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Federico
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Betreff des Beitrags: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 17:21 |
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Gründer † |
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Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
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Vorab der Versuch die beiden Begriffe Laps und Relaps deutlich voneinander abzugrenzen.
Unter Laps verstehen wir den einmaligen ungeplanten Konsum geringer Mengen Alkohol bei Usern, die dauerhafte Abstinenz als Ziel anstreben.
Unter Relaps verstehen wir den Konsum großer Mengen Alkohol, episodisch über mehrere Tage bis hin zum Verhalten vor Beginn der Baclofentherapie. (Kontrollverlust)
Geringe Menge = max. 2 Standarddrinks. Ungeplant = ohne erkennbaren Anlass aus Gründen die schon in der Vergangenheit Gründe für zwanghaften Alkoholkonsum waren.
Für User die keine dauerhafte Abstinenz anstreben wollen stellt Alkoholkonsum in geringer Menge keinen Laps dar.
Um die Kontrolle nicht zu verlieren ist es dennoch wichtig nicht ungeplant d.h., ohne feste Regeln Alkohol zu konsumieren. Als Faustregel gilt: nicht mehr als 2 Standarddrinks pro Tag an nicht mehr als 2 aufeinanderfolgenden Tagen und nicht öfter als an 3 Tagen in der Woche. Von dieser Faustregel abweichende, individuell gewählte Regeln sind natürlich möglich, allein die Einhaltung der Regeln ist das Maß der Dinge. Ein übertreten oder ausweiten jeder individuell selbst festgelegten Regel ist als Laps zu werten.
Bei sich häufenden Lapsen ist eine mehrwöchige Abstinenzphase und/oder Dosisanpassung angezeigt. Überdenken der Regeln erscheint sinnvoll, evtl. Ziele neu definieren.
Der in der Vergangenheit häufig diffus gebrauchte Begriff „moderates Trinken“ (MT) hat sich hiemit als nicht zielführend erledigt. Was ist schon moderat?
10 wichtige Punkte zur Relapseprophylaxe:
1. Die Eingrenzung von Relapsrisiken sollte immer die höchste Priorität behalten. Hohe Motivation am Anfang der Therapie geht nach Erreichen des persönlichen Ziels leicht verloren. (Achtsamkeit statt Angst)
2. Wahrheit, Klarheit und Bereitschaft zu absoluter Offenheit senken das Relapsrisiko deutlich. Geplante Dosierungsänderungen immer mit dem behandelnden Arzt und wenn nicht möglich, mit einer Vertrauensperson oder im Forum vorab besprechen.
3. Die Dosierung von Baclofen spielt eine übergeordnete Rolle und ist möglicherweise der derzeit sicherste Ansatz im Sinne der Relapsvermeidung. Nicht oder nur mittels starker Willenskraft beherrschbares Craving ist ein ernstzunehmender Hinweis auf Unterdosierung. (Arztgespräch)
4. Stress, Ärger, Wut, Demütigung, Abweisung, Krankheit, Agressivität, Trauer, Depressionen und Ängste sollten permanent thematisiert und durch Gespräche im Vorfeld in ihrer Auswirkung auf die Psyche entlastend geführt werden.
5. Ein kurzzeitiger Relaps ohne Entwicklung toxischer Scham ist beherrschbar. toxische Scham ist der selbstvergiftende Mechanismus der in den langandauernden Relaps führen kann.
6. Anonymität macht einsam und verschlossen, ist andauernd schambehaftet und kann die Relapsgefahr signifikant erhöhen. Anonymität ist das selbstgewählte Gefängnis – Persönlichkeitsentwicklung ist Ausbruch in die selbstbestimmte Freiheit.
7. Das Forum kann nur bedingt zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen. Je nach individuell unterschiedlicher Vorgeschichte ist dringend eine weiterführende Therapie anzuraten. Eine allgemeine Empfehlung für die Art der Therapie kann in keinem Fall gegeben werden.
8. Situativ auftretendes Craving ist immer auch ein ernstzunehmender Hinweis auf blinde Flecken in der Persönlichkeitsentwicklung. Es bietet sich als Therapiethema an.
9. Das sogen. Suchtgedächtnis als über allem diffus schwebendes Damoklesschwert ist wenig hilfreich zur Relapsprophylaxe. Es ist allenfalls hilfreich als Argument im Falle eines scheinbar unerklärlichen Relapse. Eine stärkere Beachtung von Punkt 1 bis 4 ersetzt das sogen. Suchtgedächtnis.
10. Hinterher ist man immer klüger, wer kennt das nicht. Mit Baclofen und entsprechender Achtsamkeit ist es jedoch besser als je zuvor möglich, diese scheinbare Zwangsläufigkeit hinter sich zu lassen. Vorsicht ist immer ein guter Berater aber absolute Sicherheit gibt es nicht.
