Unbeantwortete Themen | Aktive Themen
Schliessung des Forums: Das Forum wurde mangels Beteiligung zum 31.12.2019 eingefroren und dient künftig als Nachschlagewerk.
Für aktuelle Informationen besuchen Sie bitte unser Nachbarforum.
Das Forumsteam
P.S. In liebevoller Erinnerung an den verstorbenen Gründer des Forums Friedrich Kreuzeder (Federico), hier noch ein Video.
Autor |
Nachricht |
jivaro
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Dienstag 2. Juli 2013, 14:56 |
|
|
Moderator |
|
Registriert: Freitag 17. September 2010, 19:08 Beiträge: 1949 Wohnort: Giessen
|
Zitat: Ich verstehe Baclofen auch so, daß es mir die Möglichkeit gibt, eine Entscheidung zu treffen. Stimmt sogar im physiologischen Sinn: setzt craving ein geschieht das unglaublich schnell zB. nach visueller Exposition, direkt im Stammhirn...Baclofen lässt uns die Zeit "das Projekt" nochmals vom Grosshirn "überprüfen" zu lassen (sehr laienhaft ausgedrückt, aber gut zum Vorstellen). Zitat: Wir müssen nur begreifen, daß uns da nichts weggenommen wird. Die Aussagen dieser beiden Zitate sind meiner Meinung nach unabdingbar! Die Freiheit liegt im "lassen können", nicht "im Recht auf Konsum". Herzlicher Gruss jivaro PS: Sertralin (Zoloft) ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).
_________________ "In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst." Marcus Aurelius
|
|
Nach oben |
|
|
bennter
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Dienstag 2. Juli 2013, 21:36 |
|
Registriert: Sonntag 23. Juni 2013, 15:14 Beiträge: 31
|
@rog/jivaro
Ja, das kenne ich auch. Hört sich völlig bescheuert und krank an, doch ich dachte schon oft: hätte ich mich zum Infarkt gesoffen/Leberleiden etc., dann würde mir der Abschied leichter fallen.Vielleicht sogar Erleichterung.(muß man nicht kommentieren, ich weiß um die Schwere dieser Aussage). So ist das Positive ( was ich mit Trinken verbinde) abgespeichert.Das Negative wird immer verdrängt, je weiter der Absturz her ist. Merkwürdig ist das, denn eigentlich war in den letzten Jahren viel mehr Schlechtes in und an meinen Alkoholexzessen. Erinnerungen sind aber bei mir (fast) durchweg positiv besetzt. Vielleicht kann jivaro dies erklären?
Zoloft nehme ich gegen Depressionen. Ehrlich gesagt kamen diese eigentlich erst in Verbindung mit Alkohol auf. Irgendwie möchte ich mich aber davon nicht verabschieden. Campral habe ich vor 6 Jahren mal verschrieben bekommen. Schlägt einem sicher nicht das Glas aus der Hand. Unangenehm war es aber auch nicht.
Habe mir überlegt:ich wäre ja gerne "normal"/nicht suchtkrank im Hinblick auf Alkohol. Dies erscheint mir als "bester" Zustand, da ich ja meine, das Beste stünde mir zu. Dann ist ohne Alkohol nur das Zweitbeste. Doch warum soll der zweitbeste Zustand/Lebensgefühl nicht auch mal genügen? Schönes dann eben nicht durch einen Drink "toppen" wollen, sondern halt das zweitbeste Schöne ( ohne Getränk) genießen.
