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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Freitag 12. Juni 2015, 21:46 |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Liebe Becky Becky hat geschrieben: Aber ich glaube, dass die Seele immer da ist, auch wenn der Verstand oder das Einordnen-Können nicht mehr funktionieren. Ein Schlüsselsatz! Möge die Welt ihn hören und viele Menschen erreichen. Danke liebe Becky! moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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Becky
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Donnerstag 25. Juni 2015, 12:02 |
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Registriert: Freitag 3. April 2015, 22:05 Beiträge: 41
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Hallo Ihr Lieben, da bin ich wieder, an dieser Stelle. Nachdem ich innerhalb von 5 Tagen Baclofen auf 0 reduziert hatte, habe ich letzte Woche meinen ambulanten Entzug bei der Charité gemacht. Verabreicht wurden mir 1000 mg/d Keppra (Levetiracetam, die letzten 3 Tage bis 0 abdosiert), das ich ganz gut vertragen habe, mit Einzel-Notfall-Dosen Diazepam 5 mg, davon habe ich aber nur 3 genommen. Distra gibt’s leider nur beim stationären Entzug. Gut getan hat mir, einen strukturierten Tag zu haben, da ich von Mo – Fr um 9 Uhr auf der Matte stehen musste, zuerst das Gespräch mit der Ärztin, Blutdruckmessen, „Pusten“ und Pillenausgabe. Dreimal nachmittags habe ich auch an der Gruppentherapie auf der Station teilgenommen, hätte ich nicht tun müssen (hat auch keine neuen Erkenntnisse gebracht), waren aber 3 Termine mehr und somit gut. Dienstag hatte ich meinen Abschlusstermin, wieder Gespräch mit der Ärztin und zusätzlich nochmal Blutabnehmen. Bezüglich der weiteren Therapie habe ich nun einen neuen Termin mit der Psychologin Ende Juli, und die Ärztin erwähnte die sog. „Schematherapie“, die noch relativ neu sei und gerade in Bezug auf die „Angstsymptomatik“ vielleicht in Frage käme. Was sich dahinter verbirgt, da muss ich mich noch schlau machen. Vielleicht wisst Ihr mehr darüber oder hat vielleicht sogar jemand schon Erfahrungen damit gemacht? Seit Sonntag nehme ich wieder Baclofen und bin jetzt am 5. Tag schon auf 30 mg. Nebenwirkungen habe ich noch keine, ich war ja schon bei 87,5 mg, hatte die meiste Wirkung aber leider „unter den Tisch gesoffen“. Jetzt bin ich den 11. Tag nüchtern und will es beim 2. Anlauf besser machen . Mit die größte Motivation dafür war meine Hoffnung, dass ich langfristig auf eine deutlich niedrigere Erhaltungsdosis komme, als wenn ich (bei vielleicht abnehmendem Alkoholkonsum) die Bac-Dosis erhöht hätte, aber auch weiter getrunken hätte, mit der doch eher vagen Aussicht, dass der Alkohol mich früher oder später „vergessen“ würde, wie Du, Moon, das so schön ausgedrückt hast. Federico ist z.B. auch wie einige andere bei 25mg Erhaltungsdosis (wenn ich das richtig erinnere), und diese Größenordnung fände ich auch super. Aber jetzt werde ich erst mal weiter hochdosieren, soweit möglich nach Plan, aber auch schneller (in 3-Tages-Abständen), je nachdem wie ich mich fühle, und sehen, was passiert. Was ich deutlich spüre, ist, dass sich mein Gleichgewichtssinn erholt und mein Gang sicherer wird (mein Kleinhirn bedankt sich), auch eine gewisse Grundruhe kehrt wieder ein, obwohl meine Gedanken noch wie die Hasen Haken schlagen und ich vor dem Einschlafen viel grüble. Sehr unangenehm ist, war aber vorhersehbar, dass „das wilde Tier“ mich mehrmals am Tag angreift. „Craving“ hört sich ja irgendwie fast zärtlich an, „Suchtdruck“ kommt dem schon deutlich näher. Nachdem mein letzter Rückfall rd. 2,5 Jahre gedauert hat, bei tägl. 1-2 l Wein oder 0,5 l Vodka in wechselnder Kombination mit Bier, fällt der „Druck“ jetzt doch schon recht heftig aus. Die Jahre davor war der Konsum deutlich