Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Dienstag 21. Juni 2011, 19:18 
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Registriert: Montag 10. Januar 2011, 09:39
Beiträge: 40
Nachdem ich nun seit über 6 Monaten Bac nehme, möchte ich euch meine Erfahrungen detaillierter mitteilen. Erst jetzt, wird sich der eine oder andere möglicherweise fragen. Ja, weil ich als ewiger Skeptiker zunächst einmal abwarten wollte, ob der Erfolg von Dauer ist.
Nun, nach 6 Monaten erlaube ich mir dann doch etwas Optimismus.

Ich trank ca. 20 Jahre jeden Abend Wein, manchmal Whiskey, manchmal Ramazotti.
Die Alk’Dosis erhöhte sich immer mehr. Und die letzten Jahre war es dann eher saufen. Ich freute mich auf meinen Feierabend, der aus saufen und rauchen bestand. Ich brauchte ein gewisses Pensum, um innere Ruhe und die nötige Bettschwere zu bekommen.

Dass ich alkoholkrank war, kam mir nie in den Sinn. Die Bemerkungen meiner Familie interessierten mich nicht sonderlich; sie hatten vom Hörensagen (mein Sohn) davon erfahren, dass ich jeden Abend trank. Obgleich ich so gut wie nie betrunken war, störte dieses Trinkverhalten meinen Sohn sehr. Die täglichen Diskussionen darum, fingen an mich zu stören, aber ich trank weiter. Ich hatte ja sonst nichts mehr; vor Jahren den Job verloren (nicht wegen Alk), musste dann aus finanziellen Gründen mein Pferd und die Hunde verkaufen.

Kurz vor Weihnachten 2010 eskalierte es dann. Mein Sohn schmiss die Weinflasche vom Tisch und stritt mit mir wie so oft über mein Trinkverhalten. Ich wollte die Flasche zurück haben, alles andere war mir egal. Ich zeterte und heulte und hyperventilierte, bis ich bewusstlos wurde. Mein Sohn rief dann den Notarzt, der feststellte, dass ich offenbar zuviel getrunken hatte. Das war zwar nicht der Fall, aber egal.
Am nächsten Tag war mir klar, dass ich Alkoholiker bin. Vielleicht war es mir auch vorher schon klar, denn ich hatte mir aus der „Brigitte“ schon einige Wochen zuvor einen kleinen Artikel über Olivier Ameisens Buch herausgerissen. Ich besorgte mir dann das Buch, las im Internet über Bac. Ein befreundeter Arzt gab mir dann ein Privatrezept. In der Apotheke meinte die Angestellte, dass ich Bac auf Kassenrezept bekomme, schließlich würde ich es ja benötigen und nicht zum Spaß nehmen. Also rief ich meinen Hausarzt an und ließ es mir verschreiben. Er stellte keine Fragen, und so bekomme ich es nach wie vor auf Kassenrezept.

Ich hatte ca. 1 Monat gebraucht, um mit Hilfe von Bac meinen Alk’Konsum auszuschleichen. Ich dosierte Bac nach Beipackzettel bei gleichzeitiger Abdosierung meiner Alk’Dosis. Ich mischte mit steigernder Menge Mineralwasser bis ich bei null Alk angelangt war. Die Bac’Dosis war mittlerweile bei 75 mg. Nun traute ich mich an die Abstinenz. Ich hatte keinen Switch, aber ungeheure Willenskraft. Ich wollte weg vom Alk und ich blieb weg vom Alk. Ich hatte kaum Situationen, in denen ich in Versuchung kommen konnte. Der Stolz, der mich regelmäßig überkam, wenn ich an den Weinregalen vorbeiging, ist deshalb erwähnenswert, da ich noch nie auf irgendetwas stolz war. Inzwischen laufe ich an den Weinregalen vorbei und bemerke sie kaum noch. Die Gedanken an Alk sind weitgehend verschwunden. MT kommt für mich zumindest für eine lange Zeit nicht in Frage, da ich zu große Angst vor einem Rückfall habe. Ich traue mich nicht einmal an einer Weinflasche zu riechen. Ich habe zwar seit längerer Zeit kein Craving mehr, aber Lust auf Alk habe ich schon manchmal. Diesen Erfolg werde ich nicht fahrlässig kaputt machen, auf diesen bin ich dann doch ein bisschen stolz.

