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Re: Dieters Durst

Montag 13. Februar 2017, 11:06

Lieber Dieter

Du hast Post (PN)

LG
moonriver

Re: Dieters Durst

Montag 13. Februar 2017, 11:24

familyman hat geschrieben:was will man eigentlich im Leben? Und was nicht? In den Wirren des Alltags fehlt oft die Zeit, darüber auch nur nachzudenken. Ich bin leider kein Mensch, der oft Nägel mit Köpfen macht. Meistens wäge ich lieber noch mal und noch mal ab, bin unsicher, kann mich bei unterschiedlichen Meinungen in alle gleichermaßen gut hineinversetzen und weiß dann immer nicht, welche eigentlich meine eigene ist. Ich glaube, ich hatte immer relativ viel Empathie und wenig Selbstbewusstsein.


Danke Dieter, da finde ich mich wieder. Ich schwirre mieistens zwischen den Stühlen. Verstehe diesen und jenen, kann die Argumente pro genauso gut verstehen, wie die contra. Nix ist fix, es ist nicht schwarz-weiß. Wäge ab und werfe Entscheidungen über Bord und wieder zurück auf 0. Fraglich, ob wir uns diesbezüglich ändern können. Aber in einem Punkt bleiben wir entschlossen! Wir lassen den Alkohol nicht zurück in unser Leben. Das ist nicht diskutier- und verhandelbar. Punkt.

Ihr seid eine gute Seilschaft, Patrick und du. Das verleiht Kraft.

Re: Dieters Durst

Mittwoch 15. Februar 2017, 00:53

Liebe Juli,

ich freue mich sehr über deine Zeilen. Danke dafür! Sicherlich ist es für viele hier sehr schwer, einen wirklichen Cut zu machen. Zu übermächtig scheint der Stoff, zu allgegenwärtig in der Verfügbarkeit und auch im Denken. Also sucht man Kompromisse, versucht sich irgendwie zu arrangieren.

Ich auch, all die Jahre. Wenn ich in meinem Thread lese, denke ich: Super, es gab ja schon vielen abstinente oder fast-abstinente Phasen. Das stimmt auch, und manchmal vergesse ich diese Phasen. Aber ich war nie wirklich frei von diesem hochaggressiven Nervengift, das mehr Tote fordert als alle anderen Drogen und alle Verkehrsunfälle zusammen. Und ich war nicht nur nie frei, ich hatte auch viele Suff-Tiefs, oft monatelange, in denen ich, siehe da, hier im Forum kaum oder gar nicht präsent war.

Meine persönliche Erfahrung lautet daher: Es gibt keinen fairen Kompromiss. Bei jedem Versuch, der darauf abzielt, bin ich der Verlierer. Es gibt keine "halbe" Freiheit, es gibt kein richtiges Leben im falschen.

Herzliche Grüße
Dieter

Re: Dieters Durst

Mittwoch 15. Februar 2017, 14:17

Lieber Dieter,

es gibt sie ja, die Erklärungsmodelle, Kategorisierungen für uns Alkoholabhängige. Dieses Schubladendenken ist ein (hilfloser?) Versuch uns irgendwie zu kategorisieren. Ich unterstelle da auch gute Absicht, eine Therapierbarket durch Kategorisierung zu erreichen. Einerseits finde ich das Schubladendenken hinderlich, andererseits kann ich verstehen, dass man Greifbares sucht. Eben auch, um zu helfen. Letztlich aber glaube ich, dass jede Suchterkrankung auch sehr, sehr individuell ist. So, individuell, wie wir als Persönlichkeiten. Ich glaube, dass es Menschen gibt, die irgendwann wieder kontrolliert trinken können. Ich glaube aber auch, dass ich nicht dazu gehöre. Nach 10 Jahren war ich über einen zwar längeren Zeitraum, aber eben doch wieder genau bei letalen Trinkmengen. Dass ich das als Frau überhaupt überlebt habe...ich fürchte ich habe mehrere Schutzengel verschlissen und in den Vorruhestand genötigt. Mir tut es persönlich sehr gut, wenn auch andere den Cut machen müssen. Das gibt mir Halt. Und deshalb bin ich dir für deine Beiträge sehr dankbar. Ich bin das was man landläufig als Quartalstrinkerin bezeichnet. Das Quartal haut bei mir auch ziemlich genau hin. Zwischendurch tue ich mich echt leicht, allabendliches Cravig habe ich dann nicht. Ich hatte mich vor nicht allzu langer Zeit in einer Klinik vorgestellt, mit dem Gedanken spielend, noch mal eine Therapie zu machen. Da meinte der leitende Arzt: Quartalstrinker haben es am schwersten abstinent zu werden, weil ihnen die tägliche Übung fehlt. Was für ein "Motivationsgenie". Ich habe schleunigst geschaut, da vom Acker zu kommen. Inzwischen sind die Quartale kein Thema mehr. Es sind dann eher belastende Situationen, Stress, Leere, die mich mal triggern, aber bis auf einen ganz heftigen Angriff kann ich das bislang gut händeln. In dem Fall ist Moonriver dazwischen gegrätscht. Ich fürchte aber, wenn ich mich hinreißen lasse, dann lande ich auch schnell wieder beim Quartal mit all den fürchterlichen Konsequenzen. Last not least kann ich mir auch Schicksalsschläge vorstellen, die mich zur Flasche greifen lassen. Das Glück nicht zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich. Und aus dem Grund bin ich so dankbar für Deine und Patricks Beiträge. Sie geben mir Kraft, Zuversicht und Halt.