LG BE
|
|
Nach oben |
|
|
rog
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Mittwoch 3. Juli 2013, 06:12 |
|
|
Moderator |
Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10 Beiträge: 1683
|
Hallo bennter, jivaro Heute morgen schon wieder früh wach, zum Glück aber keine Alkoholträume oder -gedanken. Bennter, du bist nicht so weit abgerutscht als ich, dennoch bist du schon weiter in der Therapie. Du bist nervös wegen deinem kommenden Sportweekend. Du machst dir Gedanken. Finde ich gut, es sind kleine Schritte in die gute Richtung. Ich habe aufgehört mit der Planerei. Es artet immer aus, egal was ich plane. Nur wenn meine Frau während der ganzen Zeit bei mir ist und ich keine Möglichkeit habe, heimlich zu trinken (Tankstelle, Keller, egal was), kann ich forciert moderat trinken. Und habe ich keine grösseren Schwierigkeiten, mich zu beherrschen. Richtiges Craving habe ich dann nicht. höchstens bin ich ein genervtes Kind, dessen Spielzeug weggenommen wird. Aber wenn meine Frau (bis jetzt meine einzige Kontrolle) nicht dabei ist, ist der point of no return sehr schnell erreicht. Bis vor kurzem wäre ein Sportweekend für mich: Brav anfangen und schön planen, aber ganz sicher ausartend in eine Alkohol-Orgie, Craving, Kater, alles ist dabei. Lieber bennter, wie wär's vielleicht mit folgender Übung: Planen ok, aber in umgekehrter Richtung: Wie kannst du diese 3 Tage proaktiv planen, ohne überhaupt auf Alkohol-Ideen zu kommen, wie konditionierst du dich, schon ein paar Tagen, Wochen oder sogar Monate im Voraus, dass du nichts trinken kannst und darfst während diesem Wochenende. Wie kannst du dich ablenken? Usw. Wenn du diese Gedanken-Revolution früh genug anfängst, gibt's da sicher eine Chance. Ich weiss, leichter gesagt als getan. Da du aber unglaubliche 6 Jahre Abstinenz ohne Hilfsmittel geschafft hast, sollte dies sicher gelingen. Gib dir eine Chance. Hauptsache, du unternimmst etwas. Ich weiss auch nicht, ob es mir selber gelingen würde. Vielleicht braucht's ein paar Anläufe bevor es gelingt. Einige meiner Paradoxe habe ich weiter oben beschrieben, und bei mir merke ich auch: bennter hat geschrieben: Wenn ich mich dann nach ca.3 Tagen wieder berappelt habe (Kater oder Entzugerscheinungen, wer weiß!), dann bin ich wieder der Herr Saubermann, eitel und gesundheitsbewusst. Beispiel Eitelkeit: Da ich in einem westlichen Nachbarland aufgewachsen bin und deutsch eine schwierige Fremdsprache ist, achte ich auf jeden Schreib- und Grammatikfehler. Ein guter Auftritt, auch im Forum, finde ich wichtig. Aber unter Alkoholeinfluss: I couldn't care less. Jekyll & Hyde. Dass ich ein Perfektionist mit bipolaren Zügen bin, trägt sicher auch dazu bei. Weiteres Beispiel: Monatelang gesund essen, dann alles kaputt machen mit binge-Essen und -Trinken. Noch ein weiteres Beispiel: Monatelang trainieren um meine Rekordzeit im Halbmarathon zu verbessern. Eine Woche vor dem Wettkampf gibt's dann einen Absturz und kann ich von vorne anfangen. Dann bin ich eine Zeitlang bitterböse mit Alkohol und mir selber. Bis zum nächsten Mal. Meine Tragi-Komödie. Meine Sinuskurve. Eines deiner besten Zitate: bennter hat geschrieben: Schlimm finde ich, meine akribische Planung, die Unruhe und Vorfreude, die damit verbunden ist. Da werden schon fröhlich Endorphine ausgeschüttet. Wenn diese Phase vorbei ist, dann erfolgt immer solch eine Ratlosigkeit, als würde ich einen anderen Menschen beobachtet haben. Freude kommt dann auf, daß ich das dann doch nicht wirklich will. Ich denke, diese Phase habe ich Baclofen zu verdanken.