
Freitag 11. Mai 2012, 07:35
@Fallada,
das war wichtig, dein ganz persönliches Cravingerleben zu schildern, Craving wird individuell unterschiedlich wahrgenommen, wie sollte es auch anders sein. Darf ich Dich beruhigen, aus meiner Sicht ist es in deinem Fall kein Craving sondern ein erlernter Reflex der Dir in Deiner Nüchternheit nur sehr bewusst wird. Nach 35 Tagen Baclofeneinnahme (Aufdosierphase) ist dieser Reflex natürlich nicht verschwunden, psychotherapeutische Unterstützung wäre jetzt sehr zu empfehlen.
Craving im Sinne dessen was es eigentlich meint, ist bei der Wahl der Mittel nicht wählerisch, nicht das Getränk ist unwiderstehlich, sondern ausschließlich der enthaltene Alkohol. Begleitende Unterstützung könnte dazu beitragen, den Reflex abzulegen um ihn schließlich ganz zu verlieren. VT meint damit, durch einen neuen positiven Reflex zu ersetzen, natürlich kannst Du auch einfach Widerstand leisten und stur Deinen Weg weitergehen, die Zeit und das Forum arbeiten für Dich.
LG und
Federico
Freitag 11. Mai 2012, 08:18
@jivaro Das denke ich auch. Ich habe nur Angst, zu schnell aufzudosieren, die Kopfschmerzen am Anfang waren wirklich vernichtend, ich möchte sie keinesfalls nochmal bekommen. Und ich nehme ja schon recht viel, derzeit 5 x 17,5 mg sind 87,5 mg. Werde zügig bis 100 aufdosieren.
@Federico
Danke, über die Sache mit dem Reflex muß ich nochmal nachdenken, so habe ich das noch nicht gesehen. Vielleicht ist das Weintrinken für mich ja auch so eine Art Beruhigungsritual. Am Montag jedenfalls in dem Hotel waren jede Menge Schnäpse und auch Bier im Kühlschrank. Die drei kleinen Flaschen Wein hatte ich sicherhaltshalber weggeschüttet (blöd und teuer aber besser so). Der Rest hat mich nicht interessiert, als ich dann oben in dem Zimmer war, hatte ich große Lust auf ein Glas Wein, aber runtergehen zu müssen in die Hotelbar war Hindernis genug, und die Weinflaschen hatte ich ja weggeschüttet...
LG Fallada
Freitag 11. Mai 2012, 20:20
35 geschafftHallo Leute,
heutiges Tagebuch: Baclofen 17,5-17,5-17,5 20-20 mg. Keine NW.
Federico, Du hast mich echt zum Nachdenken gebracht.
Lust auf Wein, wohl kein Craving.
Kein Alkohol, Tag 36 geschafft.
LG Fallada
Freitag 11. Mai 2012, 20:21
Da ist wohl etwas schief gelaufen...
Samstag 12. Mai 2012, 13:28
Hallo,
habe sehr lange nachgedacht über Verhaltensrituale. Ad definitionem habe ich kein Craving, da Hochprozentiges mich gar nicht lockt, auch wenn es einfach wäre, sich zu bedienen. Es ist einfach nur die Lust auf Wein...und ich fühle mich durch den Alkohol entspannt. Diese Lust auf Wein kommt auch fast immer aus einem Gefühl der Einsamkeit heraus. Das Ritual, sich mit einem Glas Wein hinzusetzen und nachzudenken entspannt und vertreibt die Einsamkeit. Das Problem ist, das mit den Jahren zu dem einen Glas immer noch eins dazukam und noch eins und noch eins...bis ich irgendwann die Kontrolle verlor. Der Wein, der Freund in der Einsamkeit in mir...Fazit: ein neues Ritual muß her, denn die Einsamkeit bekomme ich so schnell nicht weg. Habe nur leider keine Ahnung wie...habe mir erst einmal alkoholfreien Sekt gekauft, vielleicht reicht das ja, denn die Entspannung kommt ja durch das Baclofen (und es entspannt mich wirklich). Klingt ein bißchen fade, aber wer weiß.
LG Fallada
Samstag 12. Mai 2012, 15:48
Hallo Fallada
Fazit: ein neues Ritual muß her, denn die Einsamkeit bekomme ich so schnell nicht weg.
Ich möchte Dir hier kommunizieren, was mir in solchen Situationen jeweils einen Halt gibt: Gedanken, Gefühle, Assoziationen etc. zu Papier bringen. Einfach mit Papier und Bleistift. (Meine Erfahrung hat gezeigt, dass eine Tastatur nicht das dafür geeignete Werkzeug ist!)
In vielen Situationen meines Lebens hat mich dieses "Ritual" begleitet, seit mehr als 40 Jahren... Durch da Niederschreiben der Gedanken erhalten sie eine andere Qualität. Sie können dabei einiges von ihrem niederdrückenden Potential verlieren. Lasse sie auf dem Papier weiterkreisen und nicht mehr in Deinem Kopf. Macht irgendwie frei.
