@Archi,hallo,
Die Fragen sind sicher persönlich, aber nicht zu.
Ich versuche mal, auf Deine Fragen zu antworten.
Den Ängsten gestellt habe ich mich so, dass ich mich hingesetzt und bei jeder Panikattacke versucht habe, genau aufzuschreiben, wovor genau ich jetzt Angst hatte. Ich habe ein Angstbuch. Da schreibe ich rein, was mich gerade ängstigt, auch heute noch. Das hat den Vorteil, dass ich in der Nachschau sehen kann, dass sich eigentlich keine der Ängste verwirklicht hat. Das gibt mir Kraft für das Jetzt.
Die Traumata habe ich nur mit Hilfe von Menschen aufarbeiten können, die auf ihre Art selbst Betroffene waren/sind. Insofern ist die SHG, auf die federico hinweist, bestimmt hilfreich (ich selbst bin dafür zu scheu, ich brauche die Anonymität, mein Vertrauen reicht nicht so weit (ÄH, meine noch immer vorhandene Angst, im Tiefsten verletzt zu werden….)).
Archi, es ist nicht so, dass ich die Traumata und Ängste vergessen habe. Das funktioniert bei mir nicht. Sie sind alle da, aber mittlerweile eben so, wie lästige Trippelbrüder. Sie haben nicht mehr die Macht wie früher. Manchmal kommen sie halt vorbei, meist dann, wenn ich gerade mal wieder ein wenig schwach bin. Dann lass ich sie rein, weil ich nicht stark genug bin, sie abzuweisen. Sie krakeelen rum, schmeißen Geschirr an die Wand und singen schmutzige Lieder. Ich bin meist schon eingeschlafen und muss morgens dann die Bude aufräumen.
Aber sie haben mich nicht mehr im Griff. Das ist für mich der große Unterschied.
Heute denke ich, dass ich zur damaligen Zeit meine Grundängste sublimiert habe.
Ich hatte extreme Existenzängste, die sich in permanenten Versagensängsten Ausdruck verschafft haben. Ich war dauerverspannt und verkrampft. Gleichzeitig aber extrem kontrolliert und darauf bedacht, ein halbwegs annehmbares Außenbild abzugeben.
Irgendwann, ich war so ca. 30 Jahre alt, konnte ich nicht mehr. Ich war andauernd krank, Angina, Magen, Herz, Trigeminus, was nicht alles. Es war unerträglich für mich.
Ich habe dann irgendwann zu mir selbst gesagt:“Ey, und wenn Du Klofrau wirst, Du wirst Dein Geld verdienen, geh raus, schau Dich um, mach was anderes, geh weg.“
Das habe ich dann gemacht. Weg vom damaligen Job, raus aus meiner Ehe, Bruch mit den meisten der Freunde. Ich habe also genau das gemacht, wovor ich die größten Ängste hatte. Weil ich irgendwann gesehen habe, es geht nicht anders. Entweder so, oder tot.
Es folgte beides, Befreiungs- und massive Schuldgefühle, u.a. weil ich mich vom Vater meiner Tochter getrennt habe (mit Prinzip „Kindersharing“).
Wegen der Schuldgefühle (Rabenmutter etc.) bin ich zum sozialmedizinischen Dienst gegangen. Das ist eigentlich eine Einrichtung für Erziehungsprobleme, jedoch habe ich (ohne dass meine Tochter je mit war) dort die Hilfe erhalten, die ich gebraucht habe (weil ich ja das „Problem“ war).
Gleichzeitig lernte ich Menschen kennen, selbst auf ihre Art Betroffene, die mich in der täglichen Auseinandersetzung zu meinen Traumata geführt haben (die ich eigentlich gar nicht kennen lernen wollte…) und dann saß ich da. Es war echt Sch…. Weil, nun musste ich mich also auch noch mit meiner Herkunftsfamilie auseinandersetzen, die das gar nicht lustig fand. In die Details zu gehen, würde hier jetzt zu weit führen.
Ich kann nur eins aus meiner Erfahrung berichten, meine Heilung fand nur dadurch statt, dass ich mich von dem getrennt habe, was mir geschadet hat. Das hat dazu geführt, dass ich phasenweise sehr allein war. Das habe ich aber in Kauf genommen. Jedoch fiel mir das nicht besonders schwer, da ich Einzelkind bin und mich mit mir auch sonst so recht wohl fühle, wenn ich für mich bin. Alleinsein ist für mich nicht das Selbe wie einsam sein. Einsamkeit kann ich nicht gut aushalten.
Weshalb mir dieses Forum hier gut tut.
LG Anima
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