( aus dem Gedanken-Planungskarusell wieder auszusteigen). Das gibt mir eben doch auch Hoffnung. Gestern war ich aufgewühlt und zu fixiert auf deine 6 Jahre abstinenz. Zum Glück hatte ich gestern Nachmittag eine Sitzung, da konnte ich richtig abschalten. Ich kenne diese Vorfreude sehr gut. Und auch ich habe akribisch geplant. Es war fast zu einer Gewohnheit geworden, zuerst Schlüssel, Geldbörse in Sicherheit zu bringen, genügend Bargeld für Bar, Restaurant und Taxi dabeizuhaben, aber auch nichts mehr. Ich habe jetzt die Nase voll mit der Planerei. Ich hoffe, ich kann das durchsetzen und werde in meinen schwächsten Momenten stark genug sein, das Fass nicht überlaufen zu lassen, die Kurve rechtzeitig abzuflächen. bennter hat geschrieben: Erinnerungen sind aber bei mir (fast) durchweg positiv besetzt. und bennter hat geschrieben: Das Negative wird immer verdrängt, je weiter der Absturz her ist Das ist wie ein Fluch. Ich möchte auch sehr gerne wissen, wie das funktioniert. Vielleicht auch physiologisch? Liebe jivaro, über baclofen-Wirkung bei mir gibt es folgende Tatsachen: - bac lässt mich tiefer, nachhaltiger, über mein(e) Problem(e) nachdenken. - Ich habe schon lange rationell gewusst, dass ich ein Problem habe. Mein Alkoholverhalten ist natürlich nicht normal. Aber habe es immer 'verdrängt', je weiter die Abstürze zurücklagen, umso mehr. Erst mit bac realisiere ich mit meiner vollen Persönlichkeit, dass das so nicht geht. Die Zusammenhänge und Auswirkungen bezüglich Familie, Arbeit, meine Selbstzerstörung sehe ich viel besser ein. - Meine Sinuskurve hängt mir Emotionen zusammen. Viele (zu) Hochs und Tiefs. Baclofen flächt diese Kurve ab, bin ich jetzt überzeugt. Es macht mich emotional stabiler. Ich merke bei der Arbeit und in der Familie, dass ich mich besser beherrschen kann, es erlaubt mir, zuerst nachzudenken, bevor ich impulsiv genervt reagiere. Ja genau, baclofen hilft dabei, impulsive Entscheidungen zu beherrschen. Das hängt sicher zusammen mit deiner Aussage jivaro hat geschrieben: Baclofen lässt uns die Zeit "das Projekt" nochmals vom Grosshirn "überprüfen" zu lassen - Jahrelanger Alkoholmissbrauch und Dutzende Absturze pro Jahr haben dazu geführt, dass ich emotional stecken geblieben bin. Mit baclofen hole ich stark auf, auch empathisch, kann mich besser in andere Leute versetzen, - Die anfänglichen Nebenwirkungen sind verschwunden. Ich habe vor ein, zwei Monaten wohl zu schnell hochdosiert, war sediert und sehr müde, Harnprobleme. Und dazu habe ich vor bald 3 Wochen ein paar Tage lang ein binge mit hoher Dosierung bac kombiniert. Ich war ignorant, sonst hätte ich mir das besser überlegt. Das Resultat war massive Kreislaufprobleme während der Nacht, aber darüber habe ich gestern berichtet. Während den NWs habe ich sicherheitshalber kein Auto gefahren. Jetzt fahre ich wieder, nur kurze Strecken. Weil es keine NWs gibt, habe ich das Gefühl, ich könnte langsam hochdosieren um meine ideale Menge herauszufinden? Was jedoch noch bleibt, hoffentlich vorübergehend, ist eine vom Alkohol verursachte, ab und zu auftretende Angst, mich unter Bekannten zu begeben. Denn Gerüchte gibt es schon seit längerem. Auch gibt es den kausalen Zusammenhang mit einem Minderwertigkeitsgefühl. Liebe Grüsse rog
|
|
Nach oben |
|
|
bennter
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Mittwoch 3. Juli 2013, 10:58 |
|
Registriert: Sonntag 23. Juni 2013, 15:14 Beiträge: 31
|
Dein Deutsch ist hervorragend, egal, was Du für ein "Muttersprachler" bist! Nachdem ich in meiner SHG gestern meine Ängste thematisiert habe, geht es mir wesentlich besser. Ich wohne in der Grenzregion NL/Niederrhein und dort ist auch der Arzt beheimatet, der mir Bac verschreibt. Patienten von ihm sind auch in dieser Gruppe.(kein AA oder so ). Mein Blickwinkel wurde ein wenig zurechtgerückt gestern. Eben das besagte : sei dann halt mal mit dem Zweitbesten zufrieden, wenn das Trinken Dir noch als das Beste erscheint. Gestern war auch noch das Vortreffen mit den Jungs zur Tour in einer Kneipe. Kein Verlangen nach dem "Suchtmittel". Jedoch wurde manche "Anekdote" von mir beschrieben, die mit und unter Alkohol geschehen ist.(Du hast den Wein wie Wasser geschüttet, ich dachte schon, mein Weinkeller reicht nicht!).