Nebenwirkungen: Ängste, Panikattacken und Depressionen sind deutlich verringert, Antriebssteigerung, erhöhte Ausdauer, Gewichtsverlust ca. 10 kg (kann ich sehr gut mit leben)

Bei 75 mg Tagesmüdigkeit, nach Dosissenkung auf 62,5 mg kaum noch Tagesmüdigkeit,
Geschmacksempfinden metallisch-salzig (kann ich gut mit leben).

Lg Karin


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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Dienstag 21. Juni 2011, 21:40 
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Beiträge: 55
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@liebe Karin.

Ich bin vollkommen geplättet. Was für eine Geschichte. Ist wahrscheinlich nur ein "Hauch" einer Geschichte. Da wird in dir, mit dir in diesen letzten Wochen viel passiert sein. Respekt.

Verraten muss du mir noch etwas über deine Willenskraft. Ich selbst nehme Bac auch schon ein halbes Jahr, mit Erfolg, aber auch Rückfällen. Halten sich im Rahmen. Finde ich. Gerade wieder auf dem willensstärkeren Weg. Geholfen hat da aber tatsächlich auch die Höherdosierung. Bin bei 75/Tag.

Ich eiere gerade so rum, ob ich meine Erfahrungen hier reinschreibe. Du bist aber meine Mutmacherin. Heute werde ich es nicht tun. Aber bald.

Danke

Penny

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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Juni 2011, 13:23 
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Registriert: Montag 10. Januar 2011, 09:39
Beiträge: 40
Liebe Penny,

ja, das ist wirklich nur „ein Hauch“ meiner Geschichte. Vieles ist unzumutbar, um es zu erzählen.

Die Willenskraft war nötig, um aus dieser Situation herauszukommen. Ich musste mich bezüglich meines Trinkverhaltens ständig rechtfertigen, mir die übelsten Sprüche anhören.
Außerdem fühlte ich mich selbst nicht wohl. Ich war aufgedunsen, im Gesicht bildeten sich die sog. Spider Naevi, ich passte kaum noch in meine Klamotten und schämte mich sehr dafür. Jeden Morgen bin ich verkatert aufgestanden und hatte keine Energie.

Letztes Jahr hatte meine 8 jährige Nichte einen kleinen Unfall mit ihrem Roller. Meine Schwester bat mich daraufhin, die Kleine am Unfallort abzuholen, sie selbst hat keinen Führerschein. Ich musste ablehnen, weil ich schon zuviel getrunken hatte. Das gab mir sehr zu denken. Was ich dann von der Familie zu hören bekam, war nicht sehr angenehm.

Dies und noch einiges mehr haben mich dazu bewogen, den Weg mit Bac konsequent zu gehen. Als ich die ersten Erfolge spürte, wuchs die Zuversicht, es auf Dauer schaffen zu können. Dies wollte ich mir auf keinen Fall kaputtmachen. Rückschläge könnte ich nicht verkraften; ich würde dann aufgeben, bin eben kein Kämpfer.

Lg Karin


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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Juni 2011, 17:48 
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Beiträge: 55
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Widerspruch, liebe Karin, du bist ein Kämpferin. Ein ganz starke!!!!

Ich lese wieder und wieder deine Zeilen. Sie sind für mich ein Mutmacher. Dafür danke ich dir.

Penny

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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Juni 2011, 18:01 
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Zitat:
Widerspruch, liebe Karin, du bist ein Kämpferin. Ein ganz starke!!!!

Dem kann ich mich nur anschließen.

@Penny, schau mal in Dein PM-Postfach

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Pessimismus ist Lebensfeigheit.“
Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Donnerstag 23. Juni 2011, 15:19 
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Beiträge: 55
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[quote][/quote]
Was ich wohl ziemlich anders und wesentlich sanfter bewerte als Du, ist die naheliegende Möglichkeit unseres Scheiterns.

