Baclofen Forum vs Alkoholismus

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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 13:47 
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Moderator

Registriert: Montag 10. September 2012, 02:35
Beiträge: 1386
kornblume hat geschrieben:
Es kann aber durchaus sein, dass ich für eine Therapie erst abstinent sein muss... Muss ich mal nachfragen...!


Gute Idee. Frag mal. Meine Therapeutin hat mir das nicht zur Auflage gemacht und den Antrag dann auch so formuliert, dass sich kein Gutachter dran haken konnte, das bei der Kasse glatt durch ging. Mir hat das sehr geholfen. Das war auch der Einstieg in den Ausstieg. Auch dafür ist eine begleitende Therapie einfach eine prima Unterstützung. Ich hatte noch einen Rückfall nach Therapiebeginn, seither keinen mehr und ich meine, die Therapie hat einen großen Anteil an der wieder gewonnenen Freiheit und Stabilität.

Was Sunni schrieb kann ich nur Wort für Wort unterschreiben. Diese Angst vor Tod und Verlust ist immer da, aber wenn ich trinke übernimmt sie die Weltherrschaft.

_________________
VG

Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Dienstag 9. Mai 2017, 13:58 
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Registriert: Mittwoch 8. März 2017, 16:05
Beiträge: 77
Wohnort: Hambuarch
Juli hat geschrieben:
Diese Angst vor Tod und Verlust ist immer da, aber wenn ich trinke übernimmt sie die Weltherrschaft.


WELTHERRSCHAFT! Ein BESSERES Wort kann man dafür nicht finden!!!! :-bd


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 09:55 
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Registriert: Montag 12. Dezember 2016, 13:00
Beiträge: 402
Liebe Forumsmitglieder! :-h

Gestern habe ich meinen 3. Teil von "Mein Weg mit Baclofen" zur Redaktion d. TrokkenPresse geschickt.

Hier ist er nun! Viel Spaß beim Lesen :-h

LG Manuela

Mein Weg mit Baclofen – Teil 3

Damals hatte ich zwei Arten von Gesprächen mit den Therapeuten im ambulanten Programm von St. Luke’s-Roosevelt und mit meinen Ärzten. Wenn ich trank, fragten sie: »Was glauben Sie, warum sind Sie diesmal rückfällig geworden?« Nie konnte ich eine Antwort geben, die sie oder mich befriedigte. Rückblickend sage ich, dass eine befriedigende Antwort einfach nicht existierte. Die Frage wäre nur sinnvoll, wenn Alkoholismus keine biologische Störung wäre, sondern ein rein spirituelles Problem. Es ist, als würde man einen Krebspatienten fragen: »Warum ist Ihr Krebs zurückgekommen? Haben Sie eine negative Einstellung?«, so Dr. Olivier Ameisen

In gewisser Weise kann ich den Worten von Dr. Olivier Ameisen zustimmen. Sobald ich in Gruppen oder beim Therapeuten einen Rückfall beichtete, musste immer ein Warum gefunden werden. Dabei gab es öfters einfach keine Auslöser. Dieses unbändige Verlangen nach Alkohol überfiel mich an manchen Tagen urplötzlich und führte mich – wie ferngesteuert – zum nächsten Supermarkt. Natürlich spielten manchmal auch gewisse Auslöser wie Stress, Traurigkeit, Ärger usw. eine Rolle, doch meistens war es dieses über Stunden anhaltende Zwangs-Craving, welches mich wieder rückfällig werden ließ.

Mittlerweile ist es Mitte April und meine Tagesdosis Baclofen liegt bei 130 mg. Zurzeit geht es mir psychisch ganz gut, was ich jedoch vom Monat März nicht gerade behaupten kann. Wiedermal gefangen in einer depressiven Stimmung besuchte ich keine Gruppen mehr, ließ Arzttermine platzen und ging sogar nicht mal zu meiner Suchttherapeutin, zu der ich normalerweise immer sehr gern gehe. Wie schon im 2. Teil meiner Geschichte berichtet, meldet sich, dank Baclofen, nicht mehr tagtäglich der Suchtdruck und auch meine Ängste sind weitestgehend verschwunden. Leider musste ich feststellen, dass sich meine Verlustängste nicht so einfach abschütteln lassen. Meine Gedanken drehten sich nur noch um ein Thema: „Was wird die Zukunft überhaupt noch bringen?“ „Meine Eltern sind nicht mehr die jüngsten, werde ich dann später allein und einsam sein?“ „Macht es dann überhaupt noch Sinn mit der Baclofen-Therapie weiterzumachen...?“ Diese Angst vor der Einsamkeit gepaart mit den düsteren Gedanken ließen mich dann doch zweimal die Woche zum Wein greifen. Ganz im Gegensatz zu früher, blieb es aber jeweils nur bei ca. 5 Gläsern Wein.

Meinen Gesprächstermin bei meiner Suchttherapeutin hatte ich ja verpasst, doch zum Glück bekam ich relativ zeitnah einen neuen Termin bei ihr. Ich schilderte ihr meine Verzweiflung, dass ich trotz Baclofen in letzter Zeit dennoch zweimal die Woche zum Alkohol gegriffen hatte. Zu meiner Überraschung sah sie jedoch, im Gegensatz zu mir, eine Veränderung in meinem Trinkverhalten. Sie erinnerte mich daran, dass ich ohne dieses Medikament an bis zu 4 bis 5 Tagen die Woche ca. 2 l Liter Wein konsumiert hatte. Auch freute es sie, dass ich nicht mehr, wie früher, mit „Horrorgeschichten“ aufwarte. Hatte ich doch im Vollrausch so einige Sachen „angestellt“, auf die ich nicht gerade stolz bin. Zum Glück ist dies seit längerem vorbei. Einen Fortschritt konnte sie auch darin sehen, dass es mir doch immer öfters gelingt den gekauften Wein zu Hause wegzuschütten, was ohne Baclofen undenkbar gewesen wäre! Bedenken sollte ich auch, dass sich fast 20 Jahre Alkoholabhängigkeit nicht so einfach wegzaubern lassen, denn die Sucht ist auch langsam entstanden. Ich solle mir doch Zeit geben. So hatte ich das alles gar nicht gesehen. Schuldgefühle, Scham und Verzweiflung haben mich blind für die Fortschritte gemacht, sodass ich meine abstinenten Zeiten nicht mehr sehen konnte!

Zu einem festen Bestandteil in meinem Leben ist für mich mittlerweile das Baclofen-Forum vs Alkoholismus geworden. Besonders die Newcomer, zu denen ich mich auch zähle, profitieren von den Erfahrungen langjähriger Mitglieder, die mit Hilfe von Baclofen ein abstinentes Leben führen.
In diesem Zusammenhang fällt mir ein motivierendes Zitat von Patrick, einem langjährigen Mitglied des Forums, wieder ein:

„Baclofen hilft auf Anhieb nur bei den Wenigsten. Die Meisten, darunter die Rauschtrinker, brauchen viel Arbeit, Geduld und Einsicht. Baclofen verschafft die Möglichkeit, gedanklich Abstand zu nehmen von Alkohol, indem man ruhiger, gelassener über das Problem nachdenken und reflektieren kann. Nach einer gewissen Zeit flauen die Rauschwünsche ab. Und die Suche nach dem 'Kick', der 'Euphorie' muss mit etwas Anderem gesucht werden. Die Kombination Baclofen zusammen mit der Einsicht in der eigenen Problematik, wirkt Wunder.“

Treffender hätte er es nicht formulieren können. Da ich mich auch zu den Rauschtrinkern zähle, heißt es etwas zu finden, was den sog. „Kick“ kompensiert und die Alltagsleere füllt. Früher bin ich gerne walken gegangen. Warum nicht wieder damit anfangen? Hat man dann etwas gefunden, was die Leere füllt, müssen diese neuen Lebensformen erst eingeübt werden. Das Gedächtnis muss neue Inhalte ja erst verknüpfen und es dauert eine Weile bis sich die neuen Lernerfahrungen verfestigt haben.Vielleicht sollte ich auch öfters, wenn die düsteren Gedanken mich wieder quälen, mehr in mich hineinhorchen: „Wie fühle ich mich gerade?“, „Was fehlt mir gerade?“ oder „Was kann ich mir Gutes tun?“

Mein Fazit
Ohne Baclofen würde ich wieder bis zu 5mal die Woche 2 l Wein trinken und das Zwangs-Craving würde mich wieder einholen...! Mir wird immer bewusster, dass es diesen „Kick“, diese „Euphorie“, die der Alkohol früher ausgelöst hat, nie wieder geben wird. Davon muss ich mich endgültig verabschieden! Jedoch bin ich sehr zuversichtlich, dass mein Gefühl den Verstand gleich eingeholt hat.

Wie ich mich in den nächsten Wochen fühlen werde, können Sie in der nächsten Ausgabe lesen!
Manuela K.

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Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht. Christian Morgenstern


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 12:02 
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Registriert: Mittwoch 8. März 2017, 16:05
Beiträge: 77
Wohnort: Hambuarch
Liebe Manuela,

als Rauschtrinkerin mit Ängsten, die ganz ähnlich gelagert sind wie Deine, musste ich beim Lesen die ganze Zeit nicken :-) Vielen Dank für diesen tollen Text!

Liebe Grüße,
Sunni


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 13:11 
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Registriert: Montag 12. Dezember 2016, 13:00
Beiträge: 402
Liebe Sunni! :-h

danke!!!

Den 1. und den 2. Teil findest Du am Anfang meines Treads.

LG Manuela :-h

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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 13:15 
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Moderator

Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10
Beiträge: 1683
Liebe Manuela

Stark geschrieben. Vielen Dank fürs Teilen!

LG :-h

Patrick


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Donnerstag 11. Mai 2017, 14:09 
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Registriert: Mittwoch 10. Februar 2016, 15:10
Beiträge: 369
Liebe Manuela,

wie auch schon Teil 1 und 2... super!
Vielen Dank fürs Teilen.

LG
Nadine

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Ich muss nicht sein was Du willst, dass ich es bin.
Ich bin frei zu sein was ich will...und glaub mir, ich bin frei!


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 14. Mai 2017, 14:59 
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Registriert: Montag 12. Dezember 2016, 13:00
Beiträge: 402
Danke fürs Feedback!!! :ymsmug:

Mich beschäftigt zurzeit das Phänomen, dass Baclofen bei höherer Dosierung umkippt und einem wieder Suchtdruck bescheren soll??? Hatte ich eben wieder bei einem User gelesen.
Kann ich gar nicht glauben... :-\
In der Charite gab es doch Studien an Probanden mit hochdosiertem Baclofen!
Die Studien hatten ein gutes Ergebnis gebracht..gerade bei hochdosiertem Bac...
Werde ich meinem Arzt beim nächsten Mal mal fragen. Mal sehen, was er meint...
Ist vielleicht auch nicht bei jedem so??? Bin ja jetzt bei 130 mg und möchte schon noch höher gehen auch mein Arzt ist noch für eine höhere Dosierung... damit ich diese dumme Sehnsucht nach dem Kick loslassen kann.... Bin aber gerade dabei... war auch schon ein paar Mal walken..!!!

Liebe Grüße
Manuela :-h

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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 14. Mai 2017, 16:06 
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Beiträge: 1386
Liebe Manuela,

dieses Kippen beschreiben einige, u.a. Fallada. Ich glaube das schon, wenn es nun mal Erfahrungen sind, die uns da mitgeteilt werden.

Aber und es wird auch ein paar Schuhe draus: die Dosierung ist sehr, sehr individuell. Klamsch ist irgendwo bei 170 mg, wenn ich das richtig parat habe und fährt hervorragend damit.
Du selber hast das Gefühl, dass du höher gehen möchtest und du hast einen sehr kompetenten Arzt, einen erfahrenen Arzt, der dir dazu rät. Du bist also auch begleitet und betreut bei dem Experiment.

Last not least, vielleicht lässt sich im Rahmen einer VT, über die du ja auch nachdenkst ergänzend an der Sehnsucht nach dem Kick arbeiten, bzw. sich neue Kicks erarbeiten, ohne Promille mit allen ollen Konsequenzen.

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VG

Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende


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 Betreff des Beitrags: Re: Mein Weg mit Baclofen
BeitragVerfasst: Sonntag 14. Mai 2017, 16:36 
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Moderator

Registriert: Sonntag 2. Juni 2013, 21:10
Beiträge: 1683
Liebe Manuela
Kornblume hat geschrieben:
Mich beschäftigt zurzeit das Phänomen, dass Baclofen bei höherer Dosierung umkippt und einem wieder Suchtdruck bescheren soll??? Hatte ich eben wieder bei einem User gelesen.
Kann ich gar nicht glauben...
In der Charite gab es doch Studien an Probanden mit hochdosiertem Baclofen!
Die Studien hatten ein gutes Ergebnis gebracht..gerade bei hochdosiertem Bac...
Werde ich meinem Arzt beim nächsten Mal mal fragen. Mal sehen, was er meint...
Ist vielleicht auch nicht bei jedem so??? Bin ja jetzt bei 130 mg und möchte schon noch höher gehen auch mein Arzt ist noch für eine höhere Dosierung... damit ich diese dumme Sehnsucht nach dem Kick loslassen kann.... Bin aber gerade dabei... war auch schon ein paar Mal walken..!!!

Die Dosierung ist höchst individuell. Bei mir war bei 100mg/Tag Schluss, und musste ich runterdosieren. Bei anderen gilt 'The sky is the limit' und bei 300mg ist bei denen noch alles offen. Wenn du Lust hast, such doch mal in amerikanischen baclofen-Foren nach. Dort wird mit extrem hochen Dosierungen jongliert, ohne UNW!

Hauptsache, langsam hochdosieren, eventuell eine Zeitlang stagnieren oder bei UNW runterdosieren und danach langsam wieder steigern. Es kommt schon!

LG :-h

Patrick


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