Da fiel mir wieder auf, daß die anderen lediglich vor über 30 Jahren Abstürze als Teenager hatten, danach nicht mehr. Sie möchten gar keinen Rausch, sehen ihn auch nicht als ihr "Recht" an. Ihre Gedanken sind nicht von einem Suchtmittel absorbiert.
Meine Angst, daß ich trinke ( wenn heimlich, da die anderen Bescheid wissen) hat sich minimiert. Die Realität wird ausreichend für mich sein.
Was Du beschrieben hast, das ist mir wohlbekannt: aufbauen (Vertrauen/Beziehungen/körperliche Fitness etc. )und dann alles wieder kaputthauen. Vielleicht fehlt der letzte Schritt, sich den Erfolg, die Ruhe/inneren Frieden zu erlauben.Oder zu gönnen. Hat wohl was mit der fehlenden Selbstliebe zu tun. Hier ist ja schon öfter der Narzissmus angesprochen worden. Der ist aber nun das Gegenteil von Selbstliebe, sondern baut einen enormen Druck auf. Dünnseelig ist der Mensch dann natürlich auch.Kritik ist Vernichtung. Kenne diesen verdammten Kreislauf. Und wer irgendwann erlernt hat, daß er nicht zufrieden sein darf, der haut eben mit der Kehrseite wieder in Abständen alles um, was er sich mühselig aufgebaut hat. Dann bin ich wieder in dem vertrauten Gefühl, abgewatscht zu werden.(von der Frau/Freunden). Schlecht aber kein Neuland sondern sicheres Terrain.
Sicher erzeugt das dann letztendlich Minderwertigkeitsgefühle. Man genügt ja nie, egal was man macht. Da hat das Saufen dann eben Erleichterung gebracht, weil zumindest ich dann denken konnte, ich sei ganz frei und bei mir.Fragt sich natürlich, warum ich nüchtern nicht der Mann bin, der ich glaube zu sein. Oder anders: wer von meinen beiden Ichs ist authentisch? Jetzt schwalle ich, höre lieber auf! Vielleicht hat @jivaro ja noch die Antwort für uns, warum unser Hirn nur "gute" Alkerlebnisse speichert.
LG BE
|
|
Nach oben |
|
|
rog
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Mittwoch 3. Juli 2013, 13:43 |
|
|
Moderator |
Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10 Beiträge: 1683
|
Das höre ich auch oft. Nach den wilden jungen Jahren hören die Meisten tatsächlich auf. Wenige bleiben in dieser Phase stecken. In meinem Fall habe ich es einfach zu sehr vermisst. Vielfach werden binges schon von nostalgischen Flashbacks begleitet. Der euphorische Alkohol-Effekt wird oft von z.B. Musik begleitet, um die Euphorie zu verstärken.
Ich glaube, es sollte erlernbar sein, wenn die Gefahr der binge-Planung bewusst oder unbewusst droht, sich effizient die Videos mit peinlichen Vorfällen ins Gehirn 'hochzuladen' und abspielen zu lassen. Man soll die Vorteile von baclofen insofern nutzen, um die Zeit, die bac uns lässt, unsere 'Pläne' nochmals überprüfen zu lassen, so zu gestalten, indem wir unsere binge-Pläne umschmieden, umdenken, anhand der hochgeladenen Blamagen neutralisieren.
Ich bin gespannt wie ich reagiere, wenn die Gefahr eintritt.