niedriger mit z.T. mehrwöchigen oder –monatigen Pausen, da waren die Entzüge in Eigenregie eigentlich kein Problem. Und da hatte ich ja auch noch einen „Alltag“ und somit Struktur. Glücklicher Weise bin ich gut beschäftig mit Urlaubsvorbereitungen! Am Samstag geht’s für 2 Wochen mit meinem Freund und seinen beiden Jungs (naja, sind auch schon über 20) nach Meck-Pomm zum „Wasserwandern“, sprich Paddeln von See zu See, Radfahren, hoffentlich auch baden, Grillen, und mit den Jungs natürlich „Chillen“, auf all das freue ich mich schon sehr. Dort droht keine Gefahr, da ich seit der Reha außerhalb meiner 4 Wände nie Alkohol getrunken habe und mein Gehirn das auch so abgespeichert hat: unter Zeugen „is‘ nich‘“! Und mein Freund ist ja auch Alkoholiker, allerdings konstant „trocken“, geht also gar nicht. Und ich kann Baclofen nach Plan weiter hochdosieren für die Zeit danach, und überhaupt. Heute Abend hole ich ihn vom Busbahnhof ab, und dann wird aus unserer Fernbeziehung endlich wieder eine „Nahbeziehung“, zumindest für 2 Wochen. Morgen kommen die Jungs und wir 4 sind mal wieder länger als nur für ein Wochenende zusammen. Nach dem Urlaub melde ich mich wieder, und wünsche Euch allen eine gute Zeit! Danke an Jivaro, die mich beim Entzug begleitet hat, und an Werner (Schwimmen und Saunieren nicht vergessen ) und Moonriver, die immer wieder auf mich eingehen, das tut mir alles sehr gut. Bis dahin, Ahoi! Herzlich, Becky
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kürbiskern
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Donnerstag 25. Juni 2015, 13:38 |
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Registriert: Mittwoch 21. Januar 2015, 06:50 Beiträge: 19
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Liebe Becky,
ich bin sehr beeindruckt, wie du all Deine Schritte machst. Nun lass es Dir gut gehen! LG Suchtmutter
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Becky
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Donnerstag 25. Juni 2015, 14:02 |
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Registriert: Freitag 3. April 2015, 22:05 Beiträge: 41
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Liebe Suchtmutter, Danke für Deinen Zuspruch! Auch von mir nicht zu schnell beeindrucken lassen, aber ich werde mir Mühe geben, es mir so gut wie möglich gehen lassen und nicht zu "wackeln" . LG Becky
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Donnerstag 25. Juni 2015, 17:18 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Liebe Becky
Du machst es vorbildlich! Und in Sachen Erhaltungsdosis kann ich Dir ruhig sagen, dass meine bei 62.5-75mg/Tag liegt. Die gesamte Einnahmedauer von Bac ist nun über 4 Jahre und ich empfinde fast keine Nebenwirkungen mehr... dies nur so als Information.
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben einen wunderschönen Urlaub und man liest sich wieder!
LG moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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Becky
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Freitag 26. Juni 2015, 09:47 |
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Registriert: Freitag 3. April 2015, 22:05 Beiträge: 41
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Lieber Moon, vielen Dank! Und was die Erhaltungsdosis betrifft: egal wie hoch sie ausfallen wird, ich hoffe, ich kann auch einmal auf 4 Jahre eines neuen Lebens ohne Alkohol zurückblicken ... man liest sich, Herzliche Grüße, Becky
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Werner1503
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Freitag 26. Juni 2015, 11:54 |
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Registriert: Sonntag 7. Oktober 2012, 13:56 Beiträge: 1015 Wohnort: Saarland
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Liebe Becky,
das liest sich richtig gut !