Re: Dieters Durst

Mittwoch 15. Februar 2017, 15:37

Liebe Juli
Juli hat geschrieben:Das Glück nicht zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich.
Danke für diesen Satz... dieses Glück ist filigran wie eine Schneestern... tragen wir Sorge dazu.

LG
moonriver

Re: Dieters Durst

Mittwoch 15. Februar 2017, 15:51

Die Gedanken von Juli bezüglich Kategorisierung und Einordnung in Schubladen
sind das beste was ich je zu diesem Thema gelesen habe. Chapeau!

LG Federico

Re: Dieters Durst

Donnerstag 16. Februar 2017, 01:11

Liebe Freunde,

lasst uns den Satz doch umkehren:

Das Unglück zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich.

Herzliche Grüße
Dieter

Re: Dieters Durst

Donnerstag 16. Februar 2017, 01:59

Hi Dieter,
wie is so in deinem Postfach ? Private Nachrichten ?
Ganz oben in der Menueleiste.....
Schau mal, bevor das platzt.
Gruss Bine

Re: Dieters Durst

Donnerstag 16. Februar 2017, 09:09

Lieber Dieter
Familyman hat geschrieben:Das Unglück zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich.
Sehr ausgeklügelt! Man muss nur draufkommen.
Und Kompromisse darf man auf keinen Fall eingehen.
Oder wie kürzlich @jivaro unmissverständlich hat wissen lassen:
jivaro hat geschrieben:Abstinenz: "wollen wollen" geht nicht, die Entscheidung muss stehen.
Nur mit harten, eindeutigen, nicht-kompromissbereiten Entscheidungen werden die Sirenenverlockungen überstanden.
Nur eine proaktive, a-priori Blockierung der vom Alkoholteufel verursachten Begierde ist einschneidend und gewinnbringend.
Nur mit einer apodiktischen Entscheidung, die eben keinen Widerspruch duldet, gelingt es uns den Verführungen der Circe zu widerstehen,
denn (...!) beim geringsten Zweifel beginnt der Widersacher seinen unaufhaltsamen Aufholjagd und früh oder später erliegt man, von H.A.L.T.-Zuständen nervlich erledigt, letztendlich den Kitzeln.

Soweit wird es nicht kommen, Dieter, denn in dieser wunderbaren Queste zum heiligen Gral bist du der Protagonist,
der Wegbereiter.
Wir haben uns damals mit Baclofen getroffen und geholfen, jetzt ein zweites Mal dank Carr.
Ja, wir sind auf dem goldenen Weg, 'Un pour tous, tous pour un', lieber Freund!

LG,

Patrick

Re: Dieters Durst

Donnerstag 16. Februar 2017, 10:38

Juli hat geschrieben:Das Glück nicht zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich.


Familyman hat geschrieben:Liebe Freunde,

lasst uns den Satz doch umkehren:

Das Unglück zu trinken ist nur geliehen und sehr zerbrechlich.

Herzliche Grüße
Dieter


Kraftvoll.

Meine Aussage getrieben von der Angst vor den Dämonen, deine voller Zuversicht, dass es letztlich nur Giftzwerge sind, die bezwungen werden können.

Danke für den Denkanstoß.
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