Liebe Grüsse
rog
|
|
Nach oben |
|
|
bennter
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Mittwoch 3. Juli 2013, 20:54 |
|
Registriert: Sonntag 23. Juni 2013, 15:14 Beiträge: 31
|
Ich bin mir nicht sicher, ob die "persönlichen Peinlichkeitsvideos" im Notfall ausreichen. Wie ich schon schrieb: mein Gehirn signalisiert mir in akuten Trinksituationen, daß das doch alles nicht so schlimm war.( unabhängig von der Peinlichkeit der vergangenen Situationen, der Schamgefühle, meines besseren Wissens ). Das ist etwas, daß sehr gewaltig ist .Und es fängt wahrscheinlich schon viel früher an, als ich es wahrnehme. Ist wohl bei jedem anders, was ihn in diese konkrete Situation führt, da wir ja alle verschieden sind. Gleich ist wiederum, daß es uns so vorkommt, als sei es spontan. Mag es geben, doch ich sehe das eher so, daß meine Gedanken schon lange vorher darauf zusteuern, auch wenn Alkohol da gar nicht drin vorkommt. Und das ist dann die Kiste mit der viel gepriesenen Veränderung. ( nicht die Frau, den Job, das Land )wechseln,sondern irgendwas in mir muß sich neu aufstellen, sonst lande ich immer wieder am Endpunkt Pulle.Kann ich mir schön diskutieren wie ich will, mich behumpsen, meine Therapeuten usw., doch ich werde mir wieder eine blutige Nase holen. Und irgendwann nicht mehr erhobenen Hauptes aufstehen. Wie Du merkst, rog, hab ich ja nicht den Stein der Weisen. Diese Kursänderung geht ja jeder anders an. Herr Dr.Ameisen gab sich ja auch alle erdenkliche Mühe, an diesen Punkt zu kommen.Teure Therapien,Gruppen, sein eigenes Fachwissen etc. Ich hab das immer so verstanden:wenn die Psyche es eben nicht hinbekommt, diese Änderung zu bewerkstelligen, dann muß es doch etwas geben, daß ihr hilft. So seh ich Bac. Nicht als Wundermittel, sondern schlicht als helfende Medizin. Die Arbeit muß ich alleine weiter bewerkstelligen. Habe jetzt aber dank der Medizin mehr Helfer.(zum einnehmen, die etwas in mir bewirken, genau wie das Zoloft). Ich nehme so etwas ja nicht zum Spaß, weil mir sonst nix besseres einfällt. Manche haben es so leicht, sich von ihrer Sucht zu lösen.Ich dagegen krebse immer herum, suhle mich in Selbstmitleid und suche nach der Lösung. Die ist nun aber mal nur in mir, wie bei allen großen Gefühlen und Entscheidungen. Die Entscheidungsfreiheit ( ich sage lieber: das Nachdenken), das gibt mir die Medizin zurück.Damit auch soetwas wie Willen. Doch so lange ich nicht wirklich will wird das nix. Dann eiere ich rum. Das kostet wahnsinnig viel Energie. Fürs Wochenende bin ich zuversichtlich. Ich hatte ja meine Nachdenkzeit. Wenn ich jetzt trinken sollte, dann will ich. Das ist dann keine Krankheit (Sucht) mehr, sondern schiere Blödheit, Respektlosigkeit vor mir selbst und kindisch.
Liebe Grüße BE
|
|
Nach oben |
|
|
rog
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Donnerstag 4. Juli 2013, 08:57 |
|
|
Moderator |
Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10 Beiträge: 1683
|
Das mag tatsächlich sein, dass die Peinlichkeitserinnerungen nicht ausreichen. Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Die Kurve mag auf den ersten Blick flach erscheinen, keine konkreten Gedanken an Alkohol. Dafür kommt schleichend, allmählich eine giftige Kombination von verschiedenen Faktoren zum Vorschein: - je länger die Absturz-Zeit zurückliegt, umso mehr flauten die 'emotionalen' Erinnerungen an die Blamagen ab und bleiben tatsächlich nur die geborgenen, euphorischen Rausch-Erinnerungen übrig. - langsam kommt eine gewisse Unruhe, Nervosität. Das Fass droht überzulaufen. Hier könnte m.E. baclofen helfen. - Dann sind gewisse freie Tage, Ferientage in Aussicht. Das triggert schon unbewusst ein gewisses Verlangen, eine unbewusste Planung. - ein spontanes Ereignis, (z.B. Partner ist abwesend, man geht früher von der Arbeit nach Hause und zufälligerweise gibt's einen Laden oder Tankstelle auf dem Weg) führt zu spontanen, impulsiven Fehlentscheiden). Auch in diesem Punkt ist bac eine Hilfe.