Ich wünsche dir/euch einen wunderschönen Urlaub mit viel Sonne (auch im Herzen...).
GLG, Werner
_________________ „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“. Seneca
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Becky
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Samstag 12. September 2015, 14:09 |
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Registriert: Freitag 3. April 2015, 22:05 Beiträge: 41
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Hallo Ihr Lieben, da bin ich wieder. Ich habe mich lange nicht gemeldet, es ging auf und ab. Der Urlaub war so schön wie erhofft! Ich habe mich sehr wohl gefühlt, und war auch inkl. Urlaub nach meinem ambulanten Entzug 4 Wochen lang ohne Alkohol. Baclofen habe ich weiter nach Plan hochdosiert und war nach dem Urlaub wieder bei 65,5 mg/d. Und kaum zurück und als alle wieder weg waren, fiel ich in ein Loch. Und was habe ich getan? Ich habe wieder getrunken. Es war gar nicht so sehr echtes Craving, eher wieder die Flucht vor meinen realen Problemen, Jobsuche wieder in die Hand nehmen, aufräumen etc. Kopf in den Sand. Allerdings war ich schon seit Jahren keine 4 Wochen am Stück mehr nüchtern, ist auch schon mal was. Aus dem Urlaub habe ich mir auch eine starke Bronchitis mitgebracht, die mich 2 Wochen lang außer Gefecht gesetzt hat. Meine sonst eher naturheilkundlich tätige Hausärztin hat mir sogar Antibiotika verschrieben. In der Hoffnung, dass Baclofen mich wieder auf den richtigen Weg bringt, habe ich auch weiter in 5-Tages-Schritten hochdosiert bis auf 100 mg/d, die ich dann allerdings 2 Wochen lang gehalten habe, weil die Nebenwirkungen doch sehr stark wurden, vor allem die Müdigkeit. Draußen war es heiß, und ich lag die meiste Zeit nur im Bett. Und da habe ich es wieder geschafft, aufzuhören. Wieder für 4 Wochen, scheint irgendwie eine magische Grenze bei mir zu sein. In der ersten Woche meiner neuen Nüchternheit hatte ich auf 87,5 mg runterdosiert, um wieder auf die Beine zu kommen. Dann setzte allerdings wieder recht deutliches Craving ein, so dass ich innerhalb einer Woche wieder auf 100 mg hochdosiert habe, dann pro Woche um 6,25 mg weiter nach oben, jetzt bin ich auf 112,5 mg/d. Mein Freund war eine Woche lang bei mir, kaum war er weg …. jetzt liegen wieder einige Trinktage hinter mir. Es ist zum Verrückt-Werden! Nach dem Urlaub war es so, und jetzt wieder: so eine Art „Kaum ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch“, oder sich durch das Schild „Frisch gestrichen“ trotzig herausgefordert zu fühlen. Und ich merke schon, wie der „Plan“ in mir reift, das kriege ich sogar mit. Natürlich weiß ich, dass ich ein Wesen bin, das zu einer Wahl fähig ist - und dann setze ich doch nichts wirklich dagegen. Ich wusste, was kommt, wie ferngesteuert. Steigender Druck. Das macht mir Angst, dass ich mir der Entscheidung bewusst bin und nichts wirklich dagegen tun will. Suchtgedächtnis, Verklärung des Zustands. Abtauchen, Entlastung suchend. Vorübergehendes Vergessen. Ausblenden der Realität und der zu lösenden Probleme. Unlust. Das ist alles noch sehr präsent. Das macht der Alkohol mit den Gedanken, polt sie einfach zu seinem Zweck um. Und es kommt mir dann auch noch logisch und folgerichtig vor! Das ist das