuscht, dass keiner mehr mit mir spricht. Gerade erst hatte sich unser Verhältnis wieder so gut gestaltet, und sie hatten mir wieder vertraut.
Vetraut ja, man könnte es aber auch überfordert nennen. Egal: wie auch immer, wenn die erste Welle mal ab geebbt ist, wird sich das Verhältnis wieder verbessern. Vielleicht gibt es jemanden, zu dem du den besten Draht, das größte Vertrauen hast, dann kannst du ja ein Gespräch suchen für den Einstieg.
Dieses strafende, vernichtende Schweigen finde ich aber ehrlich gesagt auch nicht sehr liebevoll von deiner Familie um es mal ganz vorsichtig auszudrücken. Dir war alles zuviel, du hattest einen Krankheitsschub:
Für Außenstehende schwer bis gar nicht zu begreifen, ok, aber ohne den Versuch Verständnis aufzubringen, sich mit der Krankheit auseinander zu setzen geht es auch nicht.
Liebe Trudi, lass den Kopf nicht hängen, mach dich nicht nieder! Halte dich an deine Freunde, die dich auch in solchen Situationen nicht fallen lassen und das mit der Familie wird sich finden.
Ich drücke dich mal ganz betroffen.