Kindisch, nazisstisch, egoistisch und voll Selbstmitleid. Genau so lässt sich unser Verhalten beschreiben, wenn wir spontan oder geplant trinken. Denn richtiges Craving ist es nicht. Das kommt erst wenn man mal angefangen hat und nach einer halben Flasche Wein nicht mehr aufhören kann. Wenn das Alkoholniveau im Blut zu sinken anfängt, gibt's die psychischen Entzugserscheinungen und muss man unbedingt Nachschub leisten. Einfach den Pegel zu halten, wie bei vielen anderen Alkoholkranken der Fall ist, reicht bei uns nicht. Es braucht eine ständige Verstärkung des Rauschgefühls bis zum Besäufnis. Wenn man am nächsten Morgen noch nicht voll ausgenüchtert ist, kann es schon wieder mal von vorne anfangen. Ansonsten hat man den Kater und einen Hass auf sich selber, wird ein paar Wochen lang kein Tropfen Alkohol getrunken. Bis die Kurve wieder hochschnellt.
Hoffnung setze ich aber auch in Meditation. Volker hat vor ein paar Wochen darüber berichtet (siehe oben). Ich bin auf der Suche nach Informationen diesbezüglich.
Zweifellos ist der jetzige Erfahrungsaustausch, die Hilfe der Moderatoren und Mitglieder auch eine riesige Hilfe in der Bewältigung der Probleme.
Bennter, es freut mich von dir zu hören, dass du 'vernünftige' Pläne hast für dein Wochenende.
LG
rog
|
|
Nach oben |
|
|
Federico
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Donnerstag 4. Juli 2013, 10:05 |
|
|
Gründer † |
|
Registriert: Freitag 27. November 2009, 17:11 Beiträge: 8253 Wohnort: München
|
Unter Reward Craving versteht man durch alkohol-assoziierte positive Zustände induziertes Alkoholverlangen. Diese opioiderg und dopaminerg vermittelten Effekte gehen mit einer Aktivierung des mesolimbischen Belohnungssystems einher. Getrunken wird in Erwartung der erwünschten angenehmen Wirkungen des Alkohols (z.B. Entspannung, Wohlbefinden). (Diehl & Mann, Abhängigkeiten 2004)
Das Withdrawal Relief Craving bezeichnet Alkoholverlangen durch alkohol-assoziierte negative Zustände wie z.B. ein erwartetes Entzugssyndrom. Diese gabaerg/glutamaterg vermittelten Effekte gehen mit einer neuronalen Hyperexzitabilität einher. Getrunken wird dann, um diese unangenehmen Effekte (z.B. Unruhe, Zittern, Übelkeit) zu vermeiden oder zu reduzieren. (Diehl & Mann, Abhängigkeiten 2004)
Starkes Verlangen (Gier, Craving, Suchtdruck) Wahrscheinlich das wesentliche Symptom einer Suchtstörung Craving bezeichnet das subjektiv unstillbare Verlangen nach einer Substanz trotz bekannter schädigender Auswirkungen (imperatives Verlangen ähnlich Hunger und Durst) Bindeglied zwischen Stoffgebundener Sucht (Alkohol, Medikamente, Drogen) und nicht Stoffgebundener Sucht wie Pathologisches Spielen, Internetsucht u.a. (nach Haasen, 2012)
So sieht es zumindest die Suchtforschung. Karl Mann ist derzeit auf Tour um Selincro (Nalmefene) „vorzustellen“. Nach Ansicht von Mann kann Selincro dazu beitragen, ca. 50% weniger zu trinken. Die Prognose für „Binger“ wäre demnach günstig, die Vorhersehbarkeit von Trinkereignissen geradezu ideale Voraussetzung. Es darf keine körperliche Abhängigkeit vorliegen oder Entzugsbehandlung notwendig sein. Eine Initialbehandlung mit Selincro für einige Monate ist demnach denkbar, zeitgleich, und/oder anschließend, möglicherweise langfristig, mit Baclofen und psychotherapeutischer Begleitung Resilienz aufbauen, könnte für „Binger“ einen Versuch wert sein.