wirklich Beängstigende, die feindliche Übernahme der eigenen Gedanken. Wenn ich das in Erinnerung länger behalte und dem echten Widerstand leiste, habe ich vielleicht eine gute Chance. Und nicht gleich akzeptiere, dass dieser Sucht-Gedanke halt stärker ist als meine eigentliche Überzeugung, nicht trinken zu wollen. Weil dann „will ich“ eben schon. Aber das ständige Kämpfen ist auch sehr ermüdend. Ich habe „Sich das Leben nehmen“ von Jürgen Heckel gelesen – vielen Dank auch für diesen Tipp! Vermutlich ist die positive Kapitulation konstruktiver und hat mehr Aussicht auf Erfolg, als das ständige Bemühen, sich zu wehren. Und nur für heute. Und jeden Tag aufs Neue. Um meine Isolation zu verlassen, habe ich mich auch einer angeleiteten Selbsthilfegruppe angeschlossen und war schon 3x in Folge dort. Von einem unabhängigen Träger. Es ist eine gut gemischte Gruppe, altersmäßig und von den Hintergründen her. Ist nicht einfach für mich, aber es tut mir auch gut. Von Baclofen werde ich dort nichts erzählen. Sie würden es vermutlich nur als „easy way out“ und Selbsttäuschung empfinden. Ich bin froh, dass mir Bac den echten Suchtdruck nimmt und mich somit entlastet. Meine Defizite liegen eher im Problemlösungs-Bereich. Ich habe in all den Jahren keine echten Strategien entwickelt, mich gut um mich selbst zu kümmern und mich meinen Themen zu stellen. Da liegt noch Einiges vor mir. Aber wie heißt es so treffend: Man kriegt die Dinge so lange auf dem Silbertablett serviert, bis man sie gelöst hat. Aber zweimal 4 Wochen, das sind zusammen genommen schon 8. Dann mache ich mich mal auf in die nächsten 4, vielleicht werden ja auch mal 5 am Stück draus, oder mehr Wieder hingefallen, aufstehen, Staub abklopfen, und weitergehen. Immer noch zuversichtlich! Herzlich, Becky
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moonriver
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Montag 14. September 2015, 07:48 |
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Moderator |
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Registriert: Sonntag 13. Februar 2011, 17:49 Beiträge: 2608 Wohnort: Schweiz
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Liebe Becky Danke für Deinen ausführlichen Bericht. Gerne versuche ich einige wichtige Aussagen zu kommentieren. Becky hat geschrieben: Es war gar nicht so sehr echtes Craving, eher wieder die Flucht vor meinen realen Problemen, Dies reslutiert aus dem Effekt, dass Bac wohl das "harte" Craving unterdrücken mag; der Trinkwunsch jedoch im Hintergrund lauern kann. Gewissermassen schenkt es auf zwei Arten Freiheit. Frei vom Craving, aber auch Freiheit im Denken... Becky hat geschrieben: Allerdings war ich schon seit Jahren keine 4 Wochen am Stück mehr nüchtern, ist auch schon mal was. Sieh das Positive, Becky. In 4 Wochen kann sich der Körper schon mal um einiges vom Einfluss des Alkohols erholen! Die Leber hat es Dir sicher schon gedankt. Becky hat geschrieben: Wieder für 4 Wochen, scheint irgendwie eine magische Grenze bei mir zu sein. Diskrete Frage: Könnten die 4 Wochen einen Hinweis auf Dein Hormongeschehen sein? Versuche Dich einmal aus diesem Blickwinkel zu beobachten. Becky hat geschrieben: Dann setzte allerdings wieder recht deutliches Craving