Wäre doch einen Versuch wert?
LG moonriver
Samstag 12. Mai 2012, 16:02
Deckt sich mit meinen Erfahrungen. Gedankenkreisen wird unterbrochen wenn ich sie auf Papier banne. Sorgen, Nöte, Ängste auf Papier gebracht verlieren unmittelbar ihre Schrecken.
Danach erstelle ich eine Prioritätenliste und hake sie nacheinander ab. Klingt wirklich seltsam einfach, ist es auch aber hat sich bei mir bewährt.
LG Federico
Samstag 12. Mai 2012, 22:23
Hallo alle zusammen,
habe meine Tagesdosis auf 5 x 20 mg erhöht. Nachmittags etwas trockener Mund, sonst keine NW. Seltsamerweise auch keine Lust auf Wein, es war einfach weg. Nicht mal an den alkoholfreien Sekt im Kühlschrank habe ich gedacht. Habe die Flasche erst jetzt aufgemacht - mehr so, nun ist sie schon mal da - und , was soll ich sagen, ich hätte auch Orangenlimonade trinken können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Hat geschmeckt, vielleicht trinke ich morgen wieder ein Glas davon. Nach der letzten Baclofen-Einnahme gegen 20:00 h (war heute zwei Stunden später dran) bin ich vor dem Fernseher eingeschlafen und hatte einen Traum, von dem ich noch nicht weiß, ob es ein Alptraum war. Ich hatte alle Menschen verloren, die ich liebe - sie sind einfach weggegangen - und ich suchte sie, und immer als ich meinte, sie gefunden zu haben waren sie es nicht. Es waren viele Menschen dort in meinem Traum, nur nicht meine Lieben. Im Verlauf verlor ich meine Tasche, mein Handy, meine Jacke und und konnte nun auch niemanden mehr erreichen, hatte kein Geld, um nach Hause zu kommen, keinen Schlüssel, um in die Wohnung zu kommen, es fiel mir keine Nummer ein, die ich hätte anrufen können und wenn wäre es ohne Bedeutung gewesen, denn ich hätte ein Telefonat auch nicht bezahlen können und ich erwartete keine Hilfe, so fragte ich auch nicht. Ich fühlte mich vollkommen hilflos. Es war die ganze Zeit so, daß ich wie wach war, gar nicht so, wie wenn ich schlafe und träume. Schließlich zwang ich mich aufzuwachen. Der Traum war noch nicht zu Ende - vielleicht finde ich meine Lieben wieder?
@ Moonriver, @ Federico: Schreiben hat mir auch immer geholfen, in den letzten 4 Jahren habe ich nur noch sporadisch geschrieben. Vor zwei Wochen habe ich mir extra noch ein schönes Buch zum Reinschreiben gekauft und saß seither fast jeden Tag vor den leeren Seiten. Ich kann nicht mehr schreiben. Vielleicht sollte ich es, lieber Moonriver, mal mit einem Bleistift versuchen, vielleicht geht es ja dann.
Vielen Dank Euch allen
LG Fallada
Samstag 12. Mai 2012, 22:41
@Fallada,
die Sache mit dem Bleistift hat schon etwas, das nicht mehr so richtig bedacht wird. Es gibt so etwas wie Haptik, Wikipedia bietet dazu eine gute Einführung. Erfühlen, Ertasten, etwas berühren, ich glaube das ist zu verstehen. Für mich eine logische Begründung warum Gefühle über den Bleistift auf das Papier übertragen tatsächliche eine Übertragung sind.
Im positiven Sinn kann man über die haptischen Sensoren etwas „Begreifen“ das man rein kognitiv überhaupt nicht verstehen kann. Ich übertrage z.B. Sorgen, Ängste, Nöte, bad emotions in Worten und mit Bleistift auf das Papier. Danach streiche ich darüber und beginne zu begreifen und stelle meistens fest: eigentlich ganz einfach oder ist gar nicht sooo schlimm.
Versuchs mal.
LG Federico
Samstag 12. Mai 2012, 23:09
Hallo Fallada
Es war die ganze Zeit so, daß ich wie wach war, gar nicht so, wie wenn ich schlafe und träume. Schließlich zwang ich mich aufzuwachen. Der Traum war noch nicht zu Ende -
Nur zu gut kenne ich dieses Gefühl...
Es sind genau diese Träume, welche sich in der ersten Phase der Baclofen-Therapie bei einigen bemerkbar machen. Du konntest entscheiden, wann du aufwachst. Du kannst noch mehr: Den Traum beeinflussen! Lenke ihn das nächste Mal in die von Dir gewünschte Richtung. Vielleicht kommt er wieder...
Und: Die scheinbar totale Verlassenheit und Verzweiflung kann den Weg in ein neues Land öffnen.
Eine gute Nacht
LG moonriver
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