Lieber Warzo,

das ist MEIN Satz für die nächste Zeit. Weil ich nämlich gerade hochgefährdet bin, was das Scheitern betrifft. Ja, es ist "naheliegend", leider. Ein bißchen "sanft" zu mir zu sein in diesen Augenblicken, macht es mir allerdings leichter, die Kurve wieder zu kriegen. Der Einstieg mit Bac bedeutet ja nun einmal, die permanente Selbstbeobachtung. Das kann zuweilen ganz schön ätzend sein. Das muntere "Wegtrinken" von Selbsterkenntnissen fällt ja dann blöderweise weg. Was sich dann sofort beim unmunteren Trinken einstellt, ist bei mir ein (trotziges) schlechtes Gewissen - aber auch die Selbsterkenntnis, das der Weg noch ziemlich lang und steinig ist. Aber wenigstens bin ich auf dem Weg. Wusste ja jahrelang gar nicht, dass es da einen gibt.

(Die nächsten Zeilen bitte nicht allzu ernst nehmen. Ich bin kein Smiley-Fan, sonst gäbe es hier jetzt wahrscheinlich das gesamte Grins-Programm...)

Dein Zitat von Westerwelle! Ich schätze mal, dass er hochbegeistert wäre, dass er Eingang in ein wirklich seriöses, ernsthaftes Forum gefunden hat und nicht gleich ein Lästerblog gegen ihn eröffnet wird. Tue ich auch nicht, obgleich ich leider immer grinsen muss, wenn ich nur seinen Namen lese. Sorry.
Aber was sagt er uns da? Ich springe doch lieber ins Wasser, bevor mir der Mastbaum an den Kopf rauscht, ehrlich gesagt. Was soll das denn bringen, als "Heldin" betäubt liegen zu bleiben? Dann schwimme ich doch lieber ans Ufer und sorge für die Rettung der noch anwesenden Frauen und Kinder. Aber er sieht sich wahrscheinlich nicht auf einem mickrigen Segelboot, sondern eher auf einem großen Dampfer. Auf der Brücke der Titanic? Ich schätze mal, dass die FDP ein ähnliches Schicksal ereilen wird. Untergang. Nix für ungut.

Penny

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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Donnerstag 23. Juni 2011, 15:47 
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Beiträge: 8253
Wohnort: München
Zitat:
Der Einstieg mit Bac bedeutet ja nun einmal, die permanente Selbstbeobachtung. Das kann zuweilen ganz schön ätzend sein.

Auf den ersten Blick ist das wohl so. Dann aber sollte man sich wohlwollend, selbstverzeihend beobachten. Schließlich haben wir uns diese Krankheit und die damit verbundenen Unzulänglichkeiten nicht explizit ausgesucht. Wieviele Krankheiten kennst Du, bei denen der Patient lernen muss, daß nur er selbst daran schuld sein kann? Mit Bac hast Du die Chance, Dich von diesem Stigma zu befreien. Das ist der Weg von der Selbst-Beobachtung zu einem neuen Selbst-Bewusst-Sein.

LG Federico

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Richard David Precht


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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Sonntag 3. Juli 2011, 20:31 
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Registriert: Dienstag 24. August 2010, 13:23
Beiträge: 54
Wohnort: Leipzig
Gratulation! Das deckt sich mit meinen Erfahrungen, die ich als Arzt und Suchtmediziner mit "meinen" Patienten mache.
Weiter so! Vorsicht bei der Kombination mit anderen Medikamenten, insbesondere mit Klacid (Clarithromycin). Baclofen ist gut verträglich. Die Dosis muss individuell gefunden werden.
irving


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 Betreff des Beitrags: Re: Meine Erfahrungen
BeitragVerfasst: Dienstag 5. Juli 2011, 19:13 
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Registriert: Montag 10. Januar 2011, 09:39
Beiträge: 40
Hallo Irving,
vielen Dank. Ich nehme zusätzlich noch Trevilor 150/Tag und hatte nie Probleme damit.

lg Karin


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