Für die Mehrzahl der unter langjährigen Suchtstörungen leidenden Menschen, dürfte Selincro ungeeignet sein, obwohl es aus nachvollziehbaren Gründen für viele verlockend klingt. Wie klingt das für „Binger“?
LG Federico
_________________ „Es gibt keine Alternative zum Optimismus, Pessimismus ist Lebensfeigheit.“ Richard David Precht
|
|
Nach oben |
|
|
rog
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Donnerstag 4. Juli 2013, 10:23 |
|
|
Moderator |
Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10 Beiträge: 1683
|
Federico, Ein grosses Dankeschön für deine wertvolle Unterstützung. LG, rog
|
|
Nach oben |
|
|
bennter
|
Betreff des Beitrags: Re: Sinuskurve Verfasst: Donnerstag 4. Juli 2013, 11:48 |
|
Registriert: Sonntag 23. Juni 2013, 15:14 Beiträge: 31
|
Auch von mir erst einmal ein herzliches Dankeschön für die Antwort,@Federico !
Ja, wie klingt das ? Verlockend, doch für mich persönlich unrealistisch. 50% weniger kann sicher gefährdeten Trinkern helfen. Bleiben aber immer noch 50% an Alkoholmenge.Und selbst diese 50% bringen mich aus meinem Gleichgewicht. Vielleicht bin ich schon zu lange unterwegs. Meine Erinnerungen an meine unzähligen, vergeblichen Versuche des kontrollierten Trinkens, der heimlichen Schlucke, das ist Stress pur, selbst wenn ich nicht sturzbesoffen ins Bett falle. Reward Craving, das ist mein Thema. Um das anzugehen, brauche ich eben Ruhe, einen klaren Kopf. Mit Bac und Zoloft ist dieser Zustand schon sehr viel besser geworden. Abstinenz ohne Verzichtsgedanken, Gleichgültigkeit dem Rauschwunsch gegenüber, das ist mein Ziel. Und eben die Beobachtung meiner Gedanken, denn diese sind ja kein Befehl, sondern eben erst einmal nur Gedanken. Kommt mir manchmal so vor wie ein Sinn, den ich trainieren muß, der irgendwie verschütt gegangen ist.( in der Art, wie man Menschen auch darauf konditionieren kann, Gefahr durch Dritte wahzunehmen ; so etwas wie Instinkt). Der Alkohol ist ja Platzhalter für etwas.Und meine Rezeptoren fanden seine chemische Zusammensetzung wohl genial, denn das konsumieren anderer Substanzen in Studententagen kam diesem Alkohol Rauschgefühl nicht annährend nahe.
Ich will hier nix von zufriedener Abstinenz faseln.Ob ich dann zufriedener bin, das kann ich nicht sagen.Eindeutig aber ist, daß mein Selbstwertgefühl höher ist, der Kopf mehr Raum für anderes hat. Das gefällt mir gut, das streichelt mein Ego.
@rog Habe für den Trip vorgesorgt:Kekse mit ganzen Nüssen; M&M`s; Chips. Sieht ein wenig so aus wie eine Kinder-Klassenfahrt, freut mich aber. Das ich nicht noch Capri-Sonne gekauft habe ;-) Damit läßt sich vor den Landgängen snacken ! Eine Flasche alkoholfreier Sekt und alkoholfreies Weizen /Kasten( die Bayern verzeihen mir!).
LG BE
|
|
Nach oben |
|
|
Wer ist online? |
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 18 Gäste |
|
Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen. Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen. Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern. Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.
|
|