ein, so dass ich innerhalb einer Woche wieder auf 100 mg hochdosiert habe Der Beweis, dass Bac bei Dir funktioniert! Becky hat geschrieben: Ich wusste, was kommt, wie ferngesteuert. Steigender Druck. Etwas scheint Dich in den nächsten Relaps zu bringen; Deine eigenen Gedanken...? Becky hat geschrieben: jetzt bin ich auf 112,5 mg/d Eine ansehnliche Dosis, war in der Nähe meiner "Schmerzgrenze". Becky hat geschrieben: Das macht mir Angst, dass ich mir der Entscheidung bewusst bin Siehe oben, aber versuche es ohne Ängste zu betrachten! Becky hat geschrieben: Und nur für heute. Und jeden Tag aufs Neue. Die Gegenwart ist trotz ihrer steten Kontinuität immer ein einmaliger Moment im Leben. Da wo ich wirklich bin und stehe, das Hier und Jetzt. Der Augenblick, wo ich aus abertausenden von Regungen immer wieder die Chance habe zu wählen und damit die Zukunft zu kanalisieren. Dafür ist es nie zu spät! Becky hat geschrieben: Von Baclofen werde ich dort nichts erzählen. Sie würden es vermutlich nur als „easy way out“ und Selbsttäuschung empfinden. Genau dies hatte ich einst bei einem Gruppenkurs erlebt... Antabus (Disulfiram, in der Schweiz bereits seit 1949 zugelassen) wurde hochgelobt, Bac in den Boden gestampft! Schade! Becky hat geschrieben: Dann mache ich mich mal auf in die nächsten 4, vielleicht werden ja auch mal 5 am Stück draus, oder mehr Dranbleiben bezahlt sich aus... ich wünsche Dir jedenfalls nur das Beste! LG moonriver
_________________ „Geh nicht nur glatte Straßen, geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt, und nicht nur Staub!“ (Antoine de Saint-Exupéry)
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Becky
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Betreff des Beitrags: Re: Becky stellt sich vor Verfasst: Mittwoch 16. September 2015, 16:18 |
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Registriert: Freitag 3. April 2015, 22:05 Beiträge: 41
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Lieber Moon,
Danke für Deine ausführliche Antwort! Zurück blickend auf 5 Monate mit Baclofen, bin ich davon überzeugt, dass es bei mir wirkt. Ich habe mich schon lange nicht mehr so intensiv mit meiner Alkoholsucht beschäftigt und in Bac und dem Forum einen probaten Weg gefunden, mich meiner größten Aufgabe auf eine neue Art zu stellen. Und es ist genau wie Du sagst, der gegenwärtige Moment ist ausschlaggebend, die Chance haben zu wählen und damit die Zukunft zu kanalisieren. Auf den ganzen Berg an zu lösenden Problemen und Problemchen zu schauen, überfordert mich total. Nichtsdestotrotz passiert es hie und da und überwältigt mich dann. Wenn der Schub der Euphorie vorbei ist, sich eine gewisse Übung und Routine eingestellt haben, beginnt die eigentliche Aufgabe: Tag für Tag und Schritt für Schritt. Auch wenn es mir so vorkommt, als würde „es“ mich immer wieder, und in quasi regelmäßigen Abständen, „überkommen“, so habe ich mit Bac und dem Forum, für das ich sehr, sehr dankbar bin, und jetzt auch mit einer SHG, doch einen Leitfaden an der Hand. Und meine Genesung in die eigenen Hände genommen, ohne die Bevormundung und Entmündigung „offizieller“ Therapieeinrichtungen und Kliniken. Unterm Strich ist das meine größte Motivation, diesen Weg auch weiter zu gehen.
Und was bringt mich in den nächsten Relapse? Es sind definitiv meine eigenen Gedanken! Mein neuer Leitfaden bringt natürlich eine gewisse Konzentration auf meine Sucht mit sich, die notwendig ist. Aber meine anderen existentiellen Aufgaben, wie die, meinen Lebensunterhalt wieder verdienen zu müssen, um nicht alles aufzuzehren, nehmen immer mehr Raum ein. Und ist es gut so, wie es ist. Rückblickend weiß ich auch, dass ich mich auf mich verlassen kann, wenn’s eng wird. So wie jetzt. Ich nehme den Kopf doch immer wieder aus dem Sand und schaue in den Spiegel. Und, wenn ich mich dann erkannt habe, klappt nicht immer auf Anhieb, übernimmt mein echtes Leben die Regie und die Queen-of-Drama-and-Desaster zieht sich diskret zurück.
Dein Hinweis mit den 4 Wochen ist interessant, so habe ich es noch nicht betrachtet – kann aber durchaus sein. Mein Hormongeschehen findet bei mir nicht mehr im wahrnehmbaren Bereich statt, aber warum sollte es verschwunden sein? Es vergrößert die Summe der ungewohnten Lebensumstände, die Angst machen und verunsichern. Männern ergeht es da vermutlich nicht anders. Bei Frauen ist halt Einiges kalendergebunden und irgendwie „getaktet“. Wenn der Takt dann fehlt, geht mitunter auch der Rhythmus flöten. Ein neuer Lebensabschnitt hat seinen Anfang genommen. Die Summe macht‘s!
Wenn ich all das ohne Ängste betrachte, ist es „nur“ eine Umbruchsituation im Leben, und zu denen kommt es ja immer wieder. Nur so „live“ dabei war ich noch nie. Und das ist wichtig! Das sich alles halt so ergeben hat und ich getrieben war, ist verschwunden, ist jetzt mehr zum: ich muss und kann es selbst gestalten. Mit ebensolchem Anspruch, dem ich jetzt versuche, gerecht zu werden und hinein zu wachsen.
Und ich versuche auch, bei diesen „Relapses“ das Positive zu sehen. Denn in 4 Wochen kann sich mein Körper recht gut erholen, da stimmt. Was meinen Alkoholismus schon immer „erleichtert“ hat, war meine Physis. Seien es die Gene oder was auch immer, mein Körper und meine Leber sind robust. Auch das nutzt sich ab, dessen bin ich mir bewusst. Meine Blutwerte haben noch nie Handlungsbedarf signalisiert – eigentlich ein Nachteil, wenn man süchtig geworden ist. Mein Freundeskreis und auch Ärzte haben daher immer mit Erstaunen reagiert, wenn ich aktiv gegen meine Sucht vorgegangen bin.
Und ja, meine jetzige Bac-Dosis ist schon relativ hoch, aber ich mache weiter, so lange ich kann. Erhöhungen dehne ich 1 bis 2 Wochen aus, bis es weitergeht. Was mir wirklich auffällt, ist die Einschränkung meiner kognitiven Fähigkeiten. Ich vergesse manchmal von einem Tun zum nächsten, was ich eigentlich vorhatte, und muss mir so Einiges aufschreiben! Eine Routine aus meiner stark alkoholisierten Zeit vor klinischem Entzug und Langzeittherapie, wenn ich telefoniert habe und mich am nächsten Tag unbedingt noch daran „erinnern“ wollte, was ich gesagt hatte (kein Witz, ganze Kladden habe ich vollgeschrieben und den Spiegel mit Post-its zugeklebt). So schlimm ist es jetzt glücklicherweise nicht, aber mir reicht es. Das bedeutet leider eine Einschränkung der Freiheit im Denken, die ich jetzt doch sehr brauche. Und das nicht nur in den Phasen, in denen ich trinke.
Positiv ist die Grundruhe, die sich nichtsdestotrotz eingestellt hat und geblieben ist. Bis auf das Aufflackern der Existenzangst, aber die haben „Gesunde“ auch, die sich in meiner Situation befinden. Aber das ist nichts gegen die Zustände, die ich vorher erlebt habe. Auch das ist eine positive Entwicklung. Und so bleibe ich dran.
Danke, dass Du da bist! Herzlich, Becky
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