Montag 1. Oktober 2012, 22:21
Lieber Moonriver,
Deine Zeilen hatte ich Freitag zwar noch gelesen, aber war einfach zu überwältigt zum Antworten... ja, wenn es das ist (und das ist es wirklich, wie ich spüre) - dann wird das Leben eine völlig neue Qualität erhalten! Dafür bin ich so dankbar!
Liebe Juli,
Du hast Recht - man bewertet die Dinge anders. Das merke ich schon nach so kurzer Zeit. Man lässt einfach Dinge, die man vorher ohne weiteres getan hat. Ein bißchen Vernunft kehrt ein - im Sinne von Rücksicht auf sich selbst nehmen. Kannte ich bisher so gar nicht... hatte bisher nach dem Motto gelebt "die Vernunft jagt mich - doch ich bin die Schnellere"... und plötzlich war mir beim Joggen eher nach Spazieren und den Sinnen freien Lauf zu lassen... und ich hab's einfach gemacht (statt auf Teufel komm raus meinen nächsten persönlichen Rekord zu brechen)

Dafür gratuliere ich mir doch mal selber
Ich hoffe aber, dass es Dir schon wieder besser geht und die Dosierung für Dich wieder stimmt.
@all
Heute ist mein 4. Baclofen-Tag und mit gesamt 7 Tagen meine erste komplett nüchterne Woche. Schön ist das

Eigentlich wollte ich lt. Königsweg so ab heute höherdosieren, habe das aber erstmal gelassen, da ich seit Baclofen morgens echt nicht aus dem Bett komme. Ich pack es erst über eine Stunde nach dem Weckerklingeln, wenn meine renitente, hungrige Katzenbande Rambazamba macht und mir auf dem Kopf rumspringt.
Ich nehme jeweils 5mg um 12, 18 und 23 Uhr.
Vielleicht sollte ich die Zeiten ändern - aber ich habe Angst, dass ich dann nicht einschlafen kann und Craving-Time ist üblicherweise so ab 18 Uhr.
Im Moment ist es sowieso noch etwas merkwürdig. Ich lese abends meist noch - was nüchtern sehr schön ist, da einem die Buchstaben nicht auf der Nase herumtanzen (auch weiß man hinterher noch was man gelesen hat). Aber es ist doch sehr ungewohnt, ins Bett zu gehen, ohne dass man sich die Rübe weggebeamt hat. Erstaunlicherweise schlafe ich dann aber doch innerhalb von 5 Minuten ein. Das ist gut.
Wenn ich nur wieder aufwachen würde...
Insgesamt merke ich aber im Moment, dass ich meine Mitte langsam wiederfinde. Mein Gesamtzustand bessert sich ungemein - eben auch was meine Depression und Ängste angeht. Auch entwickle ich ganz neue Gedankengänge und fühle vieles ganz neu.
Es ist, als würde ich defragmentiert... die Fragmente meines Seins neu zusammengesetzt, bzw. die Teile so zusammengesetzt, wie sie gehören sollten. Aber die Überlegung ist noch nicht zuende gedacht.... Erstmal warte ich, wie es weiter geht, und wohin die Reise mich trägt.
Lustigerweise klappts beim Klettern im Moment gar nicht. Meine Freundin und ich haben sehr gelacht, als ich wie ein Depp eine Route ging, die ich schon mehrfach mit Leichtigkeit gegangen bin. Wir hatten beide den gleichen Gedanken - sie: "nüchtern ist anders, nicht?!" und ich: "mit Restalkohol war ich irgendwie kreativer".
Nun - meine Rezeptoren und Synapsen sind offensichtlich in hellem Aufruhr... sollen sie sich in Ruhe umstrukturieren, und solange klettere ich halt auf Anfängerniveau, so what

Ab und zu denke ich an ein Glaserl Wein, in den typischen Situationen (nach Hause kommen, ah jetzt gemütlich...) aber das schert mich nicht wirklich, ich kann den Gedanken nehmen und zur Seite stellen. Und dann koche ich mir einen Tee.
So - das war jetzt mal mein kleiner Zwischenbericht. Wahrscheinlich etwas unzusammenhängendes Zeugs - aber das liegt wie gesagt wohl an meinen Synapsen... es ist viel los in mir und alles gleichzeitig (aber im positiven Sinne!). Ich warte auf ruhigere Zeiten, lehne mich solange entspannt zurück und lese ein Buch, nein viele, und zwischendurch denke ich ganz viel.
Liebe Grüße
viv