LG Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 22:06 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Meine persönliche Erfahrung: Nach 5 Jahren Abstinenz fiel ich in eine tiefe Krise, welche ich zum Glück und dank Baclofen überwinden konnte. Für mich ist jedoch nun eines klar geworden: Alkoholabhängigkeit bringt das Hirn in eine Konditionierung wie Radfahren und Schwimmen. Einmal gelernt, nie mehr vergessen. Da werden Muster biochemisch und bioelektrisch in das Hirn gebrannt, Verbindungen zwischen Synapsen hergestellt und mit Assoziazionen verbunden, vor denen wir keine Chance haben zu entrinnen. Bac kann helfen, diese gebauten Brücken zu besänftigen. Im Sinne, dass wir körperlich kein Verlangen mehr verspüren, Alkohol zu konsumieren. In Gedanken wird aber dieses Nachtmahr noch lange in unserem Denken herumgeistern. Einzig hier können wir den Hebel ansetzen. Bac kann den biochemischen Prozess zum Guten beeinflussen, den "eingebrannten" Rest müssen wir mit unserer Gedankenkraft beeinflussen und zu Boden bringen... Bac ist wohl im Moment das beste Hilfsmittel, dieser Spirale zu entkommen!
Moderates Trinken oder totale Abstinenz? Biochemisch gesehen wäre die Abstinenz der krönende Abschluss des "Königsweges". Dies zu erreichen setzt einiges voraus. Die totale Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol zu erreichen ist ein hartes und schwieriges Ziel... Packen wir es an!
LG moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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Eifelgeist
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 23:03 |
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Registriert: Dienstag 1. November 2016, 16:58 Beiträge: 186
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Nabend federico und Moonriver, ich kann alles unterschreiben, was hier geschrieben wurde. Alles kann ich nur zitieren und kommentieren, so spricht es mich an. Aber ist mir dann doch zu anstrengend. Immerhin hat es mich angeregt, doch wieder vermehrt offen zu schreiben, ist ja doch einiges passiert, bei dem Weg aus meiner Sucht. Ich finde es sehr wichtig und empfinde es auch so, daß hier jeder aufgenommen und auch aufgefangen wird. Jeder wird verstanden, niemand muss sich schämen oder rechtfertigen. Und für alle gleich gilt Geduld-Geduld-Geduld. Liebe Grüße, Udo
_________________ Der Weg ist mein Ziel
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Bine
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Donnerstag 19. Januar 2017, 23:10 |
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Registriert: Mittwoch 13. Juli 2016, 14:49 Beiträge: 682
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Hallo @all Zitat: 1. Die Eingrenzung von Relapsrisiken sollte immer die höchste Priorität behalten. Hohe Motivation am Anfang der Therapie geht nach Erreichen des persönlichen Ziels leicht verloren. (Achtsamkeit statt Angst) Man meint man ist schon sicher, weit gefehlt, die hohe Motivation lässt langsam wieder nach. Zitat: 3. Die Dosierung von Baclofen spielt eine übergeordnete Rolle und ist möglicherweise der derzeit sicherste Ansatz im Sinne der Relapsvermeidung. Nicht oder nur mittels starker Willenskraft beherrschbares Craving ist ein ernstzunehmender Hinweis auf Unterdosierung. Wie hoch muẞ die Willenskraft sein ? Wie hoch motiviert muẞ man auch auf Dauer sein ? Man darf nie sein Ziel verlieren, egal ob moderates Tinken oder Abstinenz. Wobei ich denke, das MT mit Baclofen eher zu erreichen ist als ohne Baclofen. Zitat: 4. Stress, Ärger, Wut, Demütigung, Abweisung, Krankheit, Agressivität, Trauer, Depressionen und Ängste sollten permanent thematisiert und durch Gespräche im Vorfeld in ihrer Auswirkung auf die Psyche entlastend geführt werden. Das sind genau die Punkte die uns wieder dahin treiben um zur Flasche zu greifen, und im Vorfeld kann man das manchmal nicht thematisieren, da es meistens aus heiterem Himmel von jetzt auf gleich/sofort kommt. Natürlich können wir es ein Stück weit abwehren, aber es überrollt einen einfach und dann eine schnelle Lösung zu finden, ist nicht immer leicht. Da gehört dann doch schon eine groẞe Portion Wille und Mut und Durchsetzungsvermögen gegen einen selber dazu. Zitat: 6. Anonymität macht einsam und verschlossen, ist andauernd schambehaftet und kann die Relapsgefahr signifikant erhöhen. Anonymität ist das selbstgewählte Gefängnis – Persönlichkeitsentwicklung ist Ausbruch in die selbstbestimmte Freiheit.
Anonym sind wir hier, aber wir können uns mitteilen, sind nicht einsam mit unserem Problem, hier schreiben ist auch eine Art der eigenen Persönlichkeitsentwicklung. Zitat: 10. Hinterher ist man immer klüger, wer kennt das nicht. Mit Baclofen und entsprechender Achtsamkeit ist es jedoch besser als je zuvor möglich, diese scheinbare Zwangsläufigkeit hinter sich zu lassen. Vorsicht ist immer ein guter Berater aber absolute Sicherheit gibt es nicht. Die absolute Sicherheit wird nie wieder kommen, es liegt an uns halbwegs absolute Sicherheit wieder zu bekommen. HALBWEGS ! Ich finde über diese 10 Punkte lohnt es sich mal nachzudenken. Zitat: Die totale Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol zu erreichen ist ein hartes und schwieriges Ziel... Packen wir es an!
Na dann mal los, es ist ein hartes und schwieriges Ziel, aber auch mit immer wieder aufstehen kommen wir diesem Ziel näher, als wenn wir nicht wieder aufstehen würden/ nicht schon soo oft wieder aufgestanden wären. Gruss Bine
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brava
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Sonntag 22. Januar 2017, 09:46 |
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Registriert: Sonntag 22. Januar 2017, 09:13 Beiträge: 3 Wohnort: Berlin
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Hallo ..Ich hatte vorgestern meinen ersten Rückfall, nach 2 monatiger Einnahme von Baclofen Dosis 30mg/Tag. Ich bin am Boden zerstört, was soll ich tun???
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kunor
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Sonntag 22. Januar 2017, 10:21 |
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Registriert: Samstag 21. November 2015, 20:05 Beiträge: 510 Wohnort: Weserbergland
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Locker bleiben, Reste wegschuetten und geduldig sein. So was passiert halt gelegentlich, 30mg sind ja auch relativ wenig.
_________________ Alkohol ist und bleibt ein hochgefährliches Nervengift, das dich als Freund empfängt und früher oder später wie einen Depp aussehen lässt.
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Fallada
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Sonntag 22. Januar 2017, 10:48 |
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Registriert: Freitag 6. April 2012, 14:01 Beiträge: 1457
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Richtig und das Ganze zunächst als Vorfall betrachten, der vorkommen kann aber nicht zum Weitertrinken führen sollte. Du bist da keine Ausnahme, die meisten von uns hatten oder haben damit zu tun. Notfallmedikation (1/2 der Tagesdosis) immer dabei haben und nicht vergessen, sie auch zu nehmen.
LG Fallada
_________________ Du willst etwas verändern - dann mach den ersten Schritt.
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Juli
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Sonntag 22. Januar 2017, 11:08 |
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Moderator |
Registriert: Montag 10. September 2012, 02:35 Beiträge: 1386
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brava hat geschrieben: Hallo ..Ich hatte vorgestern meinen ersten Rückfall, nach 2 monatiger Einnahme von Baclofen Dosis 30mg/Tag. Ich bin am Boden zerstört, was soll ich tun??? Du sollst genau das tun, was du getan hast. Kein Geheimbündnis zwischen dir und dem Akohol, sondern es offen ansprechen, hast du hier getan. Ist schon ein ganz wesentlicher Schritt raus. Dann: nicht jeder VORfall ist ein RÜCKfall. Aufstehen, Krönchen richten, weiter gehen. Dass du am Boden zerstört bist ist einerseits gesund, aber lass dich von Selbstvorwürfen auch nicht am Aufstehen hindern. Einfach auf restart und an den trockenen Tagen anknüpfen. Die Umlaufbahn wieder wechseln.
_________________ VG
Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Sonntag 22. Januar 2017, 15:30 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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brava hat geschrieben: Hallo ..Ich hatte vorgestern meinen ersten Rückfall, nach 2 monatiger Einnahme von Baclofen Dosis 30mg/Tag. Ich bin am Boden zerstört, was soll ich tun??? Hallo Brava, einfach weitermachen mit Bac. Ich würde Dir vorschlagen, die Dosis langsam zu erhöhen, mit 30mg/d bist Du da auf einer unteren Grenze. Da Baclofen eine "Nachzieheffekt" hat, gehe bitte moderat vor. 3 Tage für jeweils 5mg Erhöhung. Du kannst es spüren aufgrund den Nebenwirkungen. Fahre dann in diesem Zeitfenster soweit, dass die NW für Dich erträglich bleiben. Solltest Du am Abend in einen tiefen Schlaf sinken, würde ich dies hier eher als positive und erwünsche NW taxieren. LG moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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Juli
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Betreff des Beitrags: Re: Rückfall was man wissen sollte Verfasst: Mittwoch 16. August 2017, 10:45 |
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Moderator |
Registriert: Montag 10. September 2012, 02:35 Beiträge: 1386
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Dieser Beitrag von federico ist Gold wert. Ich meine, kann man gar nicht oft genug lesen. Ich lege ihn uns daher allen noch mal ans Herz.
_________________